Längere Grünphasen an Ampeln für Seniorinnen und Senioren: Ampelkarten in München!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anne Hübner, Renate Kurzdörfer, Christian Müller, Jens Röver und Christian Vorländer (SPD-Fraktion) vom 11.10.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie haben Folgendes beantragt:
„Die Landeshauptstadt prüft, ob nach dem Vorbild Singapurs Münchner Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkte Personen eine sogenannte Ampelkarte erhalten, damit die Grünphasen an Ampeln für diesen Personenkreis verlängert und der Übergang über Straßen erleichtert wird. Weiterhin prüft die LH München, wie schnell bestehende Ampeln umgerüstet werden können.“
Und als Begründung angeführt:
„Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkte Personen haben oft Schwierigkeiten, Straßen in den voreingestellten Zeiten der Grünphase komplett zu überqueren. Nicht zielführend ist es jedoch, sämtliche Grünphasen generell zu verlängern.
Singapur bietet dem genannten Personenkreis eine einfache und sehr praktikable Lösung. Je nach Länge des Weges wird die Grünphase der Fußgängerampel um bis zu 13 Sekunden verlängert. Inzwischen sind in Singapur rund 1.000 Ampeln mit Lesegeräten ausgestattet, die vom berechtigten Personenkreis genutzt werden können. Wird die Ampelkarte vor das Lesegerät gehalten, wird die Grünphase der Fußgängerampel automatisch verlängert.
Auch für Münchner Seniorinnen und Senioren sowie für mobilitätseingeschränkte Personen könnte durch diese einfache Maßnahme eine deutliche Erleichterung im Alltag erreicht werden.“
Für die Anordnung von Lichtsignalanlagen (LSA/Ampeln) und ergänzende Beschilderung ist das Kreisverwaltungsreferat zuständig.Das Kreisverwaltungsreferat als Straßenverkehrsbehörde trifft Maßnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund – wie verkehrliche Anordnungen zu LSA und den dazugehörigen Markierungen im Kreuzungsbereich − nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Der Vollzug der Straßenverkehrsordnung ist eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist rechtlich nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag teile ich Ihnen Folgendes mit:
Seit Ende 2018 ist ein Pilotprojekt zur Freigabeverlängerung für mobilitätseingeschränkte Personen an der Lichtsignalanlage Kreiller-/Marianne-Plehn-Straße aktiv. Dort wurden für den Testbetrieb Transponder an ausgewählte Personen mit Mobilitätseinschränkungen verteilt. Durch das Betätigen des Transponders wird die Grünzeit im nächsten Umlauf verlängert und eine Querung der Kreillerstraße dadurch erleichtert.
Anfang 2020 wurde dieses System evaluiert. Dabei stellte sich heraus, dass die verwendete Transponder-Lösung in dieser Form nicht flächendeckend eingesetzt werden kann, da sich die Hardware in ihrer Anwendung nicht bewährt hat. Die Verlängerung der Grünzeit als Ergebnis der Transponder-Lösung wurde jedoch positiv beurteilt.
Um ein System mit einer Freigabeverlängerung für Seniorinnen und Senioren sowie für mobilitätseingeschränkte Personen auf das gesamte Münchner Stadtgebiet auszuweiten, muss ein einheitlicher Standard geschaffen werden. Ein flächendeckendes System kann nur dann zukunftssicher sein, wenn es herstellerunabhängig erweitert werden kann. Eine mindestens bundesweit einheitlich verwendbare Lösung muss dabei angestrebt werden.
Grundsätzlich sind alle Systeme mit zusätzlichen Hardware-Komponenten, wie auch die von Ihnen vorgeschlagenen Ampelkarten, mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Zum einen müssen klare Nutzungsvoraussetzungen bis hin zu Haftungsfragen bei Verlust oder Defekt geklärt werden. Zum anderen muss dokumentiert werden, wer diese Nutzungsvoraussetzungen erfüllt und an wen ein Transponder ausgegeben wurde. Bei einerflächendeckenden Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet wäre der dadurch entstehende Verwaltungsaufwand sehr umfangreich.
Aus diesen Gründen sollten auch Systeme ohne zusätzliche Harware- Komponenten auf Nutzerinnen- und Nutzer-Seite in Betracht gezogen werden. Die Stadt Wien beispielsweise testet derzeit ein Kamera-basiertes Erfassungssystem, das zu Fuß Gehende erfasst und anhand erlernter Bewegungsmuster erkennt, ob diese eine Straße queren wollen. Dieses System, das auch durch den Behindertenbeirat der Landeshauptstadt München vorgeschlagen wurde, ist grundsätzlich eine denkbare Methode für die Auslösung einer Grünzeitverlängerung. Der große Vorteil eines solchen Systems liegt darin, dass keine spezifische Hardware an einzelne Personen verteilt werden muss und der zusätzliche Verwaltungsaufwand entfällt.
Zum aktuellen Zeitpunkt kann das Wiener Fußgängererfassungssystem jedoch nicht unterscheiden, ob eine Person mobilitätseingeschränkt ist oder nicht. Ein Folgeprojekt dazu ist derzeit bei der Stadt Wien in Planung und wird frühestens Ende des Jahres starten. Das KVR verfolgt den Fortgang dieser Entwicklung und steht mit der Stadt Wien weiterhin in Kontakt.
Eine flächendeckende Ausweitung im Stadtgebiet fordert zudem sowohl einen hohen personellen als auch finanziellen Aufwand, da die Software jeder Lichtsignalanlage individuell angepasst werden müsste. Um den damit verbundenen Aufwand besser abschätzen zu können, wäre vorab eine Untersuchung sinnvoll, welche Anlagen dafür geeignet sind. Eine Grünzeitverlängerung ist zum einen nicht an allen Lichtsignalanlagen technisch umsetzbar und zum anderen nicht überall notwendig.
Das Kreisverwaltungsreferat steht einem solchen Projekt sehr aufgeschlossen gegenüber und wird sich erneut intensiv damit befassen, wenn das Wiener Fußgängererfassungssystem oder andere Kamerabasierte Technologien soweit optimiert wurden, dass die Erfassung und Differenzierung von mobilitätseingeschränkten Personen möglich ist.