Jugend mit guter Ausbildung und Zukunftsperspektive
Antrag Stadtrat Thomas Ranft vom 6.8.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Da es sich im vorliegenden Fall um eine laufende Angelegenheit der Verwaltung (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO, § 22 GeschO) handelt, die nicht gemäß § 60 Abs. 9 GeschO im Stadtrat zu behandeln ist, erlaube ich mir, Ihren o.g. Antrag anstelle einer Stadtratsvorlage als Brief zu beantworten.
In Ihrem Antrag fordern Sie die Einrichtung einer Plattform, um Schulabgängerinnen und Schulabgänger in Ausbildung zu vermitteln sowie den Start eines Sofortprogramms, um den Schulabgängerinnen und Schulabgängern 2019 so schnell wie möglich einen Ausbildungsplatz zu sichern. Außerdem regen Sie an, dass die Beratungsphase für künftige Schulabgängerinnen und Schulabgänger bereits zwei Jahre vor Schulabschluss beginnen soll. Sie fordern in Ihrem Antrag die Bildung europaweiter Kooperationen, um die Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu reduzieren. Zudem soll das Rathaus einmal jährlich seine Türen öffnen, um in Kooperation mit den Kammern, der Agentur für Arbeit, Handwerkstreibenden und Firmen eine Kampagne mit Informationen und Stellenangeboten für Ausbildungsberufe zu veranstalten.
Die in Ihrem Antrag angesprochene Jugendberufsagentur JiBB fungiert als Ansprechstelle für alle Jugendlichen der Landeshauptstadt München und des Landkreises München. Die Einrichtung JiBB verfolgt das Ziel, jungen Menschen unter 25Jahren einen schnellen und transparenten Zugang zu allen Angeboten der Information, Beratung, Vermittlung, Förderung und Unterstützung in der betrieblichen, schulischen und hochschulischen Berufsbildung zu ermöglichen. Handlungsleitend für das JiBB ist folgendes Motto: Jeder junge Mensch in der Landes hauptstadt München und im Landkreis München soll mit jedem Anliegen bezüglich Ausbildung bzw. Bildung zu jeder Zeit an einem zentralen Ort sofort eine kompetente Ansprechperson bekommen.1
Im JiBB werden Angebote des Sozialreferats, des Referats für Bildung und Sport, der Agentur für Arbeit München, des Jobcenters München und des Landkreises München vorgehalten. Dabei versteht sich die Jugendberufsagentur nicht als „Sonder-Programm“ für spezielle Formen sozialer Benachteiligung bzw. individueller Beeinträchtigung. Trotzdem finden diese Problemlagen bei JiBB in besonderer Weise ihre Berücksichtigung. JiBBwirkt darauf hin, dass alle jungen Menschen unter 25 Jahren nach Möglichkeit eine Ausbildung absolvieren können.
Zu den Fachstellen des JiBB zählen das IBZ-Jugend, das IBZ Sprache und Beruf, die Jugendberatung der Jugendhilfe, die Verbindungsstelle Jugendberatung des Jobcenters, die Arbeitsvermittlung U25, die Beratung und Vermittlung von jungen Menschen mit Behinderung oder Schwerbehinderung, die Berufsberatung, die Berufsberatung für akademische Berufe sowie die Berufswegplanungsstelle „b-wege“. Im Rahmen der Qualifizierten Anliegenklärung wird die Situation der Jugendlichen erhoben, um sie an die jeweils zuständige Fachstelle im JiBB weiter
zuleiten.
Für die in Ihrem Antrag genannte Zielgruppe der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz ist das JiBB die geeignete Anlaufstation. Hier werden alle Angebote rechtskreisübergreifend an einem Ort gebündelt. Das Angebot von JiBB ist niederschwellig konzipiert. Für den Eingangsbereich ist kein Termin erforderlich. Es genügt, wenn die Ratsuchenden während der Öffnungszeiten erscheinen. Das JiBB hat montags bis freitags an den Vormittagen und an drei Wochentagen am Nachmittag geöffnet.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft organisiert regelmäßig die drei Ausbildungsmessen LastMinit, FirstMinit und Ausbildungsmesse Pflege. Die ausstellenden Betriebe werden jeweils am Tag nach der Messe im Rahmen einer Online-Erhebung über ihre Erfahrungen mit der je weiligen
Messe befragt. Damit Sie sich ein Bild von der Reichweite und Qualität dieser Ausbildungsmessen bilden können, fasse ich wesentliche Ergebnisse dieser Evaluation nachfolgend für Sie zusammen.
Seit 2012 findet die jährliche LastMinit statt. Jeweils zu Ende der Sommerferien erhalten bei der LastMinit Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, die Möglichkeit, sich über freie Ausbildungsplätze zu informieren, mit Ausbildungsbetrieben in Kontakt zu treten, im Rahmen der Messe Bewerbungsgespräche zu führen und ihre Bewerbungsunterlagen abzugeben. Die jüngste LastMinit fand am 7.September 2019 im Stadtteilzentrum Hasenbergl-Nordhaide im Kulturzentrum 2411 statt. An der Messe haben sich 38Betriebe beteiligt, sie wurde von 920Personen besucht.
Auf der LastMinit-Ausbildungsmesse nehmen nicht jedes Jahr die gleichen Betriebe teil. 20% der Unternehmen waren im Jahr 2019 zum ersten Mal dabei und 4% zum zweiten Mal, während mit 76% die Mehrheit der Betriebe schon öfter als zwei Mal auf der Messe ausgestellt haben. Diemeisten Unternehmen nennen Schülerinnen und Schüler aus Mittel- und Realschulen als Zielgruppe. Jeder zweite ausstellende Betrieb zählt Geflüchtete zur Zielgruppe. Die Unternehmen zeigen sich mehrheitlich damit zufrieden, wie sie ihre Zielgruppen auf der Ausbildungsmesse erreicht haben. Auf einer Skala von 1 für „sehr gut“ bis 10 für „sehr schlecht“ be werten sie das Erreichen der Zielgruppe mit durchschnittlich 2,66.
Mit der Organisation der Ausbildungsmesse, dem Ausstellungsort und dem Ausstellungszeitpunkt sind die meisten Betriebe zufrieden, mit den sich mit den Jugendlichen ergebenden Gesprächen zeigen sich sogar alle Ausstellerinnen und Aussteller zufrieden. 92% stimmen der Aussage zu, dass sich der Besuch der Messe für ihre Organisation gelohnt hat. Die Unternehmen sind darüber hinaus überzeugt, dass sich der Besuch der Messe auch für das Publikum gelohnt hat. Auf die Frage, wie informativ sie die LastMinit-Ausbildungsmesse für die Besucherinnen und Besucher bewerten, konnten sie auf einer Skala von 1 für „sehr in formativ“ bis 10 für „gar nicht informativ“ antworten. Mit einem Durchschnittswert von 2,23 attestieren die Betriebe der Messe einen hohen Informationsgrad für die Besucherinnen und Besucher.
