Informationslage zum Mobilfunkausbau mit 5G-Technik: Welche Daten liegen vor oder müssen noch ermittelt werden?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Daniel Stanke und Iris Wassill (AfD) vom 5.6.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 5.6.2020 führten Sie als Begründung aus:
„Es handelt sich bei dem 5G-Mobilfunkstandard um eine neue Technik, zu der in München noch nicht ausreichend Datenmaterial vorliegt. Der Leiter der Forschungsstiftung für Informationstechnologie und Gesellschaft (IT’IS), der Schweizer Niels Kuster, weist darauf hin, dass bereits nach kurzer Einwirkzeit durch 5G dauerhafte Gewebeschäden entstehen können. Die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Technik seien noch nicht abschätzbar. Auch die medizinische Universität Wien warnt vor möglichen Gefahren, die zu Schäden der oberen Hautschicht und der Augen führen können. Henry Lai, Professor an der Universität in Washington, wertete Studien zu den Auswirkungen von Mobilfunkstrahlungen aus. Diese voneinander unabhängigen Studien stellten zu zwei Drittel einen Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und biologischen Effekten her. Dies ist nur ein Ausschnitt diverser wissenschaftlicher Stimmen, die es angeraten erscheinen lassen, sich eingehend mit den Auswirkungen auf die Bevölkerung in München zu beschäftigen, bevor diese Technik flächendeckend installiert wird. Eine eingehende Analyse des Zustands vor und nach dem Ausbau ist die Voraussetzung dafür, dass die Auswirkungen im Laufe des Ausbaus eingeschätzt werden können, die Gesundheit der Bevölkerung im Fokus steht und diese effektiv geschützt werden kann.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie viele Mobilfunkmasten stehen bereits im Stadtgebiet insgesamt, also auf dem Boden oder auf Dächern?
Antwort:
Laut Bundesnetzagentur sind rund 1.388 Mobilfunkstandorte in Betrieb gemeldet (Stand Juli 2020). Eine Übersicht von Messorten und Funkanlagenstandorten können online in der Datenbank der Bundesnetzagentur eingesehen werden. Diese kann unter https://emf3.bundesnetzagentur.de/karte/?lat=48.140661539403325&lon=11.57538414001465&zoom=14 abgerufen werden.
Frage 2:
Wie viele weitere Mobilfunkmasten sind laut Netzbetreibern zum optimalen Ausbau notwendig?
Antwort:
Aktuell werden von den etablierten Netzbetreibern ca. 10 - 15 Prozent neue Standorte benötigt, um Netzlücken zu schließen und den Wegfall von Standorten zu kompensieren.
Frage 2.1:
Können die bisherigen Masten mitverwendet werden oder müssen diese ersetzt werden?
Antwort:
Nach Aussage der Netzbetreiber werden für die Erweiterung des Netzes in erster Linie 4G, perspektivisch auch 5G, im Wesentlichen die Bestandsstandorte erweitert und umgerüstet.
Frage 3:
Wie viele kleine Verteilerstationen – 5G-Zellen – sind zusätzlich notwendig?
Antwort:
Eine genaue Quantifizierung kann laut Netzbetreibern nicht abgeschätzt werden, da diese stark von der Entwicklung der Datenmengen der Kunden und von dem Ausbau des Makronetzes abhängt.
Frage 3.1:
Ist die Anzahl für alle Stadtbezirke gleich?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 3.
Frage 3.2:
Gibt es Testgebiete mit einer speziell geplanten Konzentration?
Antwort:
Im Jahr 2016 wurde hierzu bereits von der Landeshauptstadt München zusammen mit der Deutschen Telekom ein Pilotprojekt für den Aufbau innovativer Mobilfunkkleinzellentechnologie (Small Cells) durchgeführt (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 07045). Die SWM/M-net wurden vom Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft jüngst mit weiteren Pilotprojekten beauftragt (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V00160).
Frage 3.3:
Werden bestimmte Gebiete ausgespart, z.B. das Umfeld von Schulen und Kitas?
Antwort:
Die konkrete Netzplanung obliegt den jeweiligen Netzbetreibern. Diesen ist bewusst, dass bestimmte Bereiche für die Errichtung von Sendeanlagen besonders im Fokus der öffentlichen Diskussion stehen. Daher haben sie in der Selbstverpflichtung gegenüber der Bundesregierung zugesagt, Standorte in der Nähe dieser Orte genau zu prüfen und falls notwendig rechtzeitig durch geeignete umfassende Informations- und Begleitmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Akzeptanz für einen solchen Standort verbessert werden kann. Durch den Zubau von Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung und den gestiegenen Mobilfunkbedarf einiger Schulen ist die Existenz von Mobilfunkinfrastruktur in der Nähe der genannten Einrichtungen aber de facto auch keine Ausnahme.
