Artenvielfalt auch in München X: Ein Jahr Volksbegehren Rettet die Bienen! – Garchinger Heide und Dietersheimer Brenne, zwei Naturjuwelen miteinander verbinden
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 11.2.2020
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Ausgehend von den gesellschaftlichen Bestrebungen zur Stärkung des Artenschutzes in Folge das Volksbegehrens „Rettet die Bienen!“ beantragte die Stadtratsgruppe der ÖDP mit dem Antrag Nr. 14-20/A 06723 vom 11.2.2020, das Naturschutzgebiet Garchinger Heide und den Biotopkomplex Dietersheimer Brenne durch ökologisch aufgewertete Vegetations- bzw. Strukturelemente funktional zu verbinden.
Zu Ihrem Antrag vom 11.2.2020 teilen wir Ihnen mit, dass Ihrem Anliegen bereits durch die dauerhaft stattfindende Suche nach Flächen für Ausgleichsflächen am Stadtrand entsprochen wurde und wir Ihren Hinweis gerne aufgenommen haben.
Für die gewährte Terminverlängerung bis Ende Oktober bedanke ich mich.
Zu Ihrem Antrag vom 11.2.2020 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Im Antrag wird darauf hingewiesen, dass im Bayerischen Naturschutzgesetz die Aufgabe, in Bayern einen Biotopverbund zu schaffen, gesetzlich verankert ist. Verbundachsen zwischen hochwertigen Biotopen spielen hierfür eine entscheidende Rolle. Die Dietersheimer Brenne und Garchinger Heide sind bayernweit als hochwertige Lebensräume für ihre Artenvielfalt, insbesondere für seltene Insektenarten, bekannt. Es wurde beantragt zu prüfen, inwieweit sich vor Ort gelegene Grundstücke der Münchner Stadtgüter und der Münchner Stadtentwässerung dafür eignen, die beiden Lebensräume im Sinne des Biotopverbunds zu vernetzen.
Vorhandene Konzepte und Projekte
Im Bereich zwischen dem Naturschutzgebiet „Garchinger Heide“ und dem Magerrasen-Gebüsch-Komplex „Dietersheimer Brenne“ nördlich des Klärwerks Gut Marienhof befinden sich bereits verschiedene Elemente eines Biotopverbundsystems.Der Heideflächenverein Münchner Norden (HFV) verfolgt schon seit langer Zeit das Ziel, den Biotopverbund zwischen den Heideresten im Münchner Norden zu verbessern. Der Verein hat Grundstücke für die Heideentwicklung angekauft und gepachtet, die als Trittsteinbiotope dienen. Zwischen den Naturschutzgebieten Garchinger Heide und Mallertshofer Holz konnte bereits ein Triebwegesystem für die Schafbeweidung eingerichtet werden. Angrenzend an das Naturschutzgebiet Garchinger Heide wurden Pufferflächen erworben und zu Heideflächen entwickelt. Um die Artenvielfalt in diesem Bereich langfristig erhalten zu können, ist die Aufwertung von weiteren Flächen im Biotopverbund notwendig.
Das Heideflächenkonzept von 1995 beinhaltet ein landschaftliches Leitbild, das als Orientierung für die zukünftige Entwicklung der Heidelandschaft gemeinsam mit allen betroffenen Kommunen erarbeitet und beschlossen wurde (siehe hierzu Abbildung 1). Dieses korrespondiert auch mit dem integrierten Landschaftskonzept für den Münchner Norden von 2007. Für den beantragten Untersuchungsbereich sind daraus insbesondere Ziele zur Entwicklung von Flächen und Landschaftsstrukturen ausgewiesen, die als Ergänzungs- und Pufferbereiche mit extensiver Landwirtschaft und als Trittsteinbiotope dienen und somit die naturschutzfachlich wertvollen Flächen in einem Biotopverbund verknüpfen.
Im Rahmen des Vertragsnaturschutzprogrammes wurde und wird auf Kirchengrund bereits ein umfangreiches Ackerrandstreifensystem westlich des Klärwerks Gut Marienhof geschaffen. Entlang dieser, auch mit Wiesenblumen eingesäten Bereiche sind Wanderungen von Tieren und Pflanzen möglich.
In einem aktuellen Kooperationsprojekt, mit Laufzeit bis Frühjahr 2021, arbeitet der Heideflächenverein Münchener Norden gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Freising an der Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung von geeigneten Lebensräumen für Insekten und zur Verbesserung des Biotopverbunds zwischen der Garchinger Heide und der Dietersheimer Brenne. Das Projekt „Das Gfild blüht auf“ ist ein Einzelprojekt von NATÜRLICH BAYERN – einer Initiative für insektenreiche Lebensräume des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL) e.V., gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Der Landschaftspflegeverband Freising will zusammen mit dem Heideflächenverein Münchner Norden ein Biotopverbundsystem realisieren, das hochwertige, artenreiche Lebensräume aus dem Bereich der Garchinger Heide mit den ebenfalls wertvollen Lebensräumen des FFH-Gebiets lsarauen vernetzt. Die ehemals ausgeprägt vorhandenen Wanderungs- und Verbreitungsmöglichkeiten von Tieren und Pflanzen sind in der heute intensiv genutzten Kulturlandschaft stark eingeschränkt. Der Projektfokus liegtvorwiegend auf der Akquise geeigneter Korridor- und Trittsteinflächen für den Biotopverbund sowie auf der Beratung der Eigentümer*innen und deren Liegenschaftsbetreuer*innen.
Im Rahmen dieses Projektes hatten der Landschaftspflegeverband Freising und der Heideflächenverein Münchener Norden auch bereits Kontakt mit den Stadtgütern München. Über dieses Projekt ist bis 2021 noch die Umsetzung von Maßnahmen für den Biotopverbund über staatliche Fördergelder möglich, beispielsweise in Form der Aufwertung der Trasse des Nordwest-Sammlers durch Einsaaten oder der Anlage von artenreichen Randstreifen auf Ackerflächen nördlich des Klärwerks Gut Marienhof sowie der Verbindung zwischen der Staatsstraße 2350 (ehemals B11) und der Dietersheimer Brenne bzw. dem ihr vorgelagerten Deich.
Möglichkeiten zur Entwicklung zusätzlicher Biotopverbundstrukturen mittels ökologischer Ausgleichsflächen
Mögliche zusätzliche Biotopverbundstrukturen könnten auf bisher anderweitig genutzten Flächen in städtischem Eigentum, die von der Münchner Stadtentwässerung und den Stadtgütern München verwaltet werden, etabliert werden.
Die speziellen geologischen und bodenkundlichen Verhältnisse im Gebiet (kalkalpine Kiesschotter der Isar, Überdeckung mit einer dünnen Bodenschicht) sind für weitere Maßnahmen geeignet und die unmittelbare Nähe zu den naturschutzfachlich hochwertigen Bereichen Garchinger Heide mitbundesweiter Bedeutung und Dietersheimer Brenne mit landesweiter Bedeutung ist günstig. Die städtischen Flächen können gut in die bestehenden Vernetzungsstrukturen und -maßnahmen (Projekt „Das Gfild blüht auf“; Ackerrandstreifen auf Kirchengrund, Flächen des Nordwest-Sammlers) zwischen der Schotterheiden der Garchinger Heide und den Brennenstandorten der Isarauen eingebunden werden.
Der Münchner Stadtentwässerung sind neben anderen Betriebsflächen im Bereich des Klärwerks Gut Marienhof auch die Flächen zugeordnet, unter denen der Nordwest-Sammler verläuft, mit dem die Abwässer dem Klärwerk zugeführt werden. Der Nordwest-Sammler ist ein wesentlicher Bestandteil der Betriebseinrichtungen der Münchner Stadtentwässerung, der jederzeit für Unterhaltsarbeiten ebenso zugänglich sein muss wie für Wartungen, Sanierungen oder auch einem Neubau. Die fachliche Prüfung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, den Stadtgütern München und der örtlich zuständigen unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Freising ergab, dass die Flächen im nördlichen Teil des Nordwest-Sammlers bereits ökologisch hochwertig sind und somit bereits einen Beitrag zum Biotopverbund leisten. Die Münchner Stadtentwässerung prüft aktuell, ob weitere Flächen als Ausgleichsflächen in Frage kommen und einem eigenen Ökokonto zuzuführen sind.