Die FirstMinit wird vom Referat für Arbeit und Wirtschaft seit 2017 jeweils am Jahresbeginn durchgeführt. Kooperationspartner sind die Agentur für Arbeit München, die Handwerkskammer für München und Oberbayern sowie die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Anders als bei der LastMinit richtet sie sich nicht schwerpunktmäßig an Jugendliche, die zu Beginn des Ausbildungsjahres noch unversorgt sind, sondern an Jugendliche, die für den kommenden Herbst bzw. die Folgejahre Ausbildungsplätze suchen. Die jüngste FirstMinit war am 29. Januar 2019 im Haus der Jugend der Münchner Volkshochschule in der Orleansstraße. Es haben sich 42 Unternehmen beteiligt. Zwei Drittel der Betriebe haben sich auch bereits an den FirstMinit-Messen der beiden Vorjahre beteiligt. Mit der Organisation der Messe zeigen sich die ausstellenden Betriebe sehr zufrieden – alle stimmen der Aussage zu, dass sie die Organisation der Messe sehr gelungen finden. Mit einem Durchschnittswert von 3,39 äußern sich die Betriebe auf einer zehnstufigen Skala (von 1 für „sehr zufrieden“ bis 10 für „sehr unzufrieden“) als insgesamt recht zufrieden mit ihrer Messeteilnahme. Die Unternehmen zeigen sich überzeugt, dass sich der Besuch der Messe für das Publikum gelohnt hat. Auf die Frage, für wie informativ sie die FirstMinit-Ausbildungsmesse für die Besucherinnen und Besucher bewerten, konnten sie auf einer Skala von 1 für „sehr informativ“ bis 10 für „gar nicht informativ“ antworten. Mit einem Durchschnittswert von 2,80 attestieren die Betriebe der Messe einen sehr hohen Infor-mationsgrad für die Besucherinnen und Besucher. In der Folge planen 92% von ihnen, sich auch im Jahr 2020 wieder an der Messe zu beteiligen.
Speziell für den Bereich der Pflegeberufe wurde das Format der Ausbildungsmesse Pflege entwickelt. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft veranstaltete die Ausbildungsmesse Pflege erstmals am 13. Februar 2019 im Alten Rathaussaal federführend gemeinsam mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt sowie dem Sozialreferat. Kooperationspartner sind die Arbeitsagentur und das Jobcenter München, der Runde Tisch Pflege der Münchner Klinken und das Bildungszentrum für Pflege, Gesundheit und Soziales München der Gemeinnützigen Gesellschaft für Soziale Dienste (GGSD). Es haben sich 40 ausstellende Unternehmen beteiligt und es kamen ca. 700 Besucherinnen und Besucher. Die meis ten Unternehmen nennen Realschülerinnen und Realschüler (86%) als Zielgruppe, gefolgt von Jugendlichen aus Fachoberschulen (60%) und Gymnasien (54%). Anders als bei der LastMinit und FirstMinit, bei denen fast alle ausstellenden Betriebe auch Mittelschülerinnen und Mittelschüler zur Zielgruppe zählen, nennen nur 51% der bei der Ausbildungsmesse Pflege ausstellenden Betriebe Mittelschülerinnen und Mittelschüler als Zielgruppe.
Mit der Organisation der Ausbildungsmesse, dem Ausstellungsort und dem Ausstellungszeitpunkt sind die Betriebe sehr zufrieden. Auch mit der Vorbereitung der Jugendlichen auf ihren Messebesuch und den sich mit den Jugendlichen ergebenden Gesprächen zeigen sich die Aus stellerinnen und Aussteller mehrheitlich zufrieden. Die meisten Unternehmen geben an, dass sie für sich selbst auf der Messe interessante Informationen erhalten haben und sie gute Kontakte zu anderen Ausstellern und Organisationen knüpfen konnten.
Die Unternehmen sind darüber hinaus überzeugt, dass sich der Besuch der Messe auch für das Publikum gelohnt hat. Auf die Frage, wie informativ sie die Ausbildungsmesse Pflege für die Besucherinnen und Besucher bewerten, konnten sie auf einer Skala von 1 für „sehr in formativ“ bis 10 für „gar nicht informativ“ antworten. Mit einem Durchschnittswert von 3,06 attestieren die Betriebe der Messe einen hohen Informationsgrad für die Besucherinnen und Besucher.
Von den drei Ausbildungsmessen des Referats für Arbeit und Wirtschaft eignet sich insbesondere die LastMinit für die in Ihrem Antrag angesprochene Zielgruppe der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz. Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit München nutzt die LastMinit und fordert unversorgte Jugendliche schriftlich dazu auf, die Messe zu besuchen.In Ihrem Antrag regen Sie an, dass die Beratungsphase an den Schulen künftig bereits zwei Jahre vor Schulabschluss beginnen soll. Ich habe für die Beantwortung Ihres Antrags die Agentur für Arbeit München um eine entsprechende Stellungnahme gebeten. Die Agentur für Arbeit München hat mir mitgeteilt, dass die Berufsberatung seit vielen Jahren an den Münchner Schulen aktiv ist. Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule und im Berufsinformationszentrum der Agentur sowie die Elternarbeit haben bisher in den Vorabgangsklassen begonnen.