Frage 4:
Sind Expertengutachten zu möglichen Interferenzen zwischen einzelnen Funkstationen geplant?
Antwort:
Durch die Frequenzzuteilung der Bundesnetzagentur wird sichergestellt, dass die zugewiesenen Funkfrequenzen für Mobilfunk störungsfrei genutzt werden können. Etwaige Störungen (Interferenzen) durch andere Funksysteme oder fehlerhafter technischer Geräte werden durch die Bundesnetzagentur bewertet und abgestellt.
Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb einer Mobilfunksendeanlage ist das Vorliegen einer Standortbescheinigung (STOB), die von der Bundesnetzagentur erteilt wird. Bei der Erstellung einer STOB, insbesondere bei der Festlegung des erforderlichen Sicherheitsabstandes, werden alle relevanten Sendefunkanlagen berücksichtigt, sodass i.d.R. die Erstellung von Expertengutachten nicht notwendig ist. Zur Frage der Einhaltung der entsprechenden Grenzwerte nach den sog. Strahlenschutzrichtlinien vgl. Ausführungen zu Ziff. 7.
Frage 4.1:
Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 4.
Frage 4.2:
Falls ja, wann liegen Ergebnisse vor?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 4.
Frage 5:
Sind technische Maßnahmen an den Verteilergeräten und Funkmasten geplant, die ein Hacken der Stationen verhindern?
Antwort:
Nach Aussage der Netzbetreiber sind die Mobilfunk-Übertragungen grundsätzlich verschlüsselt. Datendienste, Sprache und SMS werden auf den Strecken zwischen den Endgeräten, dem Produktionssystem und dem ausliefernden Netzwerk verschlüsselt und sind vor externem Zugriff durch anerkannte Verfahren geschützt. Darüber hinaus werden durch alle Betreiber die gesetzlichen Vorgaben vollständig erfüllt. Die Infrastruktur der Betreiber wird durch Sicherheitsexperten 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche geschützt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) begleitet die Einführung von 5G aktiv. https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/DigitaleGesellschaft/5G/5G_node.html
Frage5.1:
Fallsja,wiebewertenExpertenderenSicherheit?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 5.
Frage 6:
Wie wird sichergestellt, dass Verteilerstationen und Funkmasten nur mit einem festzulegenden Höchstwert Funkwellen ausstrahlen können?
Antwort:
Sendefunkanlagen sind nicht so konzipiert, dass sie nur mit der maximalen Sendeleistung betrieben werden. Mobilfunknetze sind sehr dynamisch. Das heißt, die aktuelle Sendeleistung wird in allen Netzen bedarfsorientiert geregelt. Die maximale Sendeleistung wird durch die Bauteile der Anlage und durch die Anzahl der verwendeten Funkkanäle begrenzt. Diese technischen Daten sind Bestandteil des Standortbescheinigungsverfahrens derBundesnetzagentur und werden bei der Festlegung der erforderlichen Sicherheitsabstände berücksichtigt.
Die Einhaltung der in Deutschland geltenden Grenzwerte (26. BImSchV) werden durch o.g. Standortbescheinigungsverfahren sichergestellt und regelmäßig geprüft. Die Basis dafür ist die Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV). Jeder Mobilfunksender darf nur mit einer gültigen Standortbescheinigung betrieben werden.
Frage 7:
Sind medizinische Risiken für die Bevölkerung abgeklärt worden?
Antwort:
Für die Risikobewertung ist die Einhaltung der durch die 26. BImSchV vorgegebenen Grenzwerte maßgeblich. Den Empfehlungen für die in die 26. BImSchV übernommenen Grenzwerte liegen die wissenschaftlich nachgewiesenen, gesundheitlich relevanten biologischen Wirkungen zugrunde, die durch die Einwirkung elektrischer und elektromagnetischer Felder ausgelöst werden können. Die Strahlenschutzrichtlinien gelten in ihren engen, seit Jahrzehnten bewährten und immer wieder wissenschaftlich evaluierten Grenzen auch für den 5G-Mobilfunk, dessen Einführung auf Beschluss der Bundesregierung darüber hinaus wissenschaftlich begleitet wird. Die Landeshauptstadt München schließt sich der Bewertung von Fachbehörden, wie z.B. dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) an. Demnach sind die vorliegenden nationalen und internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Wirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen auch für die für 5G verwendeten Frequenzen weitestgehend aussagekräftig und führen in der Bewertung dazu, dass es innerhalb der gültigen Grenzwerte der 26. BImSchV für Mobilfunksendeanlagen und bei Einhaltung der im Rahmen der Produktsicherheit an Mobiltelefone gestellten Anforderungen keine bestätigten Belege für eine gesundheitsschädigende Wirkung des Mobilfunks gibt.
