Wir handeln gegen Armut – Münchner Armutskonferenz auf den Weg
bringen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Roland Hefter, Anne Hübner, Christian Köning, Barbara Likus, Lars Mentrup, Christian Müller, Cumali Naz, Micky Wenngatz (SPD/Volt-Fraktion) und Anja Berger, Dr. Hannah Gerstenkorn, Nimet Gökmenoglu, Sofie Langmeier, Marion Lüttig, Clara Nitsche, Bernd Schreyer, Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 10.7.2020
Antwort Sozialreferat:
Sie beantragen, regelmäßig eine Münchner Armutskonferenz durchzuführen. Die erste Konferenz in dieser Reihe soll im Jahr 2020 stattfinden.
Das Sozialreferat hat bereits – der Intention Ihres Antrags entsprechend – Vorbereitungen für eine Münchner Armutskonferenz getätigt. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
In der Sitzung der Vollversammlung des Stadtrats vom 27.11.2019 wurde der Vorschlag des Sozialreferats, im 4. Quartal 2020 eine Armutskonferenz durchzuführen, zustimmend zur Kenntnis genommen; die hierfür notwendigen Sachkosten in Höhe von 120.000 Euro wurden genehmigt. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Konferenz zusammen mit den freien Trägern der Wohlfahrtspflege und beteiligten Dienststellen der Stadtverwaltung wurde deutlich, dass es eine große Vielfalt an Themen und Zielgruppen gibt, die im Rahmen einer Armutskonferenz bearbeitet werden sollen. Es bestand weitgehender Konsens, dass diese Themen nur in einer Reihe von Konferenzen adäquat behandelt werden können, und es wurden konkrete Planungen für die Gestaltung einer derartigen Reihe besprochen. Ich stimme mit der im Antrag formulierten Einschätzung überein, dass Armut in München trotz zahlreicher Maßnahmen der Landeshauptstadt München, der freien Träger der Wohlfahrtspflege und anderer Akteur*innen immer noch ein relevantes Problem ist.
Wie im Antrag formuliert, muss es das Ziel sein, die Situation der von Armut betroffenen oder bedrohten Menschen zu verbessern und ihnen ein Leben in Würde und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Um mit dieser Zielrichtung wirksame Maßnahmen der Armutsbekämpfung zu entwickeln und auf den Weg zu bringen, halte ich die Durchführung von Armutskonferenzen für den richtigen Weg.Im Antrag sind die Personengruppen genannt, die besonders stark von Armut betroffen sind und die im Fokus der Konferenzen stehen sollten, u.a. Alleinerziehende, Flüchtlinge und Menschen, die aufgrund fehlender Perspektiven in ihren Heimatländern nach Deutschland kommen, sowie Menschen mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen.
Die Gleichstellungsstelle für Frauen bittet in ihrer Stellungnahme darum, auf das besonders hohe Armutsrisiko Alleinerziehender hinzuweisen und regt an, die hierfür verantwortlichen gesellschaftlichen Strukturen zeitnah zu beleuchten.
Die Gesamtstädtische Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement regt an, darüber zu diskutieren, wo die Möglichkeiten und Grenzen des Bürgerschaftlichen Engagements von Armut betroffener Menschen sind: Wie können sie dabei unterstützt werden, sich bürgerschaftlich zu engagieren, um damit am gesellschaftlichen Leben teilhaben und durch das Arbeiten im Team auch selbst Unterstützung erhalten zu können? Andererseits müsse deutlich gemacht werden, dass Bürgerschaftliches Engagement nicht als kostengünstiger Ersatz hauptberuflicher Arbeit ausgenutzt werden darf.
Das Referat für Gesundheit und Umwelt weist überdies darauf hin, dass Armut mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko einhergehe. So sei beispielsweise die Morbidität und Mortalität von Menschen, die in Armut leben, deutlich erhöht. Generell bestünden enge Wechselwirkungen zwischen Armut und Gesundheits- sowie Umweltrisiken. Diese Themenfelder sollten in zukünftigen Armutskonferenzen ebenfalls aufgegriffen werden.
