Neubau des Erdgas-Großkraftwerkes GUD1 in Thalkirchen gutachterlich hinterfragen und im Stadtrat behandeln!
Antrag Stadträte Hans-Peter Mehling und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/FW) vom 9.6.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Sie beantragten, den genehmigten Neubau des Erdgaskraftwerkes GuD1 neu in Thalkirchen einer ernsthaften Prüfung zu unterziehen. Insbesondere ist zu klären, ob statt des Neubaus einer GuD1neu die bisherige GuD1alt nicht zunächst ertüchtigt und zur Besicherung des Fernwärmenetzes erhalten werden muss, bis die bis 2035 fertig gestellte Geothermie diese Funk- tion 2035 übernehmen kann und stromseitig insgesamt eine Entspannung durch die Fertigstellung der Gleichstromhochspannungsübertragung nach Südbayern eingetreten ist.
Bis zum Vorliegen des Ergebnisses sollen alle weiteren (Planungs-)Arbeiten der Stadtwerke München ruhen.
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Strom- und Wärmeerzeugung einschließlich Modernisierungsmaßnahmen fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters, sondern in den operativen Geschäftsbereich der SWM. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Zu Ihrem Antrag nehmen die SWM wie folgt Stellung:
„Im Sinne einer sicheren Versorgung mit Strom und Wärme für die Kunden in München sowie der damit einhergehenden deutlichen Verbesserung des ökologischen Aspekts für den gesamten Standort, ist der vorliegenden Antrag abzulehnen.
Die SWM sind einer der größten Fernwärmeversorger in Deutschland und führend in der Anwendung von innovativer und umweltfreundlicher Erzeugung von Strom und Fernwärme. Die von der Landeshauptstadt München beschlossenen Ziele umzusetzen bildet unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen die Grundlage für alle Entscheidungen bei den SWM. Hierbei sind im Besonderen Parameter wie Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit im Sinneder Kunden maßgeblich. So auch bei der Entscheidung für einen Umbau der GuD1.
Die SWM haben das Ziel, so rasch wie möglich eine ökologische und CO2-neutrale Fernwärmeversorgung sicherzustellen. Wir weisen darauf hin, dass entgegen der Formulierung im Antrag eine reine Fernwärmeversorgung aus Geothermie weder organisatorisch, wirtschaftlich oder technisch realisierbar ist, noch vom Stadtrat beschlossen wurde. Die reine Fernwärmeversorgung aus Geothermie wird nach aktuellem Stand auch nach 2035 nicht realisierbar sein. Aus diesem Grund setzen die SWM, analog zur Bundesregierung mit dem Aktionsplan Wasserstoff, auf ökologische Alternativen zur Erzeugung sowohl in der Fernwärme als auch beim Strom.
Der Standort Süd der SWM ist einer der ältesten und wichtigsten Standorte zur Strom- und Wärmeerzeugung. Die SWM sind dabei, diesen Standort unter Sicherstellung von Versorgungssicherheit nach den Zielsetzungen der Landeshauptstadt München weiterzuentwickeln zum Öko-Energie- standort. Die GuD1 befindet sich seit 1979 in Betrieb. Die eingesetzten Gasturbinen halten die Emissionsgrenzwerte für Stickoxide (NOx ) derzeitig nur knapp ein. Für die Gasturbinen sind zum Teil keine Ersatzteile (insbesondere Heißgasteile wie Turbinenbeschaufelung) mehr am Markt verfügbar. Die Lebensdauerreserve der 2008 und 2009 im Rahmen der lebensdauerverlängerten Maßnahmen an beiden Gasturbinenblöcken eingebauten Heißgasteile wäre beim aktuellen Einsatzregime in wenigen Jahren verbraucht. Zudem sind an der Dampfturbine aufgrund des Maschinenalters sowie der zahlreichen Starts Rissanzeigen an den Entwässerungsstutzen des Hochdruckgehäuses vorhanden. Daher wurde für die GuD1 unter Berücksichtigung des ökologischen Fernwärmeausbaus eine Vielzahl an Modernisierungsvarianten untersucht.
Die Maßnahmen im gesamten Erzeugungspark sowie die ökologische Standortentwicklung vor Ort wurden bei der Festlegung des weiteren Vorgehens grundlegend berücksichtigt. Bis 2020/2021 soll die Errichtung der in Realisierung befindlichen Geothermieanlage Schäftlarnstraße (größte Geothermieanlage in Deutschland) abgeschlossen sein. Daneben wurde der geplante Wärmespeicher zur Optimierung der Fahrweise und Glättung der Spitzenlast berücksichtigt. Die Wärmeeinbindung der Geothermieanlage und des Speichers wird gemeinsam über eine neu zu errichtende Wärmestation realisiert werden.
Bei Umbau und Modernisierung der GuD 1 kommen bei den SWM Gasturbinen zum Einsatz, die bereits heute bis zu 30% Wasserstoff bzw. 100%alternative ökologisch erzeugte Gase mitnutzen können. Die SWM haben sich bewusst für diese Turbinen entschieden, da hier die Möglichkeit zur Umrüstung auf einen reinen Betrieb mit Wasserstoff zukünftig sichergestellt ist. Bei weiterer Verfügbarkeit dieser Brennstoffe ist eine Komplett- umrüstung der Turbinen geplant.
Es wurde auf Grund der klaren Rechtslage eine Genehmigung für eine mit Erdgas befeuerte Erzeugungsanlage beantragt. Hinsichtlich des Einsatzes alternativer Brennstoffe wird aktuell geprüft, ob eine derart befeuerte Erzeugungsanlage derzeit genehmigungsfähig ist. Um eine ökologische Brennstoffversorgung möglichst schnell zu gewährleisten, arbeiten die SWM an verschiedenen Projekten des Aktionsplan-Wasserstoff der Bundesregierung mit.
Die mögliche Einspeiseleistung für Fernwärme am Standort Süd hat sich mit den GuD-Anlagen, dem Wärmespeicher und der Geothermieanlage nicht reduziert. Konzept und Umsetzung der Standortentwicklung stellen sicher, dass bei der Strom- und Fernwärmeerzeugung die Kapazitäten des Standorts vollständig ausgenutzt werden.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.