Klimaschutzinvestitionen in Abhängigkeit von CO2-Emissionen
Antrag Stadträtin Brigitte Wolf (Die Linke) vom 11.3.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirschaft:
Gemäß o.g. Antrag sollen die Stadtwerke München (SWM) verpflichtet werden, in Zukunft für jede Tonne CO2, die sie in ihren Energieerzeugungsanlagen im Großraum München emittieren, 180 Euro zweckgebunden in den Klimaschutz zu investieren. Dabei sollen 50 Prozent der Gelder für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in München und im Umland investiert, 25 Prozent der Gelder in den Öffentlichen Nahverkehr, vorrangig in die Tram-Infrastruktur, fließen sowie 25 Prozent der Gelder für die Vergünstigung der ÖPNV-Tickets von Schülerinnen und Schülern, Studierenden, Auszubildenden und München Pass-Inhaberinnen und Inhaber (ticketfreie Nutzung) verwendet werden.
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die geforderten Klimaschutzinvestitionen fallen jedoch nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters, sondern in den operativen Geschäftsbereich der Stadtwerke München. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Weg zu Ihrem Antrag nach Rückmeldung durch die Stadtwerke München Folgendes mit: Seit mehr als zehn Jahren stehen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Zentrum der SWM-Unternehmensstrategie. Dementsprechend haben sich die SWM bereits sehr ehrgeizige Ziele zum Klimaschutz gesetzt: Bis 2025 soll so viel Ökostrom in eigenen Anlagen erzeugt werden, wie ganz München verbraucht. Bis 2030 wird der Betrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien erfolgen. Der Fernwärmebedarf soll - entsprechend der Fernwärmevision - möglichst bis 2035 komplett CO2-frei gedeckt werden.
In der Energie- und Verkehrswende der Landeshauptstadt München nehmen die SWM als kommunaler Energieversorger und Mobilitätsdienstleister eine wichtige Rolle ein. Nach aktueller Umwelterklärung emittierten die Erzeugungsanlagen der SWM im Jahr 2019 rund 3 Millionen Tonnen CO2; bewertet mit den im Antrag geforderten 180 Euro je Tonne ergäbe sich ein Betrag von rund 540 Millionen Euro.Für die im Jahr 2008 gestartete Ausbauoffensive Erneuerbare Energien haben die SWM allein für den Zeitraum von 2008 bis 2025 ein Investitionsbudget von 9 Milliarden Euro eingeplant, was im Durchschnitt einem jährlichen Betrag von ca. 530 Millionen. Euro entspricht. Darüber hinaus erfordert die Umsetzung der Fernwärmevision, die seit dem Jahr 2012 die Ausbauoffensive Erneuerbare Energien um einen entscheidenden Baustein erweitert, Investitionen von mindestens einer weiteren Milliarde Euro für den Ausbau der Geothermie und die Umstellung des Wärmenetzes. Dieses Klimaengagement wird noch ergänzt durch den Ausbau von Fernkälte mit dem Ziel, individuelle Klimaanlagen zu ersetzen. Dank der Ökokälte von Grundwasser und Stadtbächen sinkt der Energieverbrauch für die Kälteerzeugung um rund 70 Prozent.
Das zeigt, dass die SWM bereits mit Hochdruck daran arbeiten, durch Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Energien in München und im Umland, die Klimaneutralität so schnell wie möglich zu erreichen.
Die Mobilitätstochter MVG stellt mit dem ÖPNV das Rückgrat nachhaltiger Mobilität der Stadt München dar und ist damit ein zentraler Problemlöser für die Reduzierung der CO2-Emissionen im städtischen Verkehr. Die MVG unterstützt das Ziel des Stadtrats, bis 2025 mindestens 80 Prozent des Verkehrs im Stadtgebiet emissionsfrei zu erbringen: Tram und U-Bahn fahren bereits zu 100 Prozent mit Ökostrom aus Wasserkraft.
Bis zum Jahr 2030 wird die MVG-Busflotte auf emissionsfreie Antriebe umgestellt sein. Neben der Umstellung der Busflotte sind dafür umfangreiche Anpassungen an Werkstätten und Busbetriebshöfen (u.a. Ladeinfrastruktur) notwendig. Die MVG ermöglicht als ganzheitliche Mobilitätsdienstleisterin der Landeshauptstadt nicht nur eine jährliche Leistungsausweitung bei U-Bahn, Bus und Tram, sondern auch den sukzessiven Ausbau von Sharing- und digitalen Angeboten.
Den im Antrag geforderten Ausbau des ÖPNV begrüßen SWM und MVG ausdrücklich. Dabei sollte der Fokus jedoch nicht ausschließlich auf den Tram-Ausbau gelegt werden.
Aus der Verkehrsforschung ist bekannt, dass für den Umstieg auf Bus und Bahn nicht der Fahrpreis das entscheidende Kriterium ist, sondern vielmehr das Angebot, die Pünktlichkeit und die Zuverlässigkeit des ÖPNV. Der Münchner ÖPNV kommt heute schon bei einigen Achsen und Umstiegspunkten − vor allem in der Hauptverkehrszeit − an seine Kapazitätsgrenze. Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel werden deshalb vorrangig für die dringende Sanierung und den Ausbau eingesetzt, bevor über eine Subventionierung von Tarifen (bis hin zu einer kostenlosen Nutzung) diskutiert werden kann.Insgesamt investieren die SWM bereits heute sehr viel mehr in den Klimaschutz als im Stadtratsantrag gefordert. Bei der Ausbauoffensive der SWM haben lokale und regionale Projekte Vorrang. Im Bereich Wärme setzen die SWM in großem Umfang auf die lokal nutzbare Geothermie. Auch bei der Ökostromerzeugung investieren die SWM nach Möglichkeit in lokale erneuerbare Anlagen. Ein Beispiel hierfür ist die Photovoltaik auf allen geeigneten Dächern eigener Gebäude. Das lokale Umwelt-Engagement von Privatpersonen und Gewerbetreibenden wird dabei mit den Produkten M-Solar und M-Solar plus oder für all die, die nicht über eine geeignete eigene Fläche verfügen, durch die M-Sonnenbausteine unterstützt.
Im Bereich der Stromerzeugung stehen dem umfangreichen Ausbau von erneuerbaren Energien in München und im Umland allerdings nur begrenzt vorhandene Potenziale sowie Rahmenbedingungen gegenüber. Aus klimapolitischer Sicht ist ein möglichst schneller Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidend, unabhängig vom Ort ihrer Errichtung. Eine Begrenzung der SWM-Investitionen auf die nur eingeschränkt vorhandenen lokalen Potenziale wäre klimapolitisch kontraproduktiv. Aufgrund dessen konzentrieren sich die SWM beim Ausbau von erneuerbaren Energien auf die Standorte mit den besten Bedingungen. Dadurch war es möglich, bis heute bereits 80 Prozent des Ausbauziels zu realisieren.
Die SWM nehmen eine zentrale Rolle bei der Energie-, Wärme- und Verkehrswende ein. Sie benötigen aber den unternehmerischen Spielraum, um eine weitere CO2-Reduzierung Münchens schnellstmöglich und wirtschaftlich sinnvoll weiter voranzubringen und damit die LHM in ihrem Ziel „Klimaneutralität Münchens bis 2035“ bestmöglich zu unterstützen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.