Situation Streetwork in München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE./Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 2.9.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 2.9.2020 führen Sie Folgendes aus:
„Die Corona Pandemie hat zuerst im Lockdown den Einsatz von Streetwork im klassischen Sinne so gut wie verhindert. Nach Lockerungen, aber gleichzeitig der Nicht-Öffnung oder nur Teil-Öffnung von Jugend- und Sozialeinrichtungen mussten sich Kinder und Jugendliche in München neue, öffentliche Plätze für ihr Sozialleben suchen. So entsteht die Situation, dass Mädchen und junge Frauen, LGBTQI* Jugendliche und Jugendliche mit Migrationshintergrund, für die sonst geschützte Räume existieren, diese nicht mehr im gewohnten Maße aufsu- chen können.
Aufgabe des Sozialreferats und des Streetworks ist es hier, diese Jugendlichen auf der Straße und im öffentlichen Raum aufzusuchen und zu begleiten.
Wie sich hier die aktuelle und zukünftige Situation gestaltet ist Grund unserer Anfrage.“
Mit einer Zwischenmitteilung vom 10.9.2020 wurde um eine Terminverlängerung aufgrund umfänglicher Recherchen und Abstimmungen mit kooperierenden Stellen gebeten.
Zu Ihrer Anfrage vom 2.9.2020 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie viele im Streetwork tätigen Mitarbeiter*innen gibt es aktuell? Bitte aufgliedern nach
- Städtische Streetworkerinnen
- Streetworkerinnen der Wohlfahrtsverbände
- Streetworkerinnen der Kirchen
Und untergliedern nach Streetwork Mitarbeiter*innen der Jugendarbeit, in der Obdachlosenhilfe und in der Arbeit mit Drogenkonsumierenden.
Antwort:
Streetwork wird in der Stadt München über das Sozialreferat und das Referat für Gesundheit und Umwelt angeboten. Im jeweiligen Referatwird die Arbeit entweder durch städtische Mitarbeiter*innen oder durch Zuschussvergabe an freie Träger der Wohlfahrtsverbände oder kirchliche Träger geleistet.
Trotz unterschiedlicher Alters- und Zielgruppen ist die Methodik der Streetworker*innen ähnlich.
Im Vordergrund steht die – oft jahrelange – Beziehungsarbeit mit dem einzelnen Menschen, um eine Reintegration in die Gesellschaft zu bewirken. Streetwork arbeitet mit einem niederschwelligen, parteilichen und akzeptierenden Ansatz. Dies bedeutet, dass die Lebensentwürfe und Strategien der Betroffenen akzeptiert werden, um gemeinsam Lebensperspektiven und Handlungsstrategien zu entwickeln.
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Die Streetwork des Stadtjugendamtes wird von städtischen Mitarbeiter*innen sowie freier Träger der Wohlfahrtspflege und dem Evangelischen Hilfswerk angeboten.
Zielgruppe sind Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 14 – 26 Jahren mit einem entsprechenden Hilfebedarf (geregelt durch § 13 SGB VIII).
-Im Stadtjugendamt gibt es 23 Vollzeitäquivalente für den Bereich Streetwork. Davon sind aktuell 21,25 Vollzeitäquivalente besetzt.
-Der Verein für Sozialarbeit e.V. bietet mit 1,75 Vollzeitäquivalenten stadtteilorientierte Streetwork an.
-Das Projekt ConAction von Condrobs e.V. ist mit 4,25 Vollzeitäquivalenten in der stadtteil- und zielgruppenorientierten Streetwork tätig. -Das Evangelische Hilfswerk bietet mit dem Projekt Marikas mit 3 Vollzeitäquivalenten neben einem Tagestreff und Beratung auch aufsuchende Arbeit (Streetwork) mit der Zielgruppe der sich prostituierenden jungen Männer an.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Das Amt für Wohnen und Migration bietet Streetwork für volljährige Obdachlose oder von Wohnungsverlust bedrohte Personen an.
Sofern dabei Jugendliche angetroffen werden, wird in aller Regel die Jugendstreetwork informiert. Sofern Personen angetroffen werden, bei denen der Gebrauch illegaler Drogen im Vordergrund steht, liegt die Federführung bei der Drogenstreetwork.
