Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie haben Folgendes beantragt: „Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Uhrzeit an öffentlichen Plätzen auch digital anzuzeigen.“ In Ihrer Antragsbegründung führten Sie Folgendes an: „Für Menschen mit Lernbeeinträchtigung ist die analoge Darstellung der Uhrzeit im Ziffernblatt schwer wahrzunehmen. Um die Uhrzeit erfassen zu können, ist die digitale Anzeige sinnvoll und notwendig.“
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 12.2.2020 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
Hintergrund
Bei einer analogen Uhr ist die Komplexität einzelner Ziffern im Gegensatz zur digitalen Zeitanzeige sehr hoch. Eine Zahl auf dem Ziffernblatt einer analogen Uhr hat mehrere Bedeutungen. Die Zahl 6 steht zum Beispiel für 6 Uhr oder 18 Uhr.
Zusätzlich kommt es bei einer analogen Anzeige oftmals dazu, dass das Glas der Uhr spiegelt und man die Zeiger nicht gut erkennen kann. Außerdem kommt es auch noch darauf an, wie der Winkel vom Betrachter zur Uhr ist, ob überhaupt die genaue Uhrzeit erfasst werden kann. Personen mit eingeschränkten visuell-räumlich-perzeptiven Fähigkeiten gelingt es nicht oder nur sehr schwer, die Winkel und Abstände korrekt wahrzunehmen. Sie können dadurch nur bedingt die Zeigerstellung einer analogen Uhr verstehen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die häufig verwendeten analogen Uhren in öffentlichen Bereichen keine Ziffern zur Anzeige der Uhrzeit haben, sondern lediglich Striche. Dies erschwert zusätzlich das Ablesen der genauen Uhrzeit.
Bei digitalen Uhren kann man hingegen die Uhrzeit konzeptlos erfassen, da man sie lediglich ablesen muss.Der Behindertenbeirat veranstaltete am 5.2.2020 einen Sensibilisierungs-Check für die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Münchner Kommunalwahl. In diesem Rahmen gab es Selbsterfahrungsangebote zu verschiedenen Arten von Behinderungen.
An einer Station wurde den Gästen das Thema leichte Sprache näher gebracht. Dort konnten auch Gespräche mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen geführt werden. Dabei wurde auch das Thema digitale Uhren und der Wunsch nach mehr digitalen Uhren im Stadtgebiet von München erwähnt. Dieses Anliegen wurde von Ihnen aufgegriffen.
Bedarfsabfrage
Um genauer zu ermitteln, an welchen Plätzen digitale Uhren benötigt werden, erfolgte eine Anfrage bei den Beteiligten der Veranstaltung vom 5.2.2020. Es wurde zurückgemeldet, dass grundsätzlich an so vielen Orten wie möglich eine digitale Uhr-Anzeige benötigt wird. Hauptsächlich sei dies jedoch an U- und S-Bahnhöfen sowie in der Nähe sonstiger öffentlicher Verkehrsmittel erforderlich.
Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die meisten Menschen mit kognitiven Einschränkungen kein eigenes Mobiltelefon, aber eine eigene – meist digitale – Uhr besitzen.
Analoge Uhren müssen nach Aussage der Betroffenen immer mit Zahlen sowie Minuten- und Sekundenanzeige ausgestattet sein, da sie ansonsten schwer lesbar sind.
Bei den wenigen digitalen Zeitanzeigen im öffentlichen Raum wurde bemängelt, dass diese oft verdeckt, zu klein oder wenig kontrastreich seien.
Grundsätzlich sollten Uhren im öffentlichen Raum immer gut erkennbar, in einer ausreichenden Größe und mit deutlichem Kontrast aufgestellt werden. Am sinnvollsten wäre die Aufstellung digitaler Uhren oder einer Kombination aus analoger und digitaler Anzeige.
Ist-Stand
Eine Analyse des Ist-Standes bestätigte die Aussagen, dass es im öffentlichen Raum nur sehr wenige digitale Uhren gibt, die meistens zu klein und teilweise mit schlechtem Kontrast sind.
Bei den analogen Uhren im öffentlichen Raum handelt es sich häufig um die sogenannten Schweizer Bahnhofsuhren, die lediglich Striche anstelle von Zahlen auf dem Ziffernblatt haben.In den Zwischengeschossen von U- und S-Bahnhöfen sowie an den Anzeigetafeln für U-Bahnen gibt es meistens nur analoge Uhren. Die einzigen digitalen Uhren für Fahrgäste befinden sich auf Infoscreens an U-Bahngleisen. Es sind jedoch nicht alle U-Bahnstationen mit Infoscreens ausgestattet. Zudem ist die Anzeige auf den Infoscreens zu klein und hat einen sehr schlechten Kontrast, so dass sie so schlecht erkennbar ist, dass sie den meisten Fahrgästen gar nicht auffällt.
An Tram- und Bushaltestellen gibt es weder analoge noch digitale Uhren.
Eine Anfrage bei der SWM GmbH zu den Ist-Standards hat ergeben, dass Uhren lediglich an größeren Haltestellen der MVG – wie Busbahnhöfen oder Tramwendeanlagen – sowie an Bahnsteigen der U-Bahn zu finden sind. Die Anzeige erfolgt analog. Dies bestätigt die Ist-Bestandsaufnahme des Sozialreferates.
Weiteres Vorgehen
Zur Verbesserung der aktuellen Situation wird der städtische Beraterkreis für barrierefreies Planen und Bauen auf die SWM zugehen, um über mögliche Verbesserungen der Größe und Kontraste der derzeitigen digitalen Uhranzeige auf den Infoscreens an den U-Bahngleisen ins Gespräch zu kommen.
In einem weiteren Schritt wird geklärt, ob bei der Umstellung der vorhandenen elektronischen Anzeigetafeln an Bus- und Tramhaltestellen auf das 2-Sinne-Prinzip eine zusätzliche digitale Anzeige der Uhrzeit erfolgen kann.
Des Weiteren hat der städtische Beraterkreis für barrierefreies Planen und Bauen bereits den Kontakt zum Baureferat, Abteilung Gartenbau, gesucht, um die Möglichkeiten für die Aufstellung digitaler Uhren an öffentlichen Plätzen zu besprechen. Die Gespräche stehen noch aus.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.