Coronafreie Klassenzimmer durch Abzugshauben statt ständigen Stoßlüftens?
Antrag Stadtrats-Mitglieder Beatrix Burkhardt, Manuel Pretzl (CSU-Fraktion), Hans-Peter Mehling (Fraktion ÖDP/FW) und Gabriele Neff (FDP BAY-ERNPARTEI Stadtratsfraktion) vom 19.11.2020
Antwort Referat für Bildung und Sport:
In Ihrem Antrag baten Sie darum, in einigen Münchner Klassenzimmern das am Max-Planck-Institut in Mainz neu entwickelte Raumlüftungskonzept mittels Abzugshauben zu testen, insbesondere in Räumen, die beschränkt belüftet werden können (z. B. kleine Fenster/Container).
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i.S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Zusätzlich zur sogenannten AHA-Regel (Abstand halten/Hygiene beachten/ Alltagsmaske tragen) ist regelmäßiges Lüften nach Auffassung des Referates für Gesundheit und Umwelt die beste Prävention bzgl. der Ansteckung mit dem Corona-Virus in geschlossenen Räumen. Stoßlüften ist hierbei für einen schnellen und voll umfänglichen Luftaustausch ausreichend.
In allen Münchner Schulen können grundsätzlich die Fenster in den Klassenzimmern geöffnet werden. Auch wenn in einigen Fällen Öffnungsbegrenzer angebracht sind, sind die Öffnungsweiten so dimensioniert, dass gemäß der Arbeitsstättenregel A 3.6 normgerecht und ausreichend gelüftet werden kann.
An manchen Münchner Schulen erfolgt die Belüftung schulisch genutzter Räumlichkeiten durch eine Raumlufttechnische Anlage (RLTA). Alle RLTA werden mit größtmöglichem Außenluftanteil betrieben, regelmäßig gewartet und entsprechen damit den Maßgaben des aktuellen Rahmenhygieneplans der Bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultus sowie für Gesundheit und Pflege. Gleiches gilt grundsätzlich auch für Sporthallen, Schwimmhallen und Mensen. Manche Klassenzimmer werden zwar über eine RLTA belüftet, haben jedoch immer auch zusätzliche Fenster, die ge-öffnet werden können.Um für das Thema Lüften in der Schulfamilie intensiv zu sensibilisieren, haben die Schulen zudem die Möglichkeit erhalten, zur Umsetzung des individuellen Lüftungskonzepts CO2-Messgeräte bestellen zu können. Die Beschaffung dieser Geräte erfolgt durch die Landeshauptstadt München und wird vom Freistaat Bayern gefördert. Die CO2-Ampeln geben einen Hinweis, wenn sich die Luftqualität verschlechtert. Sie messen in Räumen die Konzentration von Kohlendioxid und dienen laut Umweltbundesamt als „grober Anhaltspunkt“ dafür, ob gelüftet werden muss. Die Schulen haben von der Anschaffung dieser Geräte bereits regen Gebrauch gemacht.
Ein Test des am Max-Planck-Institut in Mainz neu entwickelten Raumlüftungskonzepts mittels Abzugshauben in Münchner Klassenzimmern wird nach Rücksprache mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Baureferat nicht befürwortet. Die Frage, ob durch den Einsatz einer solchen Anlage eine Infektionsprävention, d.h. eine Verhinderung von Infektionen mit SARS-CoV-2 in Klassenzimmern möglich ist, kann zumindest derzeit nicht beantwortet werden.
Die im Internet ersichtlichen Dokumente zu diesem Lüftungskonzept machen außerdem folgende Probleme erkennbar:
-Die vorgeschlagene Konstruktion entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
-Die im Konzept getroffenen Aussagen zu Brandschutz und sonstigen Sicherheitsbestimmungen sind nicht verifizierbar. Zudem ist die Regelung der Luftzufuhr nicht schlüssig.
-Es handelt sich um kein standardisiertes/normiertes Herstellungsverfahren der „Abluftanlage“ (was ja eine Grundvoraussetzung für einen regelhaften und zuverlässigen Betrieb darstellt).
-Die fachliche Qualifikation der Autoren wird nicht genannt.
-Die Autoren übernehmen nach eigener Angabe keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte. -Es handelt sich um eine experimentelle Untersuchung mit einer einmaligen Testreihe an einem Tag.
Hinzu kommen weitere haftungs- und sicherheitsrechtliche Aspekte.
Wir verfolgen die Entwicklungen zur Einschätzung des Einsatzes der „Abzugshauben“ sowie die wissenschaftliche Lage weiterhin und sind dazu im Austausch mit verschiedenen Fachbereichen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.