Diese Streetwork wird ausschließlich von Mitarbeiter*innen kirchlicher Träger angeboten.Das Evangelische Hilfswerk ist mit verschiedenen Einrichtungen in der Streetwork tätig.
Dazu gehören:
-10 Vollzeitäquivalente Streetwork und Beratung Teestube „komm“ (einschließlich Betrieb des Tagesaufenthalts und Begleitungen). -10 Vollzeitäquivalente Streetwork und Beratung in der Anlaufstelle „Schiller 25“ und der Beratungsstelle „Destouche 89“.
Die Mitarbeitenden der Teestube „komm“ und der „Schiller 25“ sind immer in den Bereichen Tagesaufenthalt/Anlaufstelle, Beratungstätigkeit und Streetwork abwechselnd tätig. Es sind also bei beiden Einrichtungen nicht ständig 10 Mitarbeitende „auf der Straße“ unterwegs.
-4 Vollzeitäquivalente Streetwork im Gemeinwesen (geteilte Finanzierung mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt).
-0,25 Vollzeitäquivalente Streetwork im Münchner Wärmebus.
Die Caritas bietet in München
-im „Begegnungszentrum D3“ 3 Vollzeitäquivalente Streetwork an,
-in der Beratungsstelle „Bildung statt Betteln“ 1 Vollzeitäquivalent Streetwork an.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Das Referat für Gesundheit und Umwelt bietet Streetwork für opiatabhängige Menschen ab 18 Jahren an.
-Die Streetwork wird mit 3 Vollzeitäquivalenten von städtischen Mitarbeiter*Innen des Referats für Gesundheit und Umwelt geleistet.
-Mit einem 0,5 Vollzeitäquivalent wird der Träger Condrobs bezuschusst, um ausschließlich im Gebiet München Ost Streetwork für o.g. Zielgruppe zu leisten.
Frage 2:
Welche Gebiete müssen diese Mitarbeiter*innen abdecken?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Das Stadtjugendamt bietet stadtteil- und zielgruppenorientierte Streetwork im ganzen Stadtgebiet für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 – 26 Jahren an.
Kennzeichnend für die Zielgruppe ist, dass die Betroffenen bereits als auffällig, abweichend, sozial benachteiligt, stigmatisiert oder kriminalisiert gel-ten und vorhandene Freizeit- und Hilfsangebote im Stadtteil freiwillig oder aufgrund direkter oder indirekter Ausgrenzung punktuell oder ganz meiden.
Die städtische Streetwork ist regional gegliedert und in der Abteilung „Angebote der Jugendhilfe“ in fünf Sozialregionen (zusammen mit Angeboten der ambulanten Erziehungshilfe AEH und der Schulsozialarbeit) unterteilt. -Die Region 1 ist mit einer Außenstelle in Neuperlach für die Stadtbezirke 15 und 16 verantwortlich.
-Die Region 2 ist mit einer Außenstelle in Haidhausen für die Stadtbezirke 5, 13, 14, 17 und 18 zuständig.
-Die Region 3 ist mit den Außenstellen Westend, Pasing BHF, Westkreuz und Blumenau für die Stadtbezirke 8, 21, 22, 23, 25 und den Stadtteil Blumenau verantwortlich.
-Die Region 4 ist mit den Außenstellen Neuhausen und Moosach für die Stadtbezirke 9, 10 und den Stadtteil Hasenbergl zuständig.
-Die Region 5 ist mit der Außenstelle Nordschwabing für die Stadtbezirke 4, 11, 12 und 24 (ohne Hasenbergl) zuständig.
Der Verein für Sozialarbeit bietet stadtteilorientierte Streetwork für die Stadtbezirke 6, 7, 19 und 20 (ohne Blumenau) an.
Das Büro mit Aufenthaltsräumen für Jugendliche befindet sich in Obersendling.
Condrobs/ConAction bietet stadtteil- und zielgruppenorientierte Streetwork an.
Das Projekt ist verantwortlich für die jungen Menschen der Zielgruppe Streetwork in den Stadtbezirken 1, 2 und 3.
Die Außenstelle von ConAction befindet sich in der Nähe des Hauptbahnhofs.
