Das Sozialreferat wurde vom Stadtrat beauftragt, die Möglichkeiten eines höheren Münchner Regelsatzes insbesondere für ältere Menschen und für Kinder zu prüfen. Aus Sicht des Sozialreferats besteht der dringende Bedarf, die Regelsätze deutlich anzuheben. Nach der derzeit geltenden Rechtslage ist dies aus kommunalen Mitteln für die Leistungsberechtigten im SGB II überhaupt nicht und im SGB XII nur in einem sehr geringen Umfang möglich.
Seit Einführung der Sozialgesetzbücher II und XII 2005 wird von der Landeshauptstadt München nachdrücklich beanstandet, dass die Regelbedarfe zu niedrig bemessen und für die Bestreitung des Lebensunterhalts nicht ausreichend sind. Ein zentrales Problem ist zudem, dass dem Regelsatz eine bundeseinheitliche Bestimmung des Existenzminimums zugrunde liegt, also die Lebenshaltungskosten von sehr vielen „günstigen“ Kommunen mit den Kosten von wenigen „teuren“ Großstädten vermengt werden. Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Es kann nicht sein, dass Menschen in einer teuren Stadt wie München mit dem gleichen Betrag auskommen müssen wie Menschen in Kommunen, in denen die Lebenshaltungskosten deutlich niedriger sind. Mir war es deswegen ein persönliches Anliegen, prüfen zu lassen, ob wir diese Differenz als Stadt ausgleichen können. Da das nicht möglich ist, muss jetzt endlich die Bundesregierung die nötigen Reformen anstoßen.“
Die Landeshauptstadt München fordert unter anderem, dass die Regelsatzbemessung im Sozialgesetzbuch SGB II und SGB XII auf der Basis von regional spezifischen Daten erfolgt und eine Alterskomponente in die Berechnung insbesondere für Kinder und alte Menschen einfließt, die Wiedereinführung von einmaligen Leistungen für Bekleidung, Möbel und Haushaltsgeräte, eine Erhöhung des Mindestlohns, eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld (I) vor allem für Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, sowie eine Anhebung der Freibeträge für Vermögen und Zuverdienst. Ebenso fordert sie im Hinblick auf die angekündigte Grundrente, dass auch Zeiten des Leistungsbezugs im SGB II und im SGB III als echte Beitragszeiten in der Rentenversicherung gewertet werden müssen.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Um die fehlenden Mittel auszugleichen, haben wir aber in München schon viel unternommen und bauen unser freiwilliges Angebot für Münchnerinnen und Münchner mit geringem Einkommen immer noch weiter aus. Das Sozialreferat erhöht den Regelsatz im SGB XII bereits um 21 Euro pro Monat. Den München-Pass und unser Sozialticket, die IsarCard S, sowie ermäßigte Tageskarten gibt es schon lange, genauso auch die Schulpauschale für die Ersteinschulung und die Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel. Daneben wurden allein im Jahr 2019 Maßnahmen und Angebote zusätzlich in Höhe von weiteren 12,3 Millionen Euro beschlossen, um die Münchnerinnen und Münchner zu entlasten, die von Armut gefährdet sind. Damit investiert die Landeshauptstadt München ab dem Jahr 2020 insgesamt rund 22 Millionen Euro jährlich in freiwillige Leistungen und unterstützende Angebote.“ Im November 2019 hat der Stadtrat beschlossen, dass
- der Personenkreis, der den München-Pass bekommen kann, ausgeweitet wird,
- die Schulpauschale zur Ersteinschulung um 50 auf 150 Euro angehoben und auch zum Wechsel auf eine weiterführende Schule gezahlt wird, und dass
- ein Zuschuss in Höhe von 250 Euro zum Kauf eines Laptops gezahlt wird und zwar für Kinder, Jugendliche im SGB II und für Senioren, die unter der Armutsschwelle leben,
- verstärkt energieeffiziente Haushaltsgeräte ausgegeben werden und
- der Zugang von älteren Menschen zu hauswirtschaftlicher Versorgung, Begleit- und Fahrdiensten, aber auch zu digitalen Angeboten, ausgebaut wird.
Neben der reinen Linderung der Armut versucht die Landeshauptstadt München insbesondere durch niederschwellige und aufsuchende Angebote wie SAVE (Senioren aufsuchen im Viertel durch Expertinnen und Experten) oder die präventiven Hausbesuche in den ASZ, mögliche Hemmschwellen für die Betroffenen abzubauen und so die – zwar unbekannte, aber vermutlich nicht geringe – Zahl derjenigen Menschen zu verringern, die aus Scheu oder Scham gesetzliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen.