Übernachtungsschutz für Obdachlose mit Hund
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Sabine Bär, Fabian Ewald, Alexandra Gaßmann, Hans Hammer, Heike Kainz, Dr. Evelyne Menges, und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 31.7.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 31.7.2020 führen Sie folgendes aus:
„Die Landeshauptstadt München bietet Obdachlosen Übernachtungsmöglichkeiten ganzjährig an. Es gibt aber auch obdachlose Menschen mit Hund. Bei Kälte kann der Mensch in einer der Kälteschutzeinrichtungen der Stadt ein Obdach finden, sein Hund muss allerdings ins Tierheim. Nur ist es nun mal so, dass der Hund eines Obdachlosen nicht nur dessen täglicher Begleiter ist, sondern auch vielfach der beste und einzige Freund, der über die Jahre noch geblieben ist. Er sorgt dafür, dass der Mensch auf der Straße nicht vereinsamt, bellt in der Nacht bei Gefahr. Aus diesen Gründen wollen sich viele Obdachlose auch nachts und bei großer Kälte – nachvollziehbar und verständlich – nicht von ihrem treuen Begleiter, dem Hund, trennen. Doch Hunde sind in den Unterkünften in der Regel nicht erlaubt.“
Zu Ihrer Anfrage vom 31.7.2020 nehme ich auf diesem Wege wie folgt Stellung:
Frage 1:
Ist es bekannt, wie viele Obdachlose einen Hund haben?
Antwort:
Derzeit liegen dem Sozialreferat keine aussagekräftigen Zahlen vor, wie viele obdachlose Menschen in München einen Hund besitzen. Bei der geplanten Studie „Obdachlose Menschen auf der Straße in der Landeshauptstadt München“ wird diese Frage in die Erhebung einfließen. Die Befragungen zu dieser Studie können wegen der Coronapandemie nicht wie ursprünglich geplant in 2020 sondern erst im Sommer 2021 beginnen.
Eine kurzfristige Abfrage und grobe Schätzung bei den Streetworkerinnen und Streetworker und den Anlaufstellen für obdach- und wohnungslose Menschen ergab, dass derzeit ca. 10 – 15 obdachlose Personen mit Hund, die „auf der Straße leben“ bekannt sind (Stand August 2020).
Frage 2:
Ist es bekannt, wie viele Obdachlose ihren Hund bei Kälte in das Tierheim abgeben und wie viele ihn nicht abgeben?
Antwort:
Eine Anfrage beim Münchener Tierheim hat keine aussagekräftigen Zahlen oder belastbaren Auskünfte ergeben. Das Münchener Tierheim kann Hunde von obdachlosen Menschen für einen begrenzten Zeitraum aufnehmen.
Nach den Erfahrungswerten der oben genannten Praktikerinnen und Praktiker nehmen Menschen mit Hund, die auf der Straße leben, das Angebot, ihren Hund abzugeben, nicht in Anspruch. Wahrscheinlicher ist es, dass die Hunde oder andere Haustiere vorübergehend bei Bekannten oder Verwandten untergebracht werden.
Auch an dieser Stelle verweise ich auf die geplante Studie „Obdachlose Menschen auf der Straße in der Landeshauptstadt München“
Laut Auskunft der zuständigen Unterabteilung 1, Veterinäramt (KVR-I/51) erhebt das Kreisverwaltungsreferat keine validen statistischen Daten zum Thema Obdachlose mit Hund in Verbindung mit Tierwegnahmen.
Das KVR wird ausschließlich im Vollzug bzgl. Tierwegnahmen tätig, aber nur im Fall von berechtigten Tierschutzgründen und hinsichtlich nachweislicher Verstöße gegen das Bayerische Tiergesundheitsgesetz BayAGTier-GesG (z.B. im Zusammenhang von illegalen Tierverbringungen aus dem Ausland und/oder mit fehlenden Schutzimpfungen gegen Tollwut).
Das KVR nimmt in berechtigten Fällen, wo Zwangsmaßnahmen ausgeübt werden, keine Differenzierung vor, ob es sich um eine obdachlose Person oder um Bürgerinnen und Bürger mit festem Wohnsitz handelt. Zumindest wird diesbezüglich keine vermehrte Einsatzfrequenz bei Obdachlosen festgestellt.