Neben der stadtteilorientierten Streetwork ist ConAction überregional für suchtmittelkonsumierende Jugendliche und junge Erwachsene zuständig. Im Bereich der Innenstadt (Sonnenstraße) findet am Freitag und Samstag mit dem Projekt „Streetwork auf der Partymeile“ aufsuchende Arbeit um die dort ansässigen Clubs statt.
Die Streetwork von Marikas des Evangelischen Hilfswerks bietet aufsuchende Arbeit (Streetwork) für sich prostituierende junge Männer an einschlägigen Plätzen im ganzen Stadtgebiet an.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die Projekte der Streetwork im Bereich Wohnungs- und Obdachlosenhilfe decken folgende Gebiete ab:Das Evangelische Hilfswerk ist mit der Teestube „komm“ und dem „Schiller 25“ für das ganze Gebiet der Stadt München zuständig. Die „Streetwork im Gemeinwesen“ des Evangelischen Hilfswerks sucht an einschlägigen Plätzen sogenannte Wohnungsflüchter auf. Diese Plätze werden in Absprache mit der zuschussgebenden Stelle festgelegt und können nach Bedarf auch verändert werden.
Der Münchner Wärmebus des Evangelischen Hilfswerks bedient in den Wintermonaten Plätze der Münchner Innenstadt. In den Sommermonaten wird durch den Bus die Streetwork im ganzen Stadtgebiet verstärkt.
Die Streetwork der Caritas mit dem „Begegnungszentrum D3“ und der Beratungsstelle „Bildung statt Betteln“ bedient Plätze der Zielgruppe im Innenstadtbereich (v.a. um den Münchner Hauptbahnhof).
Referat für Gesundheit und Umwelt
Das Referat für Gesundheit und Umwelt bietet Streetwork im ganzen Stadtgebiet an.
Die Streetworker*innen machen regelmäßige Straßengänge zu Treffpunkten der suchtmittelabhängigen Menschen. Des weiteren stehen sie beratend in Kontakt mit den städtischen Notunterkünften.
Mit einem 0,5 Vollzeitäquivalente wird der Träger Condrobs e.V. bezuschusst, um ausschließlich im Gebiet München Ost Streetwork für die Zielgruppe der opiatabhängigen Menschen zu leisten.
Frage 3:
Wie ist die Planung für Gebiete in der LHM, in denen aktuell kein Streetwork stattfindet?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Der Bereich Streetwork des Stadtjugendamts deckt mit den Mitarbeiter*innen der Stadt, der freien Träger der Wohlfahrtspflege und des kirchlichen Trägers alle Stadtbezirke durch aufsuchende Arbeit ab.
So ist jeder Stadtbezirk in der Zuständigkeit einer städtischen Region oder ist einem freien Träger zugeordnet (vgl. Antwort zu Frage 2).
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die Gebiete im Bereich der Obdachlosen/Wohnungslosen Streetwork sind durch die Einrichtungen des Evangelischen Hilfswerks und der Caritas abgedeckt und werden den Bedarfen entsprechend immer wieder angepasst.Referat für Gesundheit und Umwelt
Die städtischen Streetworker*innen der Drogenhilfe sowie die Drogenstreetwork im Münchner Osten von Condrobs decken die zu begehenden Gebiete und Plätze aktuell gut ab.
Neu gemeldete Bedarfe werden von den zuständigen Mitarbeiter*innen überprüft und ggf. in Begehungen mitaufgenommen.
Auf örtliche Veränderungen des Klientels wird zeitnah reagiert.
Frage 4:
Wie hat sich die Arbeitsbelastung der im Streetwork tätigen Mitarbeiter*innen seit Beginn der Corona Pandemie verändert?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Streetwork im Jugendbereich beinhaltet bei allen Einrichtungen (städtische Streetwork, freie Träger der Wohlfahrtspflege und kirchliche Träger) regelmäßige Straßengänge, Gruppenarbeit in der Außenstelle, Freizeitaktivitäten und Einzelfallarbeit.
Gruppen- und Freizeitangebote finden sehr beschränkt oder gar nicht statt. Die Außenstellen waren während des Lockdowns geschlossen, später nur für kleine Gruppen geöffnet. Um dies auszugleichen, wurde und wird die Präsenzzeit im Freien erhöht, um Jugendlichen und Heranwachsenden eine Anlaufstelle zu bieten.