Seit September 2019 baut die Agentur für Arbeit an allen Schulen ihr Beratungs- und Orientierungsangebot aus. Konkret bedeutet dies, dass die Veranstaltungen zur Berufsorientierung bereits in den „Vor-Vorabgangsklassen“ beginnen, die Elternarbeit verstärkt wird und die Präsenz der Berufsberatung für Sprechstunden an den Schulen deutlich ausgebaut wird. Als besonders wichtig erachtet die Agentur für Arbeit in diesem Zusammenhang die zusätzlichen Orientierungs- und Beratungsangebote in den Mittelstufen der Gymnasien.
Die Agentur für Arbeit teilte mit, dass diese Vorhaben bereits mit den Schulen besprochen wurden und nun sukzessive umgesetzt werden.
Hintergrund dafür ist das Reformvorhaben der Bundesagentur für Arbeit, die Einführung der sogenannten Lebensbegleitenden Berufsberatung. In diesem Zuge wurde in München die Berufsberatung personell aufgestockt. Zu den weiteren Schritten zählt eine intensivere Zusammenarbeit mit den Berufsschulen und den Hochschulen.
In Ihrem Antrag nehmen Sie auf die Arbeit an städtischen Schulen und die Jugendarbeitslosigkeit in Europa Bezug. Das Referat für Bildung und Sport hat mir mitgeteilt, dass es ebenfalls die Notwendigkeit sieht, den Schulabgängern und Schulabgängerinnen eine frühe Förderung in der Berufsfindung zukommen zu lassen, um den Übergang in das Berufsleben so reibungslos und erfolgreich wie möglich zu gestalten. Auch im Bereich der internationalen Bildungskooperationen engagiert sich das Referat für Bildung und Sport.
Das Referat für Bildung und Sport hat die Angebote in den verschiedenen Schularten wie folgt dargestellt:
Mittelschulen und Förderschulen
JADE – Jugendliche an die Hand nehmen und begleiten – ist ein Kooperationsprojekt der Landeshauptstadt München (Referat für Bildung und Sport und Sozialreferat) mit der Agentur für Arbeit München, dem Job-center München und dem Staatlichen Schulamt in der Landeshauptstadt München für die Mittelschulen bzw. der Regierung von Oberbayern für die staatlichen Förderzentren zur Berufsorientierung und Berufsfindung. JADE wird an allen staatlichen Münchner Mittelschulen und an dreizehn Förderzentren für Schülerinnen und Schüler schwerpunktmäßig in den achten und neunten Klassen durchgeführt.
Mit dem JADE-Programm werden die Schülerinnen und Schüler durch zusätzliche Angebote der Jugendhilfe an den Schulen im Rahmen von Gruppenaktivitäten und in Einzelbetreuung bei der beruflichen Orientierung und Berufsfindung, im Bewerbungsprozess und im Übergang von der Schule in den Beruf unterstützt und begleitet. Für alle Abgangsschülerinnen und -schüler wird eine zwischen der Berufsberatung, der JADE-Fachkraft und der Lehrkraft abgestimmte, passgenaue individuelle Perspektive für die Zeit nach der Schule erarbeitet. Damit der Einstieg in eine Ausbildung bzw. in das Berufsleben auch für benachteiligte Jugendliche gelingt, wird mit den Jugendlichen die schrittweise Umsetzung ihrer beruflichen Ziele – orientiert am Bedarf der Einzelnen oder des Einzelnen – besprochen, geplant, vorbereitet und begleitet.