Die im Einzelfall über das Jahr gemachten Meldungen von Privatpersonen über Obdachlose mit Hunden, in denen das KVR tätig werden muss, bewegen sich in einer nicht relevanten Größenordnung. Zudem ist das KVR auch nur bei Zwangswegnahmen involviert, nicht bei freiwilliger Tierabgabe über das Tierheim München.
Frage 3:
Welche Einrichtungen in München ermöglichen es, seinen Hund mit übernachten zu lassen?
Antwort:
In den städtischen und verbandlichen Clearinghäusern können unter bestimmten Umständen wohnungslose Einzelpersonen oder Familien mit Hund einziehen (z.B., wenn es sich um einen Therapiehund handelt). Weiterhin wird eine Aufnahme mit Hund vereinzelt in gewerblichen Beherbergungsbetrieben (sogenannten „Pensionen“) geduldet und ist auch als Ausnahmeregelung in verbandlichen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe möglich. In städtischen Notquartieren sowie in den Akuteinrichtungen für wohnungslose Männer (Haus an der Pilgersheimerstraße) und für Frauen (Karla 51) ist eine Aufnahme mit Hund nicht möglich.
Im derzeit bestehenden Übernachtungsschutz auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne können in den Wintermonaten drei Personen mit Hund in extra dafür bereitgestellten Übernachtungscontainern untergebracht werden.
Im Notfall können obdachlose Frauen mit Hund auch für ein, zwei Nächte – bis zur weiteren Klärung – in der Bahnhofsmission nächtigen.
In allen Fällen darf es sich nicht um gefährliche/unverträgliche Hunde oder sogenannte „Kampfhunde“ bzw. Listenhunde handeln. Zum Schutz der anderen Bewohnerinnen und Bewohner und auch der Mitarbeitenden können diese Hunde in Unterkünften und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe nicht aufgenommen werden.
Frage 4:
Falls nicht: Gibt es Träger, die Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose mit ihren Hunden in Zukunft anbieten könnten?
Antwort:
Bei der derzeit laufenden Neuplanung des ganzjährigen Übernachtungsschutzes in der Lotte-Branz-Straße sind auch Plätze für obdachlose Frauen und Männer mit Hunden vorgesehen. Eine ausführliche Darstellung dieser Planungen findet sich in der Antwort auf den StRsantrag Nr. 14-20/A 06660 (Neubau des Übernachtungsschutzes: Übernachtungsmöglichkeit für Menschen mit Tieren einplanen) vom 5.8.2020.
Weiterhin hat ein erfahrener Träger der Münchner Wohnungslosenhilfe im Januar 2020 eine Konzeptidee für eine Einrichtung für wohnungslose Frauen mit Hund eingebracht. Dieses Projekt wurde aufgrund der Einsparvorgaben aufgrund der Coronapandemie und derzeit noch fehlender passender Räumlichkeiten vorläufig zurückgestellt.Grundsätzlich sieht das Sozialreferat einen Bedarf für Unterbringungsplätze für obdach-/wohnungslose Personen mit Hunden. Es gilt allerdings zu Bedenken, dass ein Hund (oder ein anderes Haustier) ein wesentliches Vermittlungshemmnis auf dem Wohnungsmarkt darstellt und dass insbesondere in Familienunterkünften die Haltung von Hunden aufgrund einer möglichen Gefährdung der dort lebenden Kinder von Seiten des Amtes für Wohnen und Migration kritisch gesehen wird.
Frage 5:
Falls nicht: Welche Möglichkeiten gibt es für die Stadt München, einen solchen Kälteschutz für Obdachlose mit Hund rechtzeitig vor der nächsten Kälteperiode einzurichten?
Antwort:
Siehe Antworten zu den Fragen 3 und 4.
Weitere Plätze für obdach-/wohnungslose Personen mit Hunden können aktuell für den Winter 2020 nicht geplant und eingerichtet werden. Aufgrund der Coronapandemie und der bevorstehenden „zweiten Welle“ im Herbst/Winter 2020 steht das Sozialreferat und die Träger der Wohnungslosen- und Flüchtlingshilfe vor äußerst schwierigen Aufgaben, die aktuell prioritär behandelt werden müssen.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.