Frage 7.1:
Ist eine medizinische Feldstudie geplant, die z.B. in Zusammenarbeit mit Hausärzten Personen mit elektromagnetischer Übersensibilität feststellt und mit diesen mögliche Auswirkungen der 5G-Technik erforscht?
Antwort:
Nein.Frage 7.2:
Wann wird ein Report über die Situation von Menschen mit Elektrohypersensibilität in München vorgelegt?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 7.1.
Frage 8:
Ist die Ausweisung von „Schutzgebieten“, vergleichbar den white areas in Frankreich, für elektrosensible Bürger geplant?
Antwort:
Das Vorliegen einer Elektrosensibilität ist im Einzelfall schwer zu belegen. Deshalb wäre die Ausweisung von Orten, an denen sich EHS-betroffene Menschen aufhalten können, aus Sicht des Referats für Gesundheit und Umwelt nicht umsetzbar. In einem derartigen Gebiet müssten insbesondere umfangreiche technische Umbaumaßnahmen zur Abschirmung von elektromagnetischen Feldern erfolgen.
Frage 9:
Für welche Anwendungen konkret wird 5G derzeit genutzt und für welche Anwendungen ist es in Planung?
Antwort:
In der am 7.7.2020 im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft behandelten Beschlussvorlage „Mobilfunkausbau fördern“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 00160) wurde der Stadtrat über aktuelle Projekte informiert, die beispielhaft den Zusammenhang zwischen konkreten Maßnahmen und der Notwendigkeit eines leistungsfähigen, stabilen Mobilfunknetzes darlegen. Für die Münchner Bevölkerung besteht der Nutzen der 5G-Einführung zunächst darin, dass eine Überlastung der 4G-Infrastruktur verhindert wird. Neben dieser Kapazitätserweiterung sind mannigfaltige Anwendungen mit verschiedenen technischen Anforderungen durch 5G möglich. 5G ermöglicht deutlich kürzere Reaktionszeiten (Latenzzeiten von wenigen Millisekunden), sehr große Datenraten sowie eine sehr hohe Zahl an Nutzern pro Zelle. Durch hohe Sicherheitsstandards und Verlässlichkeit, sowie eine flexible Netzparametrisierung (Network Slicing) sind durch 5G sicherheitskritische Anwendungen wie Tele-Medizin, Industrie 4.0 und (teil-)autonomes Fahren möglich und geplant.
Frage 10:
Sind regelmäßige Kontrollmessungen der Feldstärken, z.B. in Bahnhöfen, Schulen, U-Bahn und Hot Spots, geplant?
Antwort:
Im Zuge der bundesweiten EMVU (Elektromagnetische Verträglichkeit zur Umwelt)-Messreihe zur Bestimmung der Umgebungsfeldstärken werden eine Vielzahl von Messpunkten in München erfasst. Detaillierte Informationen hierzu können der Broschüre „Funk und Umwelt“ entnommen werden. Die Broschüre kann online unter folgendem Link eingesehen werden: https://emf3.bundesnetzagentur.de/Broschüre.html
Frage10.1:
Welche Messungen werden aktuell schon durchgeführt, z.B. um Vergleichsmaterial vor dem Ausbau zu haben?
Antwort:
Vgl. Antwort zu Ziffer 10.
Frage 11:
Wie viel Geld ist für die Risikoforschung im Smart-City-Projekt eingeplant? Wie viel Geld wird derzeit für die Risikoforschung ausgegeben? (Bitte die Ausgaben für die Jahre 2015 bis 2019 getrennt ausweisen.)
Antwort:
Bei den drei Smart City Projekten „Smarter Together“, „City2Share“ und „Civitas Eccentric“ sind umfangreiche Arbeitspakete für die Evaluation der Projekte vorgesehen. Die Evaluation der Projekte umfasst auch eine Risikobewertung. Eine konkrete Benennung des Budgets ist nicht möglich.
Frage 12:
Ist vorgesehen, dass die Mobilfunkbetreiber Zonen mit extrem hohen Mikrowellen-Expositionen zu ermitteln und zu entschärfen haben?
Antwort:
Maßgeblich für den Betrieb von Mobilfunksendeanlagen sind die in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte. Bei Einhaltung der Grenzwerte entstehen keine Zonen mit extrem hoher Mikrowellenexposition.
Das Schreiben ist mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt abgestimmt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.