Pandemiebedingt hat besonders die Einzelfallarbeit zugenommen, da junge Menschen (und Streetworkklientel im Besonderen) hohen Belastungen ausgesetzt sind.
So waren oder sind Hilfeeinrichtungen geschlossen oder unterliegen besonderen Hygienebestimmungen, zeitweise war ein Aufenthalt im öffentlichen Raum gar nicht oder nur bedingt möglich, Platzverbote wurden durch Ordnungskräfte ausgesprochen und bei Missachtung finanziell geahndet. All dies führt bei jungen Menschen, die sich eh schon von einer Gesellschaft ausgegrenzt fühlen, zur Verunsicherung bis hin zur Gegenreaktion. Diese Emotionen müssen von den Mitarbeiter*innen der Streetwork aufgefangen und Vertrauen wiedergewonnen werden.
Auch der Spagat der Streetworker*innen zwischen einem partizipativen und parteilichen Umgang mit den Klient*innen und der Übermittlung der aktuellen Pandemiebeschränkungen stellt für viele Streetworker*innen eine große Belastung dar.Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die psychische Belastung der Mitarbeiter*innen in der Streetwork ist seit Beginn der Corona Pandemie angestiegen. Es ist ein nochmals deutlich höheres Maß an Flexibilität nötig als ohnehin schon in der Streetwork. Durch veränderte Bedingungen bei den Kooperationspartner*innen, die hinsichtlich persönlicher Vorsprachen wesentlich schwieriger zu erreichen sind als zu Zeiten vor der Pandemie, müssen sich die Streetworker*innen auf neue Bedingungen einstellen. Sie müssen darüber hinaus ihre Klient*innen über die Pandemie und ihre Zusammenhänge aufklären und sie über die aktuellen Entwicklungen und Anordnungen auf dem Laufenden halten, da diesen oftmals der Zugang zu verlässlichen Informationen fehlt.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Präventiv wurden zu Anfang der Pandemie die Einsätze der Drogenstreetwork reduziert, da gerade in Beratungssituationen auf der Straße die AHA Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken) nur schwer einzuhalten sind. Die Mitarbeiter*innen wurden dafür in der Pandemiebekämpfung des Referats eingesetzt.
Nach dem Lockdown wurde verstärkt die Arbeit auf der Straße mit Schwerpunkt Einzelfallarbeit wieder aufgenommen.
Durch die Pandemiesituation hat sich die Situation der opiatabhängigen Menschen auf der Straße verschärft. Die Einhaltung der Aufenthaltsverbote und Abstandsregelungen fällt diesem Klientel besonders schwer, so dass opiatabhängige Menschen gerade von Kontrollen besonders betroffen waren. Bei Nichteinhaltung der Regeln wurden von Polizei und Ordnungsbehörde Bußgeldbescheide ausgestellt, die für die Klient*innen eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellen. Aufgrund dieser Situation hat sich der Beratungsbedarf noch erhöht.
Erschwerend kommt hinzu, dass niederschwellige Drogeneinrichtungen und Behörden ihre Öffnungszeiten reduziert haben, so dass eine kontinuierliche Beratung und Vermittlung in Hilfsangebote fast unmöglich wurde und so über die Streetworker*innen geleistet werden muss.
Frage 5:
Wie haben sich die Überstunden/Mehrarbeit der im Streetwork tätigen Mitarbeiter*innen seit Beginn der Corona Pandemie entwickelt?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Streetworker*innen der Stadt München unterliegen den städtischen Arbeitszeitregelungen und Dienstanweisungen. Zu Beginn der Pandemie und während des Lockdowns sahen diese keine Mehrarbeit oder Überstunden vo r.Da Gruppen- und Freizeitangebote seit März sehr beschränkt oder gar nicht stattfinden, ist es möglich, die dadurch gewonnenen zeitlichen Kapazitäten für die erhöhte Einzelfallarbeit zu nutzen.