Darüber hinaus werden alle Abgangsschülerinnen und -schüler nach ihrer Schulentlassung noch einmal persönlich zu ihrer aktuellen beruflichen Situation befragt und im Einzelfall beraten bzw. an andere Akteure im Übergangssystem vermittelt.
Schon am Ende der siebten Klasse erhalten alle Schülerinnen und Schüler an den Mittelschulen den sog. „Zukunftsplaner“ und an Förderschulen den „Themis“. Beide Portfolios sind auf die jeweilige Schulart zugeschnittene Berufswahlordner, in denen alle Schülerinnen und Schüler bis zum Schul- oder Ausbildungsende ihren beruflichen Werdegang dokumentieren und reflektieren können. Abgeheftet werden schriftliche Unterlagen über persönliche Interessen und Fähigkeiten, Selbsteinschätzung, Fremdeinschätzung, Zeugniskopien, schulische Zertifikate, Beurteilungen aus dem Betriebspraktikum, privates Engagement und Bewerbungen.
Ziel von JADE ist es, mit jeder Schülerin und jedem Schüler der neunten Klassen (Abgangsklasse) eine realistische berufliche bzw. schulische Perspektive zu erarbeiten und den Übergang von der Schule in den Beruf bzw. in die nächste Etappe bis zum Verlassen der Mittelschule oder Förderschule vorzubereiten und zu unterstützen. Dazu gehört zunächst eine durchdachte individuelle Berufswahl, der Erwerb der notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen für einen erfolgreichen Bewerbungsprozess sowie der persönlichen und sozialen Kompetenzen, die für das berufliche Leben grundlegend sind (Ausbildungsreife).Das JADE-Programm ist ein kontinuierliches ganzjähriges Angebot für alle Jugendlichen in den achten und neunten Regelklassen und Übergangsklassen. Die Umsetzung von JADE erfolgt in sinnvoll aufeinander folgenden und mit der Schule und der Berufsberatung der Agentur abgestimmten Phasen und Arbeitsschritten. Zu Beginn eines Schuljahres ist hierzu gemeinsam mit der Schulleitung, den Lehrkräften der Abschlussklassen und der Berufsberatung eine abgestimmte schulbezogene Jahresplanung für JADE zu erarbeiten.
Dank der guten Zusammenarbeit von Schule, JADE, Berufsberatung und Ehrenamtlichen konnte der Anteil der nach der 9. Klasse unversorgten Mittelschülerinnen und -schüler auf relativ konstante 1,3% gesenkt werden (s. JADE-Statistik). Im Herbst 2020 soll dem Stadtrat eine Beschlussvorlage vorgelegt werden, die vorsieht, JADE auf die Mittlere Reife Klassen der Mittelschulen auszudehnen, um spätere Abbrüche in der Fachoberschulen zu verhindern.
Realschulen und Schulen besonderer Art
An den städtischen Realschulen und Schulen besonderer Art wird bereits in der Vorvorklasse, der 8. Jahrgangsstufe, eine Profilwerkstatt angeboten. In dieser können die Schülerinnen und Schüler ihre Fertigkeiten in verschiedenen Bereichen, beispielsweise Pflege und Handwerk, prüfen. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet und besprochen. Nach dieser ersten Orientierungsphase in der Vorvorklasse, findet in der darauf folgenden Jahrgangsstufe wöchentlicher Unterricht zur Berufsorientierung und – findung statt. In diesem werden die Interessensfelder und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler konkretisiert und Kontakte zur Berufswelt geknüpft. Die praktische Umsetzung erfolgt in einem Schulpraktikum. Ein Sofortprogramm, das hierbei unterstützt und eine weitere Plattform für Schülerinnen und Schüler bildet, würde den Übergang von der Schule in das Berufsleben sicherlich positiv beeinflussen.
Gymnasium
Die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler hat auch als Bildungsaufgabe des Gymnasiums in den vergangenen Jahren zunehmend
an Bedeutung gewonnen.
