Werden die Gewofag-Siedlungen heruntergewirtschaftet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor und Heike Kainz (CSU-Fraktion) vom 6.7.2020
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Uni. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 16.7.2020 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass aus der Presse zu erfahren ist, dass die Mieterinnen und Mieter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG ihrem Ärger über das vor zwei Jahren umgestellte Hausmeistersystem Luft gemacht haben. Die Hausmeisterleistungen seien erheblich teurer und gleichzeitig erheblich schlechter geworden. Die Nebenkosten wären kräftig erhöht worden. Die GEWOFAG-Anlagen drohten zu verkommen. In der Anlage am Karl-Marx-Ring bröckelten die Balkone und die Fassaden, es gäbe Tauben und Ratten. In der Ramersdorfer Anlage seien die Böden in den Müllhäusern klebrig oder rutschig. Nachdem seit der Umstellung die Hausmeister nicht mehr in der Siedlung wohnten, landeten die Mieterinnen und Mieter bei Anrufen in der Warteschleife, sie erreichten niemanden. Zu all dem fehle ein funktionierendes Kontrollsystem. Es wird angenommen, dass die GEWOFAG sich das Geld für die Instandhaltungen und Reparaturen über die Erhöhung der Nebenkosten holt. Der Mieterverein erwäge, dagegen eine Klage zu erheben. Daraus ergeben sich folgende Fragen:
Frage 1:
Wie sieht das vor zwei Jahren umgestellte Hausmeistersystem genau aus?
Antwort:
Bis zum Jahr 2013 gab es für jeden der seinerzeit 317 Bezirke eine/einen Hausmeisterin/Hausmeister, der für einen eigenen Bezirk verantwortlich war. Es gab einen hohen Grad an Teilzeitbeschäftigten. Die Hausmeisterinnen bzw. Hausmeister waren dezentral organisiert, d.h. es gab keine eigene Organisationseinheit, so dass keine einheitlichen Standards für das Leistungsbild, die Leistungserbringung, zur Personalführung und Personaleinsatzplanung vorlagen. Daher wurden viele ortsgebundene Verträge abgeschlossen. Wegen der Kleinteiligkeit verschiedener Bezirke wurden Leistungen häufig fremd vergeben.Durch eine Überarbeitung des Modells in 2013 wurden die Leistungen für alle Hausmeisterinnen/Hausmeister und Mieterinnen/Mieter vereinheitlicht. Die Bedarfsbewertung erfolgte danach unter objektiven Kriterien und die Regelungen für Fremdvergaben wurden optimiert.
Alle Bezirke wurden mit Vollzeitkräften besetzt, die Führungskräften direkt zugeordnet waren.
Vertretungsregelungen, Steuerung und Kontrolle wurden optimiert.
In 2017 wurde das bisherige Hausmeistermodell umgestellt auf Teamarbeit in Serviceeinheiten. Statt 317 einzelner Hausmeisterbezirke gibt es seither 26 Serviceeinheiten. Jedes Team besteht abhängig von der Größe der Serviceeinheit aus 3-8 Hausmeisterinnen/Hausmeister. Hausmeister-Bezirke wurden zu Quartieren gebündelt, die von professionellen Hausmeister-Arbeitsteams betreut werden.
Die Serviceeinheiten wurden aufgrund der örtlichen Lage (Streubesitz o.ä.), der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen (bestehende Arbeitsverträge), über die Gleichartigkeit der Anlagenstruktur (Gebäude, Außenflächen, Grünflächen, Spielplätze usw.), über die Anzahl der Wohneinheiten usw. definiert. Ausfallzeiten durch z.B. Krankheit oder Urlaub innerhalb der neu gebildeten Hausmeister-/Arbeitsteams werden durch andere Serviceeinheiten und/oder durch externe Dienstleister abgedeckt. Ein neues Leistungsbild auf Massen- und Basis von Leistungsfaktoren wurde geschaffen, externe Hausmeisterleistungen bedarfsorientiert eingekauft. Mit der Umstellung konnte eine neue Verrechnungssystematik umgesetzt werden und eine sehr hohe Sicherheit bei der Zuordnung der umlegbaren Hausmeister-Kosten auf die spezifischen Abrechnungseinheiten erreicht werden. Zudem konnte ein deutlich besserer Leistungsnachweis (einheitliche Leistungsbilder und Abwicklungsvorgaben) auf Ebene der einzelnen Abrechnungseinheit erreicht werden.