Auch bei den Mitarbeiter*innen der freien und kirchlichen Träger konnte keine pandemiebedingte Mehrarbeit festgestellt werden.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Bislang konnten die Streetworker*innen der Obdachlosenhilfe bei den kirchlichen Trägern die veränderten Bedingungen gut in ihre Arbeit integrieren, sodass hier zumindest derzeit noch keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten sind. Allerdings stellen die Mitarbeiter*innen der Streetwork krankheitsbedingte Ausfälle (z.T. verbunden mit der Anordnung von Quarantänen über das Vorliegen der Testergebnisse hinaus) vor große Probleme. Durch diese Ausfälle werden andere Kolleg*innen belastet, die deren Aufgaben übernehmen müssen.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Die städtischen Mitarbeiter*innen der Streetwork in der Drogenhilfe wurden im Referat, neben ihrer Tätigkeit in der aufsuchenden Arbeit, auch zur Pandemiebekämpfung eingesetzt.
Hierfür konnten den Mitarbeiter*innen auch Überstunden angeordnet werden.
Frage 6:
Wie wird mit der erhöhten Arbeitsbelastung im Streetwork umgegangen? Hier bitte Bezug nehmen auf die ggf. entstandene Arbeitsbelastung siehe Frage 4.
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Um einer pandemiebedingten psychischen Belastung entgegenzuwirken, werden die Mitarbeiter*innen der städtischen, sowie der Streetwork der freien und kirchlichen Träger von den jeweiligen Vorgesetzten fachlich beraten und unterstützt.
Eine kollegiale Beratung wird befördert und es finden regelmäßige Telefonkonferenzen im Team statt, um sich bedarfsbezogen auszutauschen.
Supervision und Coaching ist trotz Pandemie möglich und auch gewünscht.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
In den Einrichtungen der Obdachlosenstreetwork des Evangelischen Hilfswerks und der Caritas werden kollegiale Beratungen und Gespräche mitden Einrichtungsleitungen zum Informationsaustausch seit Pandemiebeginn verstärkt ermöglicht.
Supervisionen und Dienstbesprechungen werden, unter Einhaltung der Hygienevorschriften, notfalls im kleineren Rahmen fortgeführt.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Personalentwicklung durch Supervision, Dienstbesprechungen und kollegiale Beratung werden mit Einhaltung der Hygienevorschriften fortgeführt, um die Mitarbeiter*innen der Streetwork auch in Pandemiezeiten zu unterstützen.
Frage 7:
Wie ist geplant mit neu entstandenen Hotspots, wie z.B. dem Buga-See umzugehen? Gibt es hier Streetwork?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Der Bereich Streetwork des Stadtjugendamts deckt mit den Mitarbeiter*innen der Stadt und der freien Träger (Verein für Sozialarbeit und Condrobs) alle Stadtbezirke durch aufsuchende Arbeit ab. Durch diesen flächendeckenden Einsatz kann auf neu entstehende Treffpunkte schnell und flexibel reagiert werden.
Hier muss im Vorfeld grundsätzlich geprüft werden, um welche Zielgruppe der jungen Menschen es sich handelt, welche Problemlagen diese jungen Menschen haben und ob Streetwork das geeignete Angebot darstellt. Mit seinem akzeptierenden und niederschwelligen Ansatz hat das Angebot Streetwork das Ziel, junge Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen und sie in bestehende Hilfsangebote zu integrieren. Streetwork ist ein freiwilliges und partizipatives Angebot, um gemeinsam mit den Betroffenen Lebensperspektiven und Handlungsstrategien zu entwickeln. Diese Methodik der Sozialpädagogik steht im Gegensatz zu der Erwartung von Bürger*innen, dass Streetworker*innen an sogenannten Hotspots für Ruhe und Ordnung sorgen.
Da es in der aktuellen Coronakrise kaum nächtliche Angebote wie Konzerte oder Musikclubs für junge Menschen gibt, ist der öffentliche Raum mit Parkanlagen für Jugendliche, aber auch für Erwachsene, ein beliebter Treffpunkt geworden. Hier handelt es sich in den seltensten Fällen um „Streetworkklientel“ mit Hilfebedarf. Kennzeichnend für diese Zielgruppe ist, dass sie sozial benachteiligt ist und Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung hat.Der benannte Hotspot „Buga-See“ ist im Bereich Streetwork der Region 1 des stadteigenen Anbieters zugeordnet. Die Streetwork ist seit knapp zehn Jahren mit zwei Vollzeitäquivalenten regelmäßig vor Ort. Im Vergleich zu anderen Stadtvierteln ist dies ein überproportional hoher Einsatz. Das Einsatzgebiet der Streetworker*innen ist der öffentliche Raum in der Messestadt. Der Riemer Park mit dem Buga-See wird regelmäßig in die Begehungen des Einsatzgebietes miteinbezogen.