Dem trägt unter anderem das Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung (P-Seminar) Rechnung. Dies verankert die berufliche Orientierung in der Stundentafel der Oberstufe. Um die berufliche Orientierung am Gymnasium weiter zu stärken, wurde das Konzept zur schulartspezifischen Weiterentwicklung der Studien- und Berufsorientierung am Gymnasiumentwickelt. So soll jede Schülerin und jeder Schüler eine Berufsfindungskompetenz entwickeln, um die eigene Studien- und Berufswahl bewusst und zielorientiert treffen zu können. Dazu sieht das Konzept neben dem gymnasialspezifischen Fokus auf die Studienorientierung auch eine stärkere Betonung der dualen Bildungswege vor. Eine Verdichtung der Studien- und Berufsorientierung in der Mittelstufe soll dabei sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler auf die spezifischen Anforderungen des P-Seminars vorbereitet sind und auch die Möglichkeiten der dualen Ausbildung frühzeitig kennenlernen.
Die neu installierten Koordinatorinnen und Koordinatoren für Berufliche Orientierung etablieren geeignete Konzepte für die Gegebenheiten vor Ort und unterstützen die Beratungslehrkräfte. So finden in der Mittelstufe mehrwöchige verbindliche Betriebspraktika statt, anschließend be suchen die Schülerinnen und Schüler die genannten Seminare zur Berufs- und Studien
wahl, in denen u.a. zentrale Inhalte für die Arbeitsweltvermittelt werden.
Weitere Aktivitäten des Referats für Bildung und Sport:
Der Fachbereich 4 – Internationale Bildungskooperationen (IBK) – am Pädagogischen Institut – Zentrum für Kommunales Bildungsmanagement konzipiert internationale Fortbildungsprogramme sowohl für Lehr- und Erziehungskräfte als auch für Schülerinnen und Schüler an allgemein- wie berufsbildenden Schulen der Landeshauptstadt München. Inhalte, Konzeption und Durchführung der Programme orientieren sich an den strategischen Handlungsfeldern des Referats für Bildung und Sport.
Ein strategischer Fokus der Arbeit des Fachbereichs IBK liegt dabei auf dem Handlungsfeld Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit. Mit der Umsetzung von spezifischen Projekten, Programmen und im Rahmen europäischer und internationaler Kooperationen leistet der Fachbereich einen Beitrag zur Förderung von mehr Bildungsgerechtigkeit sowie zur Verminderung von Jugendarbeitslosigkeit und stärkt so die berufliche Integration von Jugendlichen europaweit.
Die Aktivitäten des Fachbereichs umfassen folgende Bereiche:
Durchführung von Programmen und Mobilitäten im Rahmen des EU-Bildungsprogramms Erasmus+
Förderung von beruflichen Praktika für Auszubildende in Europa Mit der Beantragung von Europaprojekten seit 2009 und seit 2014 unter der Programmgeneration Erasmus+ des EU-Bildungsprogramms kann
der Fachbereich jährlich Fördergelder zwischen 300.000 und 400.000 Euro einwerben, um insbesondere jungen Menschen im Rahmen ihrer Ausbildung ein Berufspraktikum in einem Land der Europäischen Union zu ermöglichen. Auf diese Weise werden die späteren Fachkräfte auf die Globalisierung des Arbeitsmarktes vorbereitet. Im Fokus stehen dabei nicht nur die Vermittlung internationaler Berufskompetenzen sondern auch die Stärkung von Fremdsprachenkenntnissen, interkul turelle Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit und Selbständigkeit – Qualifikationen, die für den europäischen Arbeitsmarkt von zunehmender Bedeutung sind. Die Förderung der Auszubildenden ist nicht abhängig von den schulischen Leistungen, sondern zielt vielmehr auf die Motivation der/ des Auszubildenden ab. Das europäische Förderprogramm Erasmus+ soll Chancengleichheit und Inklusion fördern, indem insbesondere Teilnehmenden aus benachteiligten Verhältnissen der Zugang zu den bestehenden europäischen Förderprogrammen erleichtert wird.