Das Sozialreferat wird die Anregungen der Gleichstellungsstelle für Frauen, der Gesamtstädtischen Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement und des Referats für Gesundheit und Umwelt bei der Planung der zukünftigen Armutskonferenzen berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, dass die oben genannten Themen eigene Schwerpunkte bilden oder als Querschnittsthemen bei anderen Schwerpunkten mitberücksichtigt werden.
Die erste Armutskonferenz war bereits für den November 2020 geplant. Wegen der mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen kann die Konferenz jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht stattfinden. Als Ersatztermin ist der 19. Mai 2021 vorgesehen.In der „Planungsgruppe München gegen Armut“, an der Vertreter*innen der Träger der freien Wohlfahrtpflege und verschiedener Dienststellen der Stadtverwaltung teilnehmen, wurde vereinbart, dass das Thema dieser Konferenz „Regelsatz und Niedrigeinkommen“ sein soll.
In diesem Zusammenhang werden insbesondere die Probleme bei der Ermittlung des Regelbedarfs und die damit einhergehenden Restriktionen für die leistungsbeziehenden Haushalte thematisiert. Es sollen darüber hinaus Alternativen diskutiert und auch die im Antrag angesprochenen Handlungsmöglichkeiten Münchens in Bezug auf die Gestaltung des Regelsatzes angesichts der gesetzgeberischen Kompetenzen des Bundes ausgelotet werden. Eingeladen werden die auch im Antrag benannten Akteur*innen: Mitglieder des Stadtrats, Vertreter*innen der freien Wohlfahrtspflege und der Zivilgesellschaft, Wissenschaftler*innen sowie Vertreter*innen der Verwaltung.
Überdies ist für 2021 eine weitere Konferenz mit dem Schwerpunkt „Junge Menschen“ geplant. Im Rahmen dieser Konferenz sollen die besonderen Bedarfe von Armut betroffener Jugendlicher und junger Erwachsener behandelt werden, wobei sichergestellt werden soll, dass diese selbst auf der Konferenz zu Wort kommen und ihre Perspektive einbringen können.
Die Ergebnisse der Konferenzen werden dokumentiert und in der „Planungsgruppe München gegen Armut“ besprochen. Dort werden auch die entsprechenden Konsequenzen für die Armutsbekämpfung auf kommunaler Ebene diskutiert, mit dem Ziel, konkrete Handlungsvorschläge zu formulieren, die dem Stadtrat vorgestellt werden.
Im Antrag wird angeregt, dass die Armutskonferenzen jährlich stattfinden. Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Konferenzen sind mit erheblichem Personal- und Finanzaufwand verbunden. Angesichts der auf absehbare Zeit schwierigen Haushaltssituation halte ich einen einjährigen Rhythmus bereits unter finanziellen Aspekten für derzeit nicht darstellbar. Für eine Armutskonferenz in einer Größenordnung von ca. 150 Personen gehe ich von Kosten in Höhe von ca. 40.000 bis 50.000 Euro aus, die für Referent*innen, Moderation, Saalmiete und technisches Equipment sowie Veranstaltungsmanagement anfallen.
Angesichts der Wichtigkeit des Themas wird das Sozialreferat die Münchner Armutskonferenzen ab 2021 in einem zweijährigen Turnus durchführen. Da keine zusätzlichen Personalkapazitäten zur Verfügung gestellt werden können, schlage ich einen gleichbleibenden Rahmen für die Armutskon-ferenz mit einem jeweils aktuellen Thema, Fachreferaten, ggfs. Podiumsdiskussion vor. Eine umfassenden Nachbereitung bzw. Dokumentation im bisherigen Umfang ist dagegen mit dem vorhandenen Personalkapazitäten so nicht mehr leistbar.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein.
Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.