Ein erhöhter Handlungsbedarf durch Streetwork wird von den Mitarbeiter*innen nicht gesehen, da es sich um Ruhestörung und Vermüllung handelt und nicht um einen konkreten Jugendhilfebedarf der jungen Menschen vor Ort.
Seit diesem Sommer ist in der Messestadt Riem ein aufsuchendes, mobiles Angebot der Arbeiterwohlfahrt München an verschiedenen Orten im Einsatz. Das niederschwellige Angebot umfasst vor allem Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote.
Das Projekt wird vom Sozialreferat/Stadtjugendamt bezuschusst und ist das Vorläuferprojekt zum Jugendcafe Riem, welches im Sommer 2021 er-öffnet wird.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die Obdachlosen-Streetwork aller Träger reagiert schon immer auf neue „Platten“ und Ansammlungen von Klient*innen im gesamten Stadtgebiet der Landeshauptstadt München – ist dazu aber wegen der Größe des Stadtgebiets auch auf Informationen aus der Bevölkerung bzw. der Öffentlichkeit angewiesen.
Die Streetworker*innen begehen also nicht nur diejenigen Plätze, von denen bereits bekannt ist, dass sich dort Obdachlose aufhalten, sondern sie erschließen permanent neue Orte, um mit möglichst vielen Klient*innen in Kontakt zu kommen.
Die Streetworker*innen bieten allen Menschen Hilfe an, die der Zielgruppe der Obdachlosen-Streetwork entsprechen.
Der „Buga-See“ ist der Obdach- und Wohnungslosen-Streetwork bisher nicht als Schwerpunkt bekannt. Sollten sich dort in Zukunft obdach- und wohnungslose Menschen aufhalten, werden die Streetworker*innen im Rahmen des Möglichen tätig.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Die Mitarbeiter*innen der städtischen Drogenstreetwork und der Drogenstreetwork von Condrobs (im Münchner Osten) reagieren flexibel auf neu entstehende „Hotspots“ in der Drogenarbeit.
Der Buga-See im Riemer Park ist den Streetworker*innen nicht als Aufenthaltsort von opiatabhängigen Menschen bekannt.
Frage 8:
Gibt es spezielle Hygienekonzepte im Streetwork?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Streetwork im Jugendbereich beinhaltet in der städtischen Streetwork sowie bei freien und kirchlichen Trägern regelmäßige Straßengänge, Gruppenarbeit in der Außenstelle, Freizeitaktivitäten und Einzelfallarbeit. In der Coronapandemie kann mit Einhaltung der AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken) weiterhin das Gebiet begangen werden, um Gruppen und Einzelpersonen aufzusuchen.
Hygienekonzepte für die einzelnen Außenstellen wurden bedarfsgerecht erstellt und werden der jeweiligen Ampelphase angepasst. Den Streetworker*innen wurden Masken und Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Gruppen- und Freizeitangebote finden, je nach Ampelphase, sehr beschränkt oder gar nicht statt. Um dies auszugleichen, wird die Präsenzzeit im Freien erhöht, um Jugendliche und Heranwachsende eine Anlaufstelle zu bieten. Die Streetworker*innen sind hier angehalten, den Mindestabstand zu wahren.
