(Warum) verkommt der Viktualienmarkt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 9.3.2020
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Zunächst möchte ich mich für die gewährte Fristverlängerung bedanken.
In Ihrer Anfrage teilten Sie uns Folgendes mit:
„Auf dem Viktualienmarkt verkaufen etwa 110 Händlerinnen und Händler Obst, Gemüse, Südfrüchte, Fleisch, Wild, Geflügel, Käse, Fisch, Brot- und Backwaren, Gewürze, Blumen und vieles mehr. Das besondere Flair und die lebendige Atmosphäre machen den Markt bei Besuchern und Münchnern gleichermaßen beliebt. Leider machen sich statt des regen Treibens seit einiger Zeit Ödnis und Leere breit, berichtet die Abendzeitung vom 9. März 2020.
In den letzten Monaten haben immer mehr Stände am Viktualienmarkt schließen müssen. Seither stehen vier feste Läden seit Monaten leer. Außerdem sind in den letzten drei, vier Jahren etwa zehn Stände unter Schirmen auf dem Vorplatz vor dem Wirtshaus verschwunden. Die Stadt habe sich nicht um die Nachbesetzung gekümmert. In der Abendzeitung beklagt Elke Fett, Sprecherin der Marktleute, dass die Stadt den Viktualienmarkt ‚seit Monaten total verkommen lässt‘ und ‚schlampig verwaltet wird‘.“
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:
Frage 1:
Sind der Landeshauptstadt München die beschriebenen Zustände auf dem Münchner Viktualienmarkt bekannt?
Antwort:
Die Zuständigkeit der Verwaltung des Viktualienmarktes liegt bei den Markthallen München (MHM). Dabei erfolgt jedes Agieren unter der Maßgabe, den geregelten Marktbetrieb zu wahren sowie Attraktivität und Charme des Marktes zu erhalten bzw. weiterzuentwickeln. Abgesehen von den großen Herausforderungen, vor denen die Münchner Innenstadt mit ihrem Einzelhandel wegen der Corona-Pandemie insgesamt steht, gepaart mit den Auswirkungen der Corona Beschränkungen erfreut sich der Viktualienmarkt reger Beliebtheit. Derzeit befindet sich nur das Pavillon 3 in Abt. 6 in der Vergabe. Mit dessen Wiedereröffnung ist im Herbst 2020 zu rechnen. Alle anderen Stände sind vergeben.
Frage 2:
Warum versucht das Kommunalreferat nicht, gegen die Leerstände der Läden und Stände sowie gegen die Verödung des Viktualienmarkts vorzugehen?
Antwort:
Alle vakanten Objekte der MHM werden öffentlich ausgeschrieben. Dies schließt die Objekte auf dem Viktualienmarkt ein. Dabei erfolgt die Vergabe eines Objektes durch eine Ausschreibung unter Setzung einer abschließenden Bewerbungsfrist.
Für die Auswertung von Bewerbungen wird bei den MHM die Dienstanweisung für die Auswahl und Vergabe von Objekten an neue Nutzerinnen und Nutzer für die MHM angewandt. Diese besagt, dass die Auswahl in einem mehrstufigen Prüfungs- und Wertungsverfahren erfolgt. Die Beurteilung und Punkte-Bewertung der Bewerbungen geschieht nach pflichtgemä-ßem Ermessen durch zwei unabhängig voneinander agierende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Fachabteilung der MHM. Dabei stellt dieses Verfahren sicher, dass die nötige Objektivität und Unvoreingenommenheit während der Wertungsphase gegenüber jeder einzelnen Bewerbung dauerhaft gewährleistet wird. Darüber hinaus unterstützt es in besonderem Maße Unternehmenskonzepte, welche noch nicht auf dem Markt vertreten sind, um damit die Attraktivität des Marktes durch innovative Ideen auszuweiten. Diese umfassende Beschäftigung mit den eingegangenen Bewerbungen ist zeitintensiv, auch wenn die MHM bemüht sind, sie in möglichst kurzer Zeit durchzuführen, um alle Stände schnell wieder einer Nutzung zuzuführen. Die Ausschreibung samt Sichtung dauert in der Regel 4 Monate.
Des Weiteren ist zumeist die Sanierung und Instandsetzung eines frei gewordenen Standes notwendig, auch aufgrund des zunehmenden Alters der meisten Abteilungen auf dem Markt. Gerade bei zuletzt freigewordenen Ständen, wie beispielsweise dem Stand 12/17 Abt. I oder 20/21 Abt. III, mussten zusätzliche Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, welche im Vorfeld nicht absehbar und kalkulierbar waren. Diese Arbeiten waren einerseits durch das Alter der Läden unabdingbar, andererseits durch die Vorgaben der heutigen Bauvorschriften. Auch infolge der anhaltenden Corona-Pandemie wurde der Fortschritt der Sanierungsarbeiten behindert, da die beauftragten Firmen nicht wie ursprünglich vorgesehen parallel am Stand arbeiten konnten.
Es ist Ziel der MHM, den Viktualienmarkt möglichst umfassend zu bespielen und die Besucherinnen und Besucher über die Nutzung der Stände zu informieren. Bereits neu zugewiesene Marktstände, die sich noch in derSanierungs-/Umbauphase befinden, werden deshalb seit einiger Zeit besser für Marktbesucherinnen und Marktbesucher kenntlich gemacht, um den fälschlichen Eindruck einer Nicht-Nutzung zu vermeiden.
