Natursteine möglichst regional beschaffen
Antrag Stadträtin Ulrike Grimm (CSU-Fraktion) vom 28.07.2020
Antwort Baureferat:
Sie haben am 28.07.2020 Folgendes beantragt:
„Der Stadtrat möge beschließen:
Die Landeshauptstadt München wird aufgefordert, bei allen Baumaßnahmen und Renovierungsarbeiten möglichst regionalen Naturstein zu verwenden. Dies gilt auch für städtische Töchter.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 28.07.2020 teilt das Baureferat nach Abstimmung mit dem Kommunalreferat, dem Referat für Arbeit und Wirtschaft sowie dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung aber Folgendes mit:
Die Beschaffung von Natursteinmaterial unterliegt den geltenden Vorgaben der Vergabeverordnung (VgV) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Diese Vorschriften lassen es aus Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgründen grundsätzlich nicht zu, den Anbieter*innen von Liefer- und Bauleistungen eine bestimmte Herkunft des Materials vorzuschreiben bzw. bestimmte Herkünfte von vorneherein auszuschließen.
Es ist jedoch zugelassen, Leistungsmerkmale einzufordern bzw. zu bewerten, die soziale und umweltbezogene Aspekte der Leistung, einschließlich der Produktions- und Lieferkette, betreffen. In diesem Rahmen kann sich die regionale Herkunft des angebotenen Materials jedenfalls in mittelbarer Weise auf den Wettbewerb und auf die Beauftragungen auswirken. Die festgesetzten sozialen und umweltbezogenen Kriterien müssen objektiv nachprüfbar und verhältnismäßig sein; sie dürfen nicht das Diskriminierungsverbot unterlaufen. Im Einzelfall kann die Materialherkunft auch durch besondere gestalterische Anforderungen des Projekts eingegrenzt werden.Im Rahmen von Hochbaumaßnahmen wird Natursteinmaterial selten verwendet. Haupteinsatzgebiet ist der Bau von Straßen und Plätzen. Das Baureferat beschafft dafür jährlich in größerem Umfang Natursteinmaterial für das städtische Steinlager in der Max-Nadler-Straße (Pflastersteine, Bordsteine und Poller aus Granit). Von dort wird das Material den ausführenden Unternehmen beigestellt, sofern in Einzelprojekten das Material nicht von den Bauunternehmen selbst zu stellen ist. In den EU-weit durchgeführten Vergabeverfahren für das städtische Steinlager nimmt das Baureferat eine Bewertung der bei der Anlieferung entstehenden Emissionsmengen (Kohlendioxide, Stickoxide, Nichtmethan-Kohlenwasserstoffe und partikelförmige Abgasbestandteile) als ökologisches Wertungskriterium vor. Dazu haben die Anbieter*innen die vorgesehenen Transportwege von den Steinbrüchen bis zur Anlieferstelle in München sowie die jeweils genutzten Transportmittel in ihren Angeboten anzugeben und ggf. nachzuweisen. Aus den Angaben werden die prognostizierten Emissionsmengen errechnet und die Umweltauswirkungen nach Maßgabe amtlicher Werte bewertet. Das Baureferat erteilt sodann den Zuschlag auf die Angebote, die in der Kombination von Preis und ökologischem Kriterium die beste Bewertung erzielen. Seit Einführung des ökologischen Kriteriums ist der Anteil von Granitsteinmaterial aus Asien (China) von zuvor 70-100% schrittweise auf aktuell 0% zurückgegangen. Seit 2018 wurde ausschließlich europäisches Material beauftragt.
Gemäß dem Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 14.12.2011 zur Weiterentwicklung der nachhaltigen und fairen Beschaffung der Landeshauptstadt München (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 06533) wird zudem die Einhaltung der IAO-Konvention 182 (Verbot der ausbeuterischen Kinderarbeit) als soziales Kriterium in die Beschaffungsprozesse integriert. Danach haben die Anbieter*innen von Natursteinmaterial aus Asien, Afrika oder Lateinamerika Zertifikate vorzulegen, mit denen die Einhaltung der IAO-Konvention 182 bestätigt wird. Zugelassen sind Zertifikate von Xertifix, WIN=WIN Fair Stone oder gleichwertig.
Im Bedarfsfall wird mit Einbindung der Fachstelle „Eine Welt“ im Referat für Gesundheit und Umwelt überprüft, ob die angebotenen Zertifikate akzeptiert werden können. Dabei ist entscheidend, dass es sich bei den Zertifizierer*innen um vertrauenswürdige unabhängige Organisationen handelt, die die Einhaltung der IAO-Konvention 182 vor Ort unabhängig überprüfen und produktbezogen bestätigen. Angebote, die keine akzeptablen Erklärungen zu den vorgesehenen Zertifizierer*innen enthalten, werden ausgeschlossen. Im Auftragsfall muss der/die Lieferant*in die Zertifikate rechtzeitig vor Auftragsausführung vorlegen; anderenfalls kann der/die Auf-traggeber*in vom Vertrag zurücktreten und von dem/der Auftragnehmer*in eine vereinbarte Vertragsstrafe verlangen. Für die ausschließlich zertifizierte Natursteinbeschaffung ist die Landeshauptstadt München mit einem von insgesamt fünf Sonderpreisen beim Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels 2013“ bedacht worden.
In diesem Zusammenhang ist auch auf das vom Bund geplante Gesetz für faire Lieferketten, mit dem ein besserer Schutz von Menschenrechten bezweckt wird, hinzuweisen. Das Gesetz soll definieren, welche Pflichten Unternehmen beim Schutz von Menschenrechten haben und wie Unter-
nehmen diesen in ihren Lieferketten nachkommen können. Es soll weiterhin die Unternehmen dazu verpflichten, über ihre Anstrengungen Bericht zu erstatten, sowie die Rechte von Arbeiter*innen vor Gericht stärken und einen Weg eröffnen, Schadensersatzansprüche in Deutschland geltend zu machen (http://www.bmz.de/de/themen/lieferketten/index.html). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beabsichtigen einen Abschluss noch in dieser Legislaturperiode (http://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/bundesminister-heil-mueller-koalitionsvertrag-fuer-lieferketten-gesetz.html). Das Gesetz wird den verfügbaren Informationen zufolge auch den Natursteinhandel betreffen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass der Antrag damit abschließend behandelt ist.