Beratungen finden durchgehend im Einzelkontext unter Einhaltung der AHA-Regeln statt. Die Büros werden regelmäßig gelüftet. Die Mitarbeiter*innen von Condrobs/ConAction, dem Verein für Sozialarbeit und Marikas haben ihr Onlineangebot seit Beginn der Pandemie ausgebaut, um die Präsenzzeiten zu reduzieren und dennoch erreichbar zu sein.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Obdachlosen-Streetwork findet vorwiegend im Freien statt. Für Situationen, die sich in geschlossenen Räumen oder Verkehrsmitteln abspielen, sind alle Streetworker*innen ausreichend mit Mund-Nasen-Bedeckungen, FFP-2-Masken und Händedesinfektionsmittel ausgestattet. Die Streetworker*innen halten nach Möglichkeit die Mindestabstände ein. Für Beratungssituationen in den Streetwork-Büros stehen Plexiglas-Spuckschutzwände zur Verfügung.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Unter Einhaltung der AHA-Regeln werden weiterhin opiatabhängige Menschen im öffentlichen Raum aufgesucht und beraten.
Einzelfallberatungen im Streetworkbüro finden nur in Ausnahmefällen und unter Einhaltung der Hygienevorschriften statt.
Die Streetworker*innen sind mit Masken und Desinfektionsmittel ausgestattet.
Frage 9:
Welche speziellen Herausforderungen sind durch Corona im Streetwork neu entstanden?
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Das niederschwellige, sozialpädagogische Angebot der Streetwork (der Stadt, der freien Wohlfahrtspflege, sowie des kirchlichen Trägers) richtet sich primär an Jugendliche und junge Erwachsene, die massive Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung haben.
Durch die Pandemiesituation haben sich die schon bestehenden Problemlagen der ausgegrenzten jungen Menschen noch verstärkt.
Aushilfstätigkeiten und Ausbildungsstellen wurden vielerorts gestrichen, schul – und berufsbegleitende Angebote sind geschlossen und die Chancen auf bezahlbaren Wohnraum haben sich in der aktuellen Situation verringert. Die Streetworker*innen aller Einrichtungen müssen in dieser problematischen Lebensspanne Unterstützung geben und neue Möglichkeiten erschließen.
Gerade zu Beginn der Pandemie waren viele Beratungs – und Betreungsangebote geschlossen, so dass die Streetworker*innen oftmals die einzigen sozialpädagogischen Bezugspersonen für junge benachteiligte Menschen waren und sind. Dies zieht eine hohe Verantwortung für die Klient*innen mit sich, die nur mit viel Engagement und hoher Flexibilität zu leisten ist.
Der Spagat der Streetworker*innen zwischen einem partizipativen und parteilichen Umgang mit den Klient*innen und der notwendigen Übermittlung der aktuellen Bestimmungen, die oft mit ordnungsrechtlichen Weisungen verbunden sind (bsp. Platzverbote, Prostitutionsverbot) stellt für viele Streetworker*innen eine große „Herausforderung“ dar.
Zusätzlich sehen sich die Mitarbeiter*innen mit hohen Erwartungen der Münchner Bürger*innen konfrontiert, an den sogenannten Feierhotspots, für Ruhe und Ordnung sorgen zu müssen (vgl. Antwort zu Frage 7).
Die Mitarbeiter*innen sind in ihrer Arbeitsweise an die Dienstanweisungen gebunden. Das Modell der Ampelphasen ist für einen städtischen Infektionsschutz wichtig und sinnvoll, lässt aber eine Planung von Beratungs- und Gruppenangeboten kaum zu. Dies erschwert zusätzlich eine notwendige kontinuierliche Betreuung des Klientels und setzt bei den Streetworker*innen ein hohes Maß an Flexibilität voraus.Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die Herausforderung der Mitarbeiter*innen in der Obdachlosenhilfe ist die unzureichende Platzsituation in den Tagesaufenthalten für Obdachlose, die sich aufgrund der einzuhaltenden Mindestabstandsregel ergeben hat und damit die Aufenthaltsmöglichkeiten der Klient*innen begrenzen. Zudem erschweren die verminderte Erreichbarkeit von zahlreichen Ämtern und Behörden die Arbeit, da das Erschließen und Anbieten geeigneter Hilfen erheblich komplizierter geworden ist.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Die Mitarbeiter*innen der städtischen Drogenstreetwork sehen in den AHA-Regeln die größte Herausforderung im Umgang mit Klient*innen. Die Arbeit der Streetworker*innen beruht auf Vertrauen und dem Abbau von gegenseitigen Berührungsängsten. Durch Masken und Abstandsgebot ist ein Aufbau von Nähe mit einem eh schon ausgegrenzten Klientel nur erschwert möglich. Hier muss (mehr noch als vor der Pandemie) Vertrauensarbeit geleistet werden, um opiatabhängigen Menschen die Ängste zu nehmen.