Frage 3:
Seit wann sucht die Landeshauptstadt München keine neuen Betreiber für freiwerdende Standplätze und Läden?
Antwort:
Alle festen Stände werden nach Freiwerden neu vergeben. Lediglich sogenannte „Schirmstände“, welche den heutigen gesetzlichen Anforderungen (insbesondere Hygieneregelungen) nicht mehr genügt haben, wurden im Hinblick auf die anstehende Sanierung nicht nachbesetzt. Die noch vorhandenen Schirmstände können aufgrund ihres Bestandsschutzes weiterhin betrieben werden.
Frage 4:
Gibt es die Möglichkeit, die freien Stände und Läden etwa für regionale Start-Ups und kleine bis mittelständische Unternehmen zur Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen? Warum wird dies nicht versucht?
Antwort:
Beim Viktualienmarkt handelt es sich nach der Satzung der MHM um einen Lebensmittelmarkt, der das Ziel hat, zur Versorgung der Münchnerinnen und Münchner mit hochwertigen, gesunden und frischen Lebensmitteln und Blumen beizutragen, sowie ein Angebot ausgewählter Gastronomie am Standort zu gewährleisten. In diesem Kontext ist es für die MHM von übergeordneter Bedeutung, dass besonders jene Konzepte auf dem Viktualienmarkt vertreten sind, welche diesen als typischen Lebensmittelmarkt widerspiegeln. Daraus resultiert, dass das vorhandene Gastronomie- und Imbissangebot sowie Stände der Kunst und Kultur nur stark beschränkt vertreten sein können, da der traditionelle Marktcharakter zur Lebensmittelversorgung der Bürgerinnen und Bürger fortbestehen soll und dieser durch zu viele lebensmittelfremde Angebote verloren ginge. Konzepte, die nicht diesem Charakter entsprechen, werden daher nur in begründeten Einzelfällen, welche im gesamt-städtischen Interesse liegen, als Ausnahmen zugelassen.
Oftmals besteht wegen umfangreichen Sanierungsmaßnahmen zudem keine Zwischennutzungsmöglichkeit. Sofern eine solche aber möglich sein sollte, werden bereits seit längerem auf den festen Lebensmittelmärkten in Zusammenarbeit mit anderen städtischen Bereichen Stände an die Kunst- und Kreativwirtschaft vergeben. So war etwa Anfang des Jahres einPop-Up-Store auf dem Viktualienmarkt zur Zwischennutzung eingezogen. Dieser wurde stadtintern durch das Referat für Gesundheit und Umwelt als House of Food genutzt.
Frage 5:
Wird derzeit die Nutzung der freien Läden und freien Standflächen geprüft? Wenn ja welche?
Antwort:
Immer wird bei Kündigung eines Standes geprüft, welches Sortiment nachbesetzt werden soll. Dies wird in der Ausschreibung ausdrücklich niedergeschrieben. Es werden ebenfalls gemäß der Richtlinien der oben genannten Dienstanweisung objektbezogene Faktoren individuell für jede Vergabe evaluiert, welche dadurch die spätere Bewertung der Bewerbungen beeinflussen. Nach Rückgabe des Objektes wird zudem überprüft, ob Instandsetzungsarbeiten durch die MHM zu erfolgen haben und ob im Vorgriff Maßnahmen für die Sanierung des Viktualienmarkts erfolgen können. Erst dann kann eine öffentliche Ausschreibung erfolgen.
Frage 6:
Warum spricht das Kommunalreferat nicht mit den Marktleuten über die Zukunft des Viktualienmarkts? Können Lösungen nicht im Rahmen eines runden Tisches oder Jour Fixe gesucht und gefunden werden?
Antwort:
Die MHM haben in einem zweimonatigen Rhythmus Händler-Jour-Fixe (JF) in Anwesenheit des Zweiten Werkleiters und der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es findet ein überaus regelmäßiger Austausch statt. Einer der Tagesordnungspunkte ist dabei immer der aktuelle Planungsstand Viktualienmarkt. Dieser wird bei jedem JF aufgeführt, um den Händlerinnen und Händler die Möglichkeit einzuräumen, neue Entwicklungen zu erfahren.
Des Weiteren findet alle 2 Monate der „Lunch-fixe“ mit der Ersten Werkleiterin und den Händlerinnen und Händler des Viktualienmarkt statt. Ebenfalls wurde der Interessengemeinschaft Viktualienmarkt München mitgeteilt, dass die MHM gerne eine Infoveranstaltung anberaumen, sobald sich der Planungsstand des Viktualienmarkts weiter konkretisiert. Dies ist derzeit aufgrund der Vorbereitungsphase noch nicht gegeben.
Frage 7:
Wie hoch sind die geschätzten Mietausfälle, die durch den Leerstand und die nicht Belegung der freien Standplätze entstanden sind?
Antwort:
Die anfallenden Gebühren der einzelnen Stände sind in der Markthallen-Gebührensatzung in der Anlage 2 A und B geregelt, welche unter folgendem Link zu finden ist:
https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtrecht/vorschrift/551.pdf Da kein Stand länger als notwendig nicht genutzt wurde, sind keine Gebührenausfälle zu verzeichnen.
Wir gehen davon aus, dass Ihre Anfrage damit als erledigt gilt.