München wird mobiler IV – Kurzstrecke in Bus und Tram kostenlos
Antrag Stadträte Manuel Pretzl und Sebastian Schall (CSU-Fraktion) vom 6.3.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In o.g. Antrag Nr. 6941 fordern Sie, der Stadtrat möge beschließen, „Die Kurzstrecke in Bus und Tram wird zum nächsten Tarifwechsel kostenlos. Die Verwaltung wird darum gebeten, intensiv zu prüfen, wie eine kostenlose Kurzstrecke sinnvoll zu kontrollieren ist.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Planung von Tarifangeboten fällt jedoch in die Zuständigkeit der MVV GmbH. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Wir haben hierzu die Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH gebeten, den Antrag im Rahmen der Gremien zur Diskussion zu stellen. Dies ist abschließend in der Gesellschafterversammlung am 3.7.2020 geschehen.
Die MVV GmbH hat dazu wie folgt vorgetragen:
„Die Einführung eines Nulltarifes wäre nach Einschätzung der Verbundgesellschaft eine genehmigungspflichtige Tarifänderung, die in den Verbundgremien beraten und entschieden werden müsste. Ein Nulltarif für Kurzstreckenfahrten, wenn auch nur innerhalb des Stadtgebiets der Landeshauptstadt München, könnte große Auswirkungen auf die Verbundpartner haben und unter anderem eine starke Präzedenzwirkung entfalten. Ansinnen von verschiedenen Gemeinden für einen Nulltarif in ihrem Ortsbereich wurden von den Gesellschaftern aus grundsätzlichen Erwägungen letztmals in der 156. Gesellschafter-versammlung am 5.7.2019 abgelehnt.
Die Bürger der Landeshauptstadt würden von einem Nulltarif für Kurzstreckenfahrten sehr unterschiedlich profitieren. Nutzer, die nur im Geltungsbereich des Kurzstreckentarifs fahren, würden sich die Fahrgelder komplett sparen. Die große Masse der Fahrgäste sind aber Umsteiger von Bus und Tram auf die Schienenverkehrsmittel zu weiter entfernteren Fahrzielen. Bei diesem Adressatenkreis würden weitgehend die gleichen Kosten wie bisher oder nur geringe Einsparungen entstehen. Auch würden Zeitkarten und Bartarifkunden unterschiedlich profitieren. Generell stellt sich hier die Frageder gerechten Verteilung der Entlastungen; so würde der Gelegenheitskunde finanziell entlastet, der Stammkunde mit Zeitkarte würde davon aber nicht profitieren. Weiterhin wäre zu berücksichtigen, dass bei einem Nulltarif für den Kurzstreckenbereich insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten spürbare Verkehrszuwächse entstehen könnten, die dann kostenintensive Kapazitätsausweitungen zur Folge hätten.
Nicht zu unterschätzen ist auch bei einer Einführung eines Nulltarifs für den Kurzstreckenbereich ein erhöhter Kommunikationsbedarf. Die Bestrebungen der Tarifreform, den Tarif spürbar zu vereinfachen, würde mit dieser Maßnahme konterkariert werden.“
Die Gesellschafterversammlung hat sich der Argumentation der MVV GmbH angeschlossen und lehnt den Antrag ab. Aus Sicht des Referats für Arbeit und Wirtschaft kommt eine Finanzierung durch die LHM angesichts der aktuellen Haushaltssituation nicht in Betracht. Eine Sonderregelung nur für die Landeshauptstadt München würde auch dem Verbundgedanken nach einem einheitlichen Tarif widersprechen. Ob durch eine kostenlose Kurzstreckenfahrt ein erheblicher Anreiz geschaffen wird, nicht mit dem Auto zu fahren, darf zumindest bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass die Fahrgäste ansonsten zu Fuß gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren wären, wodurch für den Umweltverbund nichts gewonnen ist.
Die derzeitigen Einnahmeeinbrüche im ÖPNV aufgrund der Corona-Pandemie machen aktuell alle Angebote, die mit einem Verzicht auf Einnahmen oder einem gesonderten Finanzierungsbedarf verbunden sind, problematisch. Schon die Umsetzung der im letzten Jahr beschlossenen Tarifreform und die Einführung des 365 Euro-Tickets MVV für Schüler sind mit einem jährlichen Ausgleichbedarf durch die MVV-Gesellschafter in dreistelliger Millionenhöhe verbunden, deren Finanzierung aktuell nur für die nächsten Jahre gesichert ist. Darüber hinaus sind auch Angebote wie der IsarTiger und MVG-Rad schon jetzt nicht kostendeckend zu betreiben. Die MVG wird auch beim eigenwirtschaftlichen Leistungsprogramm Einsparungen vornehmen müssen, wenn keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen. Daher sehen wir für zusätzliche kostenlose Angebote derzeit leider keinen Spielraum.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag damit zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.