Dazu sahen sich die Mitarbeiter*innen der städtischen Drogenstreetwork, gerade während des Lockdowns, mit der Situation konfrontiert, dass aufgrund der Pandemiesituation und dem daraus resultierenden Aufenthaltsverbot im öffentlichen Raum opiatabhängigen Menschen daher kaum präsent waren. Eine regelmäßige Kontaktaufnahme mit den Klient*innen war für die Drogenstreetwork daher kaum möglich.
Erschwerend kam hinzu, dass niederschwellige Drogeneinrichtungen und Behörden die Öffnungszeiten reduziert oder ganz geschlossen hatten, so dass eine kontinuierliche Anlaufstelle für opiatabhängige Menschen fehlte und die Vermittlung in Hilfsangebote durch die Streetwork fast unmöglich wurde.
Die Aufenthalts- und Gesundheitssituation für opiatabhängige Menschen ist bis heute höchst problematisch, da Hygieneregeln nicht immer einzuhalten sind und Beratungseinrichtungen zum Teil nur im Notbetrieb laufen.
Frage 10:
Wie reagiert das Streetwork auf besonders schützenswerte Gruppen in Zeiten von Corona?
(Mädchen, junge Frauen, LBGTQI* Jugendliche und Jugendliche mit Migrationshintergrund, Jugendliche die zur Risikogruppe gehören)
-Bitte in der Antwort aufgliedern wie oben.
Antwort:
Sozialreferat/Stadtjugendamt
Die Streetwork im Bereich des Stadtjugendamts wendet sich an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 26 Jahren, die sich Einzeln, in Gruppen, Cliquen oder Szenen an selbstgewählten Treffpunkten im Sozialraum (Straßen, Fußgängerzonen, Parks, Innenhöfe, Plätze etc.) aufhalten. Kennzeichnend für diese jungen Menschen ist, dass sie bereits als auffällig, abweichend, sozial benachteiligt gelten und vorhandene Freizeit- und Hilfsangebote im Stadtteil freiwillig oder aufgrund direkter oder indirekter Ausgrenzung, punktuell oder ganz meiden.
Innerhalb dieser Zielgruppe wird von den Streetworker*innen nicht nach Gruppenzugehörigkeit unterschieden, sondern allen hilfebedürftigen jungen Menschen individuelle Unterstützung angeboten.
Die Vermittlung in geeignete Hilfemaßnahmen stehen in der Streetworkarbeit im Mittelpunkt. So ist ein enger Austausch mit Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, deren Zielgruppe Mädchen, junge Frauen, LGBTIQ* Jugendliche und Jugendliche mit Migrationshintergrund sind, selbstverständlich.
Ist den Streetworker*innen die Zugehörigkeit eines jungen Menschen zu einer Corona Risikogruppe bekannt, wird diese Person explizit über die Pandemie, die gesundheitlichen Folgen und präventive Maßnahmen aufgeklärt.
Sozialreferat/Amt für Wohnen und Migration
Die Obdachlosen/Wohnungslosen-Streetwork unterscheidet nicht nach schützenswerten und besonders schützenswerten Menschen, sondern bietet jedem Hilfebedürftigen, der zur ohnehin besonders schutzbedürftigen Zielgruppe gehört, die Hilfestellungen an, die das Hilfesystem für die Betroffenen zur Verfügung stellt.
Aufgrund der Alters- und Gesundheitsstruktur der Gruppe der Obdachlosen gehört ein großer Anteil der Klient*innen zur Risikogruppe hinsichtlich des Coronavirus.
Die Streetworker*innen klären daher auch in hohem Maße über die Pandemie und über medizinische Angebote auf.
Referat für Gesundheit und Umwelt
Die Drogenstreetwork unterscheidet in ihrer aufsuchenden Arbeit nicht nach der Gruppenzugehörigkeit, sondern bietet allen opiatabhängigen Menschen im öffentlichen Raum individuelle Hilfe an.
Kooperationen mit zielgruppenorientierten Beratungs- und Betreuungseinrichtungen sind selbstverständlich.