Anreize setzen für zukunftsweisende ökologische Fassadengestaltung
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Angelika Pilz-Strasser, Dr. Florian Roth und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 7.6.2019
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Zu Ihrem Antrag, ein neues Förderprogramm für ökologisch motivierte Fassadengestaltung (z.B. Solarenergie und Begrünung) bei Gebäudesanierung und Neubauten als Teil des Förderprogramms Energieeinsparung aufzulegen, kann ich Ihnen mitteilen, dass Ihrem Anliegen bereits durch gültige Förderprogramme der Landeshauptstadt München entsprochen wurde.
Die Umsetzung ökologisch motivierter Fassadenbegrünung kann einen positiven