Im Zuge der Modellfortschreibungen galt es zu berücksichtigen, dass die GEWOFAG bei der Reform des Hausmeister-Konzepts den gesamten
Konzern im Blick haben musste. Dabei weisen die Wohnanlagen von GE-WOFAG und HEIMAG durchaus unterschiedliche Anforderungen auf. Hinzu kam, dass interne und äußere Faktoren auf das Arbeitsgebiet der Hausmeisterinnen/Hausmeister einwirken, wie z.B. unterschiedliches Verhalten sich verändernder Mieterschaften, auf das die GEWOFAG keinen oder nur sehr geringen Einfluss hat.
Mit Eingliederung der HEIMAG in den GEWOFAG-Konzern wurden zum
1.1.2016 das Personal und die Leistungen der HEIMAG vollständig in die GEWOFAG übernommen. Die Hausmeisterinnen/Hausmeister der HEI-MAG wurden im Jahr 2016 organisatorisch der Gesellschaft Wohnforum zugeordnet. Für das Jahr 2016 erfolgten die Abrechnungen der Hausmeisterleistungen auf dem Kostenniveau des Vorjahres.
Bei den Hausmeisterleistungen der GEWOFAG und HEIMAG bestanden
sehr unterschiedliche Grundlagen im Leistungsbild, in der Leistungserbringung und Verrechnung. Die Eingliederung der HEIMAG in den GEWOFAG Konzern erforderte jedoch eine einheitliche Ausgestaltung aller Tätigkeiten der Hausmeisterleistungen für das gesamte Unternehmen.
Daher hat die GEWOFAG im Sinne der Gesamtwirtschaftlichkeit unter Anwendung der aktuellen Rechtslage eine Überarbeitung und Angleichung des Hausmeistermodells vorgenommen. Die Rahmenbedingungen erforderten ein Konzept, das einerseits Synergien schafft und andererseits den unterschiedlichen Anforderungen der Wohnanlagen Rechnung trägt, also eine Balance zwischen der Dienstleistungsqualität für die Mieterschaft und einem organisatorisch vertretbarem Aufwand für die Bereitstellung dieser Leistung. Dabei muss die GEWOFAG immer die Gesamtwirtschaftlichkeit und Rechtskonformität sicherstellen.
In diesem Zuge wurde das Leistungsbild der Hausmeistertätigkeiten der HEIMAG angepasst. So wurden die bisher durch die Hausmeisterinnen/ Hausmeister erbrachten Winterdienstleistungen für maschinenräumbare Flächen in einen bereits bestehenden Rahmenvertrag aufgenommen und damit an Fremdfirmen vergeben. Darüber hinaus sind im neuen Hausmeisterkonzept bestimmte Reparaturleistungen weggefallen. Hinzugekommen sind jedoch regelmäßige Kontrolltätigkeiten usw.. Seit der vollständigen Eingliederung der HEIMAG in die GEWOFAG werden auch in den HEIMAG-Siedlungen die Hausmeisterkosten nach der im GE-WOFAG-Konzern gültigen Berechnungsmethode umgelegt. Diese Methodik ist branchenweit üblich.
Frage 2:
Inwieweit führte das umgestellte Hausmeistersystem dazu, dass notwen- dige Renovierungsmaßnahmen nicht erkannt bzw. nicht durchgeführt wurden?
Antwort:
Nach Darstellung der GEWOFAG hat die Umstellung des Hausmeistersystems keinerlei Auswirkung auf Renovierungsmaßnahmen der GEWOFAG. Die GEWOFAG hat einen Gebäudebestand, der sich seit den Gründerzeiten bis heute erstreckt und mit einem entsprechend hohen Instandhaltungsbedarf verbunden ist. Die Auswahl der zu sanierenden Gebäude erfolgt auf der Basis einer Portfoliostrategie, die sowohl finanzielle, technische aber auch mieterspezifische Anforderungen berücksichtigt.
Frage 3:
Wie und in welchen Zeiträumen kontrolliert die Gewofag den Zustand ihrer Anlagen?
