Ein halbes Jahr Klimanotstand und nichts ist passiert?
Anfrage Stadtrat Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/FW) vom 10.7.2020
Antwort Referat für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„In der Vollversammlung vom 18. Dezember 2019 hat der Münchner Stadtrat den Klimanotstand für München beschlossen. Damit wurde eine Klimaschutzprüfung bei allen relevanten Beschlüssen der Stadtverwaltung eingeführt. Es werden die Klimarelevanz und die sozialen Auswirkungen der Beschlussfassung dem Stadtrat in der entsprechenden Vorlage in einem eigenen Passus dargestellt.
Seitdem sind eine Reihe von Beschlussvorlagen dem Stadtrat vorgelegt und von diesem auch verabschiedet worden. Mir ist bisher bei keiner der Vorlagen ein Passus zur Klimaschutzprüfung aufgefallen. Klar ist, dass es eine Weile dauert bis Beschlüsse bei den Stadtratsvorlagen umgesetzt werden. Aber der Begriff (Klima-) Notstand impliziert eine außergewöhn- liche Situation, in der es eben vor allem auf schnelles und konsequentes Handeln ankommt.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Hält die neue Koalition im Rathaus an dem Beschluss zum Klimanotstand fest?
Antwort:
Der Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 18.12.2019 (Sitzungsvorlage 14 – 20/V 16525) ist für die Stadtverwaltung bindend.
Frage 2:
Wurden die Referate angewiesen, den Beschluss vom 18.12.2019 umzusetzen? Wenn ja, wie sieht die Anweisung aus?
Antwort:
Mit Antragspunkt 10 wird die Landeshauptstadt München insgesamt beauftragt, eine Klimaschutzprüfung bei klimarelevanten Beschlüssen einzuführen.
Unmittelbar nach Beschluss der neuen Klimaschutzziele in der Vollversammlung vom 18.12.2019 hat das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) alle Referate über die neue Beschlusslage informiert. Dabei hatdas RGU die Referate auch gebeten, für ihren Zuständigkeitsbereich und für die betreuten Beteiligungsgesellschaften zu prüfen, wie die neuen Zielsetzungen erreicht werden können und welche Maßnahmen und Finanzmittel dafür notwendig sind. Diese Fragen wurden in einer Sitzung des IHKM-Lenkungskreises am 29.1.2020 vertieft und alle Referate gebeten, für ihren Zuständigkeitsbereich einschließlich der betreuten Beteiligungsgesellschaften die notwendigen Schritte in den zu entwickelnden Maßnahmenplan der Landeshauptstadt zur Erreichung der Klimaneutralität einzubringen und den gegebenenfalls notwendigen Ressourcenbedarf zum Haushalt anzumelden. Dabei wurde unter anderem auf die Beschlusspunkte 10 und 11 des zentralen Klimaschutzbeschlusses vom Dezember 2019 hingewiesen.
Mit Antragspunkt 11 wurde Folgendes beschlossen: „Das RGU wird beauftragt, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem künftig klimarelevante Beschlussvorlagen der Stadtverwaltung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Klimaschutz beurteilt werden.“
Die vom Stadtrat im Grundsatz beschlossene Klimaschutzprüfung ist aus Sicht des RGU ein wesentlicher Hebel, die Klimaschutzziele über das Integrierte Handlungsprogramm Klimaschutz in München (IHKM) hinaus in die Stadtverwaltung zu tragen und das Ziel der Klimaneutralität gezielt anzugehen. Da die Umsetzung jedoch zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht konkretisiert werden konnte, bedarf es aus Sicht des RGU noch eines gesonderten Umsetzungsbeschlusses, in dem das Vorgehen im Detail und in seiner Bindungswirkung für alle Referate abschließend festgelegt wird. Hinzu kommt, dass bei durchschnittlich fast 2.000 Beschlussvorlagen pro Jahr trotz Vorauswahl nach Relevanz ein erheblicher Personalaufwand zu erwarten ist. Diese Fragen müssen vor Einführung des Verfahrens geklärt werden. Das RGU hat sich in den letzten Monaten bereits eingehend mit der Klimaschutzprüfung befasst und ein Umsetzungskonzept mit Struktur- und Verfahrensvorschlägen entwickelt, das derzeit auf Arbeitsebene mit anderen Referaten erörtert wird. Außerdem recherchiert das RGU laufend bei anderen Städten hinsichtlich deren Vorgehen bzw. deren Praxiserfahrungen. Auf dieser Basis arbeitet das RGU ein zielführendes Verfahren zur Behandlung im Stadtrat (1. Quartal 2021 geplant) aus.
Der Austausch mit anderen Kommunen zeigte allerdings auch die Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Aufgabe. Neben München planen zwar viele weitere Kommunen in Deutschland die Einführung einer Klimaschutzprüfung, aber bislang liegen nur wenige realisierte Praxisbeispiele vor. Im Rahmen des vom Bund geförderten Projekts „Klimaschutz in öffentlichen Projekten (KöP)“ mit dem Städtenetzwerk „Klima-Bündnis“ unddem ifeu-Institut als Projektpartner, wird diese Thematik ebenfalls behandelt. Mit Abschluss des Projekts soll allen interessierten Kommunen ein Excel-basiertes Tool zur Verfügung gestellt werden, das die Durchführung einer Klimaschutzprüfung unterstützen kann. Weitere Informationen unter: http://www.klimabuendnis.org/aktivitaeten/projekte/klimaschutz-in-oeffentlichen-projekten-koep.html.
Frage 3:
Wie viele Klimaschutzprüfungen im Sinne des Beschlusses wurden bisher durchgeführt?
Antwort:
Bisher sind die Voraussetzungen noch nicht gegeben (siehe Antwort auf Frage 2). Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie haben sich diese Arbeiten leider verzögert.
Frage 4:
Wie häufig wurde die Relevanz eines Beschlusses für den Klimaschutz festgestellt?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 3.
Frage 5:
Wie häufig wurde in diesen Fällen der Passus zum Klimaschutz in die Beschlussvorlage aufgenommen?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 3.
Frage 6:
In wie vielen Fällen wurde aufgrund des beschlossenen Klimanotstandes bzw. der Klimaschutzprüfung eine Beschlussvorlage geändert?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 3.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.