Fachkräftemangel im Bereich KITA München
Eine Kooperation zwischen der Universitat Autónoma de Barcelona (UAB) und dem Städtischen Träger bei RBS-KITA ermöglicht Studentinnen und Studenten der Kindheitspädagogik aus Barcelona seit 2013, ein fünfmonatiges Praktikum in einer Münchner Kindertageseinrichtung zu absolvieren. Im Anschluss können diese eine Festanstellung als pädagogische Fach kraft in München erhalten. Das Fachpersonal wird größtenteils in den im Aufbau befindlichen bilingualen KITAs eingesetzt.
Im Rahmen eines Fachkräfteprogramms für Erzieherinnen und Erzieher nach Barcelona können sich dagegen Münchner Fachkräfte über das spanische Bildungs- und Erziehungssystem informieren und Konzepte über die Vorschulerziehung und der frühkindlichen Pädagogik erhalten. Das Programm dient einer intensiven Auseinandersetzung mit dem spanischen Bildungssystem und soll die Zusammenarbeit mit den spanischen Kolleginnen und Kollegen in München stärken.
Zur aktiven Umsetzung bilingualer Angebote wird muttersprachliches Personal auch aus Frankreich angeworben. Es werden Infoanzeigen geschaltet, es finden Austauschveranstaltungen im jeweiligen Land statt,Partnerschaften von Kindertageseinrichtungen werden gepflegt und der Austausch von pädagogischen Fachkräften intensiviert. Die durch den Geschäftsbereich KITA initiierten Maßnahmen werden im Rahmen von Erasmus+ durch IBK finanziell und fachlich unterstützt.
Förderung politischer Bildung und gesellschaftlicher Partizipation von Jugendlichen
Der Fachbereich ist seit 2018 und bis 2020 Partner im Kooperationsprojekt „Generation Europe – Young Democracy in Action“. Ziel des Projekts ist es, politische Bildung im europäischen Austausch für heterogene Zielgruppen zugänglich zu machen. Dabei werden Jugendliche, die sich in der Regel nicht von internationalem Austausch angesprochen fühlen, in einen Dialog mit politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern gebracht. Auf diesem Weg wird ein Beitrag zur Förderung einer aktiven europäischen Zivilgesellschaft und zu mehr Bildungsgerechtigkeit geleistet.
Das dem Projekt zugrunde liegende Netzwerk von insgesamt 30 Partner- organisationen aus 15europäischen Ländern motiviert Jugendliche zum gemeinsamen politischen Handeln und schafft im Rahmen von trilateralen Partnerschaften, in denen die jungen Menschen in lokalen Vorbereitungstreffen und einer jährlichen Jugendbegegnung über einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren zusammenarbeiten, dafür die Voraussetzungen. Innerhalb dieses Netzwerks bildet der Fachbereich IBK eine Partnerschaft zusammen mit der Fundacja Borussia Olsztyn in Polen und Irènia – Jocs de Pau in Katalonien/Spanien. Das Projekt wird gefördert durch das europäische Bildungsprogramm Erasmus+ JUGEND in Aktion, auf Bundesebene aus Mitteln des BMFSFJ und der Stiftung Mercator, regional von verschiedenen Länderministerien sowie kommunal vom Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München.
Transnationale Zusammenarbeit zum Austausch guter Praxis und zum Innovationstransfer
Der Fachbereich Internationale Bildungskooperationen ist Mitglied in zahlreichen europäischen Netzwerken, deren Mitgliedsstädte es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht haben, die Jugendarbeitslosigkeit zu vermindern und Inklusion durch Bildung zu gestalten.
Städtenetzwerk EuroCities: Arbeitsgruppe Bildung
Fokus der Arbeitsgruppe ist „Inklusion durch Bildung“, das heißt auch Menschen mit geringeren Chancen an Bildung teilhaben zu lassen und Bildung gerecht zu gestalten. Im Rahmen der zweimal im Jahr stattfindenden Arbeitsgruppentreffen tauschen sich Expertinnen und Experten aus etwa20 europäischen Großstädten zu den zentralen Herausforderungen in den Städten aus – mit dem Ziel, Segregation in den Städten einzudämmen und Inklusion zu verwirklichen. Berufliche Bildung und Jugendarbeitslosigkeit
sind im Rahmen dieser Thematik ein Schwerpunkt der Konferenzen.
Die Vernetzung mit den Expertinnen und Experten aus den anderen europäischen Städten dient dabei sowohl dem Austausch guter Praxis als auch der Erarbeitung von Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen in gemeinsamen Projekten.
Städtenetzwerk Xarxa FP
Das im Jahr 1999 in Barcelona gegründete Netzwerk (33 Städte aus 15 europäischen Ländern) bietet eine nachhaltige Infrastruktur zwischen lokalen Verwaltungen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen, um Mobilitäten in der Beruflichen Bildung europaweit zu stärken. Im Fokus der Netzwerk- arbeit steht die Organisation von qualitativ hochwertigen beruflichen Praktika für Auszubildende in Europa. Jährlich nehmen rund 500 europäische Auszubildende an einer von Xarxa FP organisierten Mobilität teil. Die Stadt München entsendet nicht nur in hohem Maße Auszubildende ins europäische Ausland, sondern organisiert ebenfalls durch den Fachbereich Internationale Bildungskooperationen zahlreiche Praktikumsplätze in München für europäische Auszubildende.
Delegationen
Aufgrund der umfassenden Kooperationen, Programme und Mitgliedschaften in Netzwerken koordiniert der Fachbereich Internationale Bildungskooperationen zahlreiche Aufenthalte ausländischer Delegationen in München. Der Fokus dieser Veranstaltungen liegt in einem hohem Maße auf der Beruflichen Bildung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Delegationen möchten sich über das Duale Ausbildungssystem informieren, um die Ausbildung im eigenen Land zu stärken, sie bedarfsorientierter zu gestalten und um letztendlich der Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass der Einfluss der Landeshauptstadt München auf die europäische Jugendarbeitslosigkeit begrenzt ist. Dessen ungeachtet bietet über die beschriebenen Aktivitäten des Fachbereichs IBK hinaus der Münchner Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen aus dem europäischen Ausland. Von besonderer Bedeutung hierbei ist der Bereich der Alten- und Krankenpflege, in dem sich der Fachkräftemangel besonders bemerkbar macht. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat im Jahr 2018 gemeinsam mit dem Referat für Bildung und Sport und dem Sozialreferat eine Un ter-suchung an den Münchner Berufsfachschulen durchgeführt.2 34,1% der befragten Berufsfachschülerinnen und Berufsfachschüler haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Mit 38,7% verfügen besonders viele der ausländischen Befragten über die Staatsangehörigkeit von Bos nien und Herzegowina. Die bosnisch-herzegowinischen Berufsfachschülerinnen und Berufsfachschüler konzentrieren sich auf die Pflegeberufe: 89,2% von ihnen erlernen den Beruf Altenpfleger/-in und 4,6% den Beruf Krankenpfleger/-in. In den genannten Bereichen bestehen sehr gute Beschäftigungsmöglichkeiten für aus dem Ausland kommende bzw. dort von Jugendarbeitslosigkeit betroffene Personen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.
1Siehe Beschluss Bündelung der Angebote für junge Menschen unter 25 im Übergang in den Beruf „Junge Menschen in Bildung und Beruf – JIBB“ in der gemeinsamen Sitzung des Bildungsausschusses, des Kinder- und Jugendhilfeausschusses, des Sozialausschusses und des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft des Stadtrates vom 16.6.2015, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 03017
2Siehe Bekanntgabe „Berufsausbildung und Wohnen in München“ – Ergebnisse einer Befragung der Berufsfachschülerinnen und Berufsfachschüler in München in der gemeinsamen Sitzung des Bildungsausschusses, des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft und des Sozialausschusses des Stadtrats vom 3.7.2019, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15088