Antwort:
Die Hausmeisterserviceteams der GEWOFAG führen regelmäßige Sichtkontrollen auf offensichtliche Mängel sowie Funktionskontrollen durch. Erkannte Gefahrenquellen werden sofort beseitigt oder gesichert. Insbesondere werden Spielplätze mit Zuwegen wöchentlich kontrolliert und die Außenanlagen begangen. Ebenso werden Eingangsbereiche, Treppenhäuser und Gemeinschaftsflächen wöchentlich beziehungsweise bei Bedarf kontrolliert. Die Tiefgaragen werden im monatlichen Turnus begangen und die Beleuchtung auf Funktionsfähigkeit geprüft. Zusätzlich finden wöchentliche Sicht- und Funktionskontrollen der Aufzugsanlagen auf ordnungsgemäßen Betrieb statt. Im Zuge der genannten Prüfungen werden Mängel gemeldet und Verunreinigungen beseitigt.
Zusätzlich verfügt der GEWOFAG-Konzern über eigene Mitarbeitende, die die Bestände auf Mängel und Gefahren prüfen und diese regelmäßig begehen. Hierbei finden quartalsweise Spielplatzprüfungen, halbjährliche Begehungen der Gebäude und jährliche Kontrollen des Baumbestandes, der Garagen- und Tiefgaragen sowie der Gebäudezeilen statt.
Eine Zustandsbewertung der Liegenschaften ist über die in Frage 2 dargestellte Portfoliostrategie berücksichtigt.
Frage 4:
Womit werden etwaige Erhöhungen der Nebenkosten begründet?
Antwort:
Der Anteil der durch die GEWOFAG selbst bereitgestellten Leistungen der Hausmeisterkosten für die Betriebs- und Heizkostenabrechnung stellt mit ca. 11% an der Gesamtleistung einen kleineren Teil des Abrechnungsergebnisses dar. Erhöhungen in diesem Bereich entstehen zum einen durch tarifvertragliche Anpassungen im Bereich der Personalkosten in der GE-WOFAG, hier erfolgten in den vergangenen Jahren Erhöhungen von ca. 2% im Jahr. Weitere Faktoren sind marktübliche Kostenentwicklungen durch Inflation und Indexanpassungen bei zugekauften Leistungen. Bei zugekauften Leistungen muss die GEWOFAG dem Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber entsprechen.
Frage 5:
Inwieweit wirkt sich die Umstellung des Hausmeistersystems auf die Nebenkosten aus?
Antwort:
Trotz der Zugänge von Neubauten und Ankäufe, tarifvertraglicher Anpassungen im Bereich der Hausmeisterinnen/Hausmeister, marktüblicher Kostenentwicklungen durch Inflation und Indexanpassungen bei zugekauften Leistungen liegen die Hausmeisterkosten für den Gesamtbestand der GEWOFAG in den letzten Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau mit lediglich geringen Schwankungen von 1%.
Die Eingliederung der HEIMAG in den GEWOFAG-Konzern und die Angleichung des Hausmeistermodells war jedoch auch mit Veränderungen verbunden. So erfolgte insbesondere für Mieterinnen/Mieter der HEIMAG-Anlagen eine Angleichung der Abrechnungssystematik.
Frage 6:
Wie will die Gewofag auf die Beschwerden und etwaige Klagen der Mieterinnen und Mieter reagieren?
Antwort:
Im Zuge der Umstellung des Hausmeistermodells 2017 wurde von der Geschäftsführung beschlossen, das Modell ca. 2 Jahre nach Einführung einer Evaluierung zu unterziehen. Diese Evaluierung fand in 2019 statt und es wurde eine Vielzahl von Handlungsfeldern zur Optimierung des Modells definiert, die sukzessive aufgenommen und abgearbeitet werden.
Mit der Implementierung der Optimierungsmaßnahmen soll das bestehen- de Hausmeistermodell noch effizienter gestaltet, die Qualität der Leistungen weiter erhöht, die Präsenz in den Siedlungen optimiert und Ressourcenoptimierungen generiert werden. Weiterhin sollen damit die Abläufe beschleunigt, Wartezeiten auf Erledigungen verringert und eine zeitnahe Problemlösung sicher gestellt werden.
Ziel der Optimierungsmaßnahmen ist es, Hausmeisterleistungen noch bedarfsgerechter einzusetzen und dadurch Ressourcen zu schaffen um damit Quantität, Qualität und die Präsenz vor Ort zu erhöhen. Zudem beabsichtigt die GEWOFAG, Maßnahmen zu generieren, die für Mieterinnen/Mieter erkennbar machen, dass Hausmeisterinnen/Hausmeister in den Wohnanlagen vor Ort sind.
Unter anderem sind Maßnahmen in folgenden Themenfeldern geplant und in Umsetzung:-Intensivierung der internen Betreuung der Hausmeisterinnen/Hausmeister vor Ort zur Steigerung der Effizienz, der Qualität und der Optimierung der Außenwirkung.
-Optimierung Fremd-/Eigenleistung, um den wirtschaftlichsten Leistungsbezug zu gewährleisten.
-Digitalisierung von verschiedensten Tätigkeiten, Reduktion von Verwaltungstätigkeiten usw., um weitere Ressourcen für die operative Arbeit vor Ort zu schaffen.
-Optimierung der Prozesse im Unternehmen und Reduzierung von
Schnittstellen, schnellere Beauftragung von Leistungen, um weitere Ressourcen für die Arbeit vor Ort zu schaffen und schneller auf die Anliegen der Mieterinnen/Mieter reagieren zu können.
-Einsatz von verbesserten Auftragsverfolgungssystemen, um schnell und qualitativ Auskunft über den Bearbeitungsstand von Maßnahmen oder Mieterinnen-/Mieteranliegen geben zu können.
-Optimierung des Leistungsbildes inklusive der Leistungszyklen der Hausmeisterinnen/Hausmeister.
-Durchführung von Kleinstreparaturen durch Hausmeisterinnen/Hausmeister vor Ort, um schnell kleinere Störungen pragmatisch beheben zu können.
-Optimierung der Durchführung von Kontrollaufgaben.
-Erhöhung der Präsenz der Hausmeisterinnen/Hausmeister vor Ort und Optimierung der Abläufe und Einsatzpläne, sowie durch eine verbesserte Taktung der Leistungserbringung.
Die aufgeführten Maßnahmen sind nach Aussage der GEWOFAG bereits in der Planung bzw. konzeptioniert und werden sukzessive umgesetzt. Ziel ist es, eine Vielzahl der oben genannten Maßnahmen im Laufe von 2020 zu implementieren und den Erfolg sicher zu stellen.
Weiterhin hat die Geschäftsführung der GEWOFAG als Folge der Mieterinnen-/Mieterfragen im Mieterinnen-/Mieterbeirat am 13.7.2020 runde Tische mit Mieterinnen/Mieter einberufen und auch bereits durchgeführt. Diese sollen dem offenen Austausch zu den vorgebrachten Themen Hausmeisterinnen-/Hausmeisterdienstleistungen und Nebenkosten dienen. Zudem wird die GEWOFAG sog. Siedlungshausmeister einsetzen, die zusätzlich zu den Hausmeister-Serviceteams direkt vor Ort im Einsatz sind und die eng in Kontakt mit den Mieterinnen/Mieter stehen, deren Anliegen qualifiziert behandeln, aber auch schnelle Störungsbehebungen sicher stellen. Sie agieren als Schnittstelle zwischen Mieterinnen/Mieter, Hausmeisterinnen/ Hausmeister der Serviceteams, zuständigem Mieterinnen-/Mieterzentrum und GEWOFAG-Kundenservice. Dadurch sollen Kundenanliegen schnellerund mit noch höherer Qualität bearbeiten werden können. Die Mehrkosten für den Einsatz der Siedlungshausmeisterinnen/-hausmeister werden nicht an die Mieterinnen/Mieter weitergegeben.
Weiterhin haben sich die GEWOFAG und der DMB Mieterverein München darauf geeinigt, dass das Modell der Nebenkostenberechnung für die Hausmeisterinnen-/Hausmeisterleistungen von einem unabhängigen Gutachter geprüft wird. Eine/Ein von beiden Stellen beauftragter Schiedsrichterin/Schiedsrichter wird die Rechtsfrage entscheiden, ob die GEWOFAG die Hausmeisterinnen-/Hausmeisterkosten bei den Nebenkosten juristisch richtig auf die einzelnen Wohnblöcke der Mieterinnen/Mieter umlegt.
Die GEWOFAG versichert, dass ihr die Zufriedenheit der Mieterinnen/Mieter besonders wichtig ist.
Die Antwort ist mit der GEWOFAG abgestimmt.