Die Stadtgüter München verwalten zwischen der Garchinger Heide und der Dietersheimer Brenne mehrere landwirtschaftlich genutzte Flächen. Diese eignen sich grundsätzlich zur Ergänzung des Biotopverbundes und des Lebensraumangebots für dort typische Tier- und Pflanzenarten. Aufgrund ihrer Lage und dem räumlichen Zusammenhang zu den anderen Biotopverbundelementen wurden folgende Flächen als besonders interessant eingestuft:
-eine Brachfläche (Feldstück 304, ca. 2,5 ha) unmittelbar westlich der Dietersheimer Brenne, die eine Erweiterung der Magerrasenflächen in Richtung des bestehenden Ackerrandstreifensystems erlaubt und
-Ackerflächen (Teilflächen aus dem Feldstück 319 und das gesamte Feldstück 320, insgesamt ca. 2,5 ha), die östlich an die Heideflächen um das Naturschutzgebiet „Garchinger Heide“ in Richtung des Nordwest-Sammlers anschließen.
Die betroffenen Flächen befinden sich außerhalb des Stadtgebiets der Landeshauptstadt in den Gemarkungen Eching und Neufahrn. Ein fachlicher Austausch mit den beiden genannten Nachbarkommunen hat stattgefunden. Die Heranziehung der genannten Grundstücke als ökologische Ausgleichsfläche wurde dabei prinzipiell begrüßt. Die Bürgermeister der bei-den Nachbarkommunen wurden informiert und es wurde vereinbart, den weiteren Austausch über den gemeinsam getragenen Heideflächenverein Münchener Norden stattfinden zu lassen.
Die zuständige untere Naturschutzbehörde des Landkreises Freising hat bestätigt, dass diese Flächen ökologisch aufwertbar sind und als Ausgleichsflächen für Vorhaben in München verwendet werden können. Das Kommunalreferat hat der Verwendung dieser Flächen der Stadtgüter München als Ausgleichsflächen zugestimmt.
Die genannten Maßnahmen sollen vollständig zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft im Zuge der Bauleitplanung im Stadtgebiet München herangezogen werden. Hierdurch kann der aktuell hohe Bedarf an entsprechenden Ausgleichsflächen mit abgedeckt und eine tragfähige Sicherung der Flächen mit Finanzierung der erforderlichen Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen gewährleistet werden. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt und gemäß den gesetzlichen bzw. städtischen Vorgaben prüfen, ob und wie die ausgewählten Flurstücke und Ausgleichsmaßnahmen für Kompensationsbedarfe in konkreten Bebauungsplanverfahren herangezogen werden können.
Grundsätzlich bietet es sich an, die Flächen als magere Standorte zu entwickeln. Neben der Eignung als zukünftige Heideflächen (Magerrasen) bieten Teilflächen ebenfalls das Potential als Standort für Tier- und Pflanzenarten der Brachflächen (Ruderalflächen) oder Äcker (vor allem für Ackerwildkräuter).
Für die Ansaat von Magerrasenarten auf den oben genannten Flächen wird heimisches Saatgut verwendet. Der Landschaftspflegeverband Freising e.V. und der Heideflächenverein Münchener Norden verfügen über autochthones Saat- und/oder Druschgut aus vor Ort vorhandenen Magerrasenflächen. Die fachlichen Details werden im Zuge der Detailplanungen mit den verschiedenen bereits genannten Stellen abgestimmt.
Der Antrag, die Garchinger Heide und die Dietersheimer Brenne auf den konkret benannten Grundstücken im Sinne des Biotopverbunds weiter zu vernetzen, wird seitens des Referates für Stadtplanung und Bauordnung für sinnvoll erachtet und in dem oben beschriebenen Umfang gemeinsam mit dem Kommunalreferat umgesetzt.
Dieses Antwortschreiben ist mit dem Kommunalreferat und der Münchner Stadtentwässerung abgestimmt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.