München „Sicherer Hafen“ – für eine inklusive und solidarische Stadt: Eine kommunale Identitätskarte für Menschen mit langjährigem Bleibestatus
Antrag Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 21.2.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrem Antrag vom 21.2.2020 fordern Sie eine Prüfung, ob die Schaffung einer „City-ID“, also einer kommunalen Identitätskarte für Langzeitgeduldete, möglich wäre. Als Beispiele nennt der Antrag Erfahrungsberichte aus den Städten Köln und Zürich, die eine kommunale Identitätskarte für Langzeitgeduldete eingeführt haben. Diese Identitätskarte soll für die Geduldeten mit einem längerfristigen Bleiberecht verbunden sein.
Die Begründung Ihres Antrags lautet:
„Auf der Konferenz ‚Solidarity City‘ die vom 28. bis 30. Juni 2019 von ‚Bellevue di Monaco‘ veranstaltet wurde, wurden in Workshops die positiven Erfahrungen in der Stadt Köln mit einem kommunalen Bleiberecht für langjährig Geduldete dargestellt. Zudem schilderte eine Vertreterin von Flüchtlingsinitiativen in der Stadt Zürich die dortigen guten Erfahrungen mit einer City-ID. In Zürich wird diese City-ID sogar von der kommunalen Polizei anerkannt.
Diese positiven Erfahrungen zusammen mit dem Bemühen der Stadt Mün- chen im Rahmen der Plattform ‚Sicherer Hafen‘ sollte die Stadt nutzen und auch auf diese Weise ein Zeichen praktischer Solidarität setzen.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Im Zentrum der Pläne für die Einführung der sog. City-ID in Zürich stehen die geschätzt 14.000 (laut Internet) sog. Sans Papiers im Kanton Zürich, also Menschen, die keinen Aufenthaltstitel für die Schweiz besitzen und unregistriert dort leben. Diese Personen haben keinen geregelten Aufenthaltsstatus und sind von der sozialen und rechtlichen Teilhabe weitestgehend ausgeschlossen, etwa weil sie nur eingeschränkten Zugang zum Gesundheitswesen haben, kein Bankkonto eröffnen oder einen Mobilfunkvertrag abschließen können. Die Einführung der sog. City-ID ist in Zürich bislang jedoch noch nicht erfolgt.Die rechtliche Situation der Personen mit Duldungsstatus (§§ 60a ff. AufenthG) in Deutschland unterscheidet sich fundamental von derjenigen der sog. Sans Papier. Geduldete Personen sind vollziehbar ausreisepflichtig und müssen die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich verlassen, ihre Abschiebung ist jedoch aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgesetzt (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Sie werden im Ausländerzentralregister und melderechtlich erfasst und können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen arbeiten. Geduldete Personen erhalten eine sog. Duldungsbescheinigung (§ 60a Abs. 4 AufenthG), die – unter anderem gegen-über staatlichen Stellen – als Nachweis über den Aufenthaltsstatus dient.
Die Papiere mit Identitätsnachweiswirkung, welche durch die Ausländerbehörden ausgestellt werden dürfen, sind durch Bundesgesetz abschließend geregelt, ohne dass es dabei im Aufenthaltsrecht eine Öffnungsklausel gibt. Die Schaffung eines Papiers sui generis würde einerseits einen Verstoß gegen die Gesetzgebungskompetenzverteilung des Grundgesetzes darstellen, andererseits könnte es im öffentlich-rechtlichen Rechtsverkehr auch keine identitätsklärende oder -bestätigende Wirkung entfalten (etwa gegenüber dem BAMF, der Justiz oder der Polizei).
Aus den oben genannten Gründen wäre die Einführung einer City-ID, wie im Antrag beschrieben, rechtlich nicht zulässig und auch nicht zielführend, da sie für die Ausländerinnen und Ausländer keinen Mehrwert bieten würde.
Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.