WinterAbo: Ökologische Mobilität für die Wintermonate attraktiv machen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Richard Quaas, Sebastian Schall und Dorothea Wiepcke (CSU-Fraktion) vom 26.2.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrem o.g. Antrag Nr. 6855 fordern Sie, „Die MVG prüft die Einführung eines WinterAbos. Das WinterAbo sollte einen Abo-Bezugszeitraum für die Monate Oktober bis einschließlich März umfassen und eine Zahlweise ‚Buche 6, zahle 5‘ zur Grundlage haben.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Planung von Tarifangeboten fällt in die Zuständigkeit der MVG bzw. federführend der MVV GmbH. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Sowohl die MVG als auch der MVV lehnen in Ihren Stellungnahmen den Antrag ab.
Der Gedanke, ein IsarCardAbo für die Wintermonate von Oktober bis März, mit der Preislogik „zahle fünf Monate und fahre sechs Monate“, anzubieten, hätte für bestimmte Nutzergruppen sicherlich Vorteile und ist durchaus nachvollziehbar. Mit Rückblick auf die Einführung der Tarifreform im Dezember 2019, mit der der MVV-Tarif erheblich vereinfacht und damit einer langjährigen Forderung von Fahrgästen und Fahrgastverbänden entsprochen wurde, stehen wir einer Einführung solcher Karten aber kritisch gegenüber.
Abonnements im ÖPNV beziehen ihren Zweck insbesondere aus Komfort- und Preisvorteilen für alle Kunden, die sich während der Laufzeit ihres Abonnements keine Gedanken über ihre Fahrtberechtigung machen müssen und für ihre regelmäßige Verkehrsmittelnutzung einen attraktiven Fahrpreisvorteil (je nach Zahlweise 10 für 12 oder 9,5 für 12) gegenüber dem Einzelkauf von Monatskarten erhalten.
Diesen Preisvorteil können die Verkehrsunternehmen nur deshalb einräumen, weil die Abonnements sichere und stetige Einnahmen über den gesamten Jahresverlauf generieren und damit eine tragende Säule zur Finanzierung der Verkehrsangebote sind. Überdies gestaltet sich der Vertriebsweg Abonnement sehr effizient und führt zu Prozesskostenvorteilengegenüber den anderen Vertriebswegen, die so wiederum für ein besseres Verkehrsangebot zur Verfügung stehen.
Die Forderung nach einem speziellen Abo-Angebot für Wintermonate steht diesen Prinzipien in mehrfacher Hinsicht entgegen:
-Jedes Angebot, das bei den Kunden zu einer Fahrpreisersparnis führt – und das ist ja auch bei einem IsarCardAbo für die Wintermonate Oktober bis März eine der Zielsetzungen – führt bei den Verkehrsunternehmen automatisch zu Mindereinnahmen. Als Folge davon müssten die Fahrpreise der einzelnen Geltungsbereiche neu kalkuliert werden, um diese Mindereinnahmen ausgleichen zu können.
-Eine Winter-Abo würde zudem in einem besonderen Maße die Nachfrage in einem Zeitraum fördern, in denen die Kapazitätsreserven der Verkehrsunternehmen ohnehin gering sind, im Gegensatz zum Sommer wenn die Fahrgäste leichter auf das Fahrrad ausweichen können. Folglich verringert jede zusätzliche Fahrt die durchschnittliche Ergiebigkeit des Tarifs, während die Investitions- und Betriebskosten infolge der Mehrnachfrage überdurchschnittlich steigen würden.
-Jedes zusätzliche Angebot vergrößert die Tarifkomplexität, welche nachweislich eine der größten Einstiegshürden für die Nutzung des ÖPNV ist, und würde daher den Bestrebungen der Tarifreform, einer einfachen und transparenten Gestaltung des MVV-Tarifs, entgegenstehen. Für weitere Zeitkartenangebote, wie z.B. die IsarCard9Uhr oder die Isar-Card65, müsste dann ebenfalls ein „Winterabo“ eingeführt werden.
-Die Tarifkommunikation wie auch die gegenüber einem kontinuierlichen Abo deutlich höhere Belastung des Kundenservice und damit höhere Vertriebsprozessaufwendungen sind weitere Gründe gegen ein Teilzeitabonnement.
-Bei einem eingeschränkten Geltungszeitraum (Oktober bis März) würden die Fahrgäste keinen finanziellen Vorteil erreichen, die z.B. von November bis April dieses Winterabo nutzen möchten. Um auch für diesen Personenkreis einen entsprechenden günstigen Preis anbieten zu können, müsste das zeitlich begrenzte Abo eine flexible Geltungsdauer erhalten, die jedoch den vertrieblichen Aufwand bei den Abocentern deutlich erhöhen würde. Des Weiteren besteht auch die Gefahr, dass bisherige Abo-Inhaber vom 12-Monatsabo auf das Halbjahresabo um-
steigen. Auch durch diese Wanderung würden sich für die Verkehrsunternehmen im MVV zwangsläufig Mindereinnahmen ergeben.
-Ziel der Verbundpartner ist es weiterhin, die Kunden mit dem Abo-Angebot langfristig an den MVV zu binden und damit durch nachhaltige Verhaltensveränderungen die größtmögliche Entlastung für die Umwelt zu erreichen (Feinstaubvermeidung). Angebote mit kürzerer Laufzeitwirken diesem Ziel entgegen und gehen insbesondere zu Lasten der langfristig orientierten ÖPNV-Nutzer.
Fahrgäste die tatsächlich nur in einzelnen Monaten den ÖPNV nutzen wollen, können dies weiterhin über den flexiblen Kauf von Monats- oder Wochenkarten tun. Diese bieten einen deutlichen Preisvorteil gegenüber dem regelmäßigen Kauf von Einzelfahrscheinen. Für eine weitere preisliche Ermäßigung gibt es aber keinen Grund. Für Fahrgäste, für die Zeitkarten generell nicht rentabel sind, testet der MVV im Rahmen eines Pilotprojektes in Kürze einen elektronischen Tarif.
Darüber hinaus machen auch die derzeitigen Einnahmeeinbrüche im ÖPNV aufgrund der Corona-Pandemie Angebote, die mit einem Verzicht auf Einnahmen oder einem gesonderten Finanzierungsbedarf verbunden sind, problematisch. Schon die Umsetzung der im letzten Jahr beschlossenen Tarifreform und die Einführung des 365-Tickets MVV für Schüler sind mit einem jährlichen Ausgleichbedarfs durch die MVV-Gesellschafter in dreistelliger Millionenhöhe verbunden, deren Finanzierung aktuell nur für die nächsten Jahre gesichert ist. Darüber hinaus sind auch Angebote wie der IsarTiger und MVG-Rad schon jetzt nicht kostendeckend zu betreiben. Die Einführung eines WinterAbos birgt auch aus Sicht des Referats für Arbeit und Wirtschaft die Gefahr, dass Kunden bestehende Abos kündigen und somit feste Einnahmen entfallen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag damit zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.