Unsere Bäume in München schützen III Wie werden ökologische Vorgaben bei Bauvorhaben begleitet und überprüft? Das Beispiel eines 80 Jahre alten Ahorns in der Ysenburg- straße 18 in München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Sabine Krieger und Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 26.11.2019
Antwort Stadbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 26.11.2019 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Eine Herausforderung der baulichen Nachverdichtung in München ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Grün zu erhalten. Gerade Groß- bäume sind für München unentbehrlich, sie geraten aber besonders oft in Bedrängnis – z.B. bei Nachverdichtungen in Hinterhöfen, etwa in der Ysen- burgstraße 18 in München. Hier steht ein etwa 80 Jahre alter Ahorn mit einer Höhe von ca. 13-15 Metern im Hinterhof, in dem anstelle der bishe- rigen Garage nun ein 3-stöckiges Einzelhaus errichtet wird. Der Baum soll erhalten bleiben, das geplante Wohnhaus ist dementsprechend geplant. Ein im Auftrag der Anwohnerinnen erstelltes Gutachten hat allerdings ei- nen Konflikt festgestellt: Laut Gutachten ist die Größe des Baumes nicht korrekt im aktuellen Bauplan angezeigt. Sollte der Baum aber richtig ein- gezeichnet werden, kann das Gebäude in seiner geplanten Struktur nicht gebaut werden.
Zudem sehen die Anwohnerinnen die seit einem halben Jahr fortschrei- tende Baustelle mit großer Sorge, da der Baum beim Bauvorgang immer wieder in Mitleidenschaft gezogen wird. In der Vergangenheit gab es im- mer wieder Fälle, bei denen gesunde wertvolle Großbäume durch Unacht- samkeit während des Baustellenbetriebs so geschädigt wurden, dass sie danach kranke Bäume waren und gefällt werden mussten.“
Frage 1:
Ist der Baum im aktuellen Bauplan korrekt in seiner Größe angezeigt? a. Wenn ja – ist das Gebäude dann in der geplanten Art und Weise zu ver- wirklichen?
b. Wenn nein – wie ist das weitere Vorgehen? Muss das Gebäude verklei- nert werden – oder wird der Baum zur Fällung freigegeben?Antwort:
Im Baumbestandsplan wurde die Baumkrone bislang etwas zu klein dargestellt. Seitens der Unteren Naturschutzbehörde wurden neue Baumbestandspläne mit der korrekten Darstellung nachgefordert.
Seitens der Unteren Naturschutzbehörde wurde von Anfang an der Erhalt des Quartier prägenden Berg-Ahorn-Baumes gefordert, und bislang ist der Baum in allen Unterlagen auch zum Erhalt dargestellt.
Zum Erhalt des Baumes ist es daher DIN-gemäß (DIN 18920) erforderlich, bei einem Neubau die Kante der vorhandenen Garage sowohl ober- als auch unterirdisch nicht zu überschreiten und den Bereich zwischen dieser Kante und dem Baumstamm im Wurzel- und im Kronenbereich von allen künstlichen Einbauten freizuhalten. Das Gebäude wurde daraufhin auf diese Kante zurückgenommen.
Eine Fällung ist nicht erforderlich, wenn bei allen Maßnahmen im Hof sorgfältig vorgegangen wird und Schutzmaßnahmen strikt eingehalten werden. Vom Antragsteller wurde eine Umweltbaubegleitung angeboten.
Bei einer zwischenzeitlich in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführten Wurzelsuchgrabung entlang der Vorderkante der Garage wurde festgestellt, dass eine Starkwurzel des Baumes gekappt werden muss. Aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde gefährdet dies jedoch nicht die Standsicherheit und damit den dauerhaften Erhalt des Baumes.
Der Kronenbereich und der Hofbereich bzw. übrige Wurzelbereich müssen aber gesichert werden, um Beschädigungen des Baumes während der Bauzeit auszuschließen. Dafür wurden zusätzliche, über den Regelfall hinausgehende Unterlagen, gefordert, u.a. ein Baustelleneinrichtungskonzept mit technischen Angaben zur Andienung der Baustelle. Die bislang vom Architekten übermittelten Informationen sind zu einer abschließenden Beurteilung noch nicht ausreichend.
Ein Rückschnitt der Krone wird allerdings nicht vermeidbar sein. Der Baum wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach fachgerecht beschnitten, dies ist bei einem großen Baum mit beengtem Standraum, wie in diesem Fall, auch ohne Baumaßnahmen allein durch das Kronenwachstum erforderlich und auch mit der Baumschutzverordnung vereinbar, gegebenenfalls mit einer Ausnahmegenehmigung.Frage 2:
Welche Vorgaben gibt es bei einer ökologischen Baubegleitung/Umwelt- baubegleitung in München, besonders für den Baumschutz? Was ist in der Baugenehmigung vorgeschrieben, was ist in Verträgen mit den Bauherren vorgeschrieben und wie konkret sind die Vorgaben?
Antwort:
In der Baugenehmigung werden als Auflage die Zeitpunkte festgelegt, zu denen schriftliche Berichte der Unteren Naturschutzbehörde zur Prüfung vorgelegt werden müssen.
Die mit der Umweltbaubegleitung beauftragte Fachperson begleitet und überwacht die Ausführung der naturschutzrechtlichen Auflagen aus der Baugenehmigung engmaschig während der Bauzeit zusätzlich zu behördlichen Kontrollen. Sie wird vom Bauherren vertraglich gebunden. Bei unvorhergesehenen Erkenntnissen (z.B. Wurzelverläufe) oder technischen Abweichungen zum Antrag ist die Untere Naturschutzbehörde einzuschalten. Verträge mit den Bauherren werden bei derartigen Anträgen vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung nicht vorgeschrieben oder abgeschlossen.
Frage 3:
Welche Kontrollen, die die Einhaltung der Vorgaben der ökologischen Bau- begleitung/Umweltbaubegleitung überprüfen gibt es? Wird ein Nichteinhal- ten der Vorgaben sanktioniert und wenn ja, wie?
Antwort:
Die Umweltbaubegleitung unterstützt den Bauherren dabei, den Schutz der Bäume während der gesamten Bauzeit entsprechend den Vorgaben aus der Baugenehmigung und einschlägigen fachlichen Regeln einzuhalten.
Kontrollen durch die Behörde finden davon unabhängig wie bei allen Baumaßnahmen statt.
Auch die Sanktionierung von Verstößen (Bußgeld, Baueinstellung) entspricht dem allgemeinen Vorgehen.
Um sicherzustellen, dass die Baumschutzmaßnahmen den Auflagen entsprechend ausgeführt werden, können diese zusätzlich aufschiebend bedingt werden. Damit müssen die beauflagten Maßnahmen vor Baubeginn umgesetzt, schriftlich angezeigt und von der Unteren Naturschutzbehörde abgenommen werden.
Die Abwicklung einer Baustelle ist ein über viele Monate andauernder und durch viele unterschiedliche Beteiligte gekennzeichneter Vorgang. DerErhalt von Bäumen ist nur bei zeitlich durchgehender und vollständiger Beachtung aller am Baugeschehen Beteiligten gewährleistet. Hierin liegt auch das grundsätzlich vorhandene Risiko für Bestandsbäume.
Durch die Kooperationsbereitschaft der Bauherren zum Erhalt von Bäumen und eine Umweltbaubegleitung kann, besonders in äußerst räumlich beengten Fällen, dieses Risiko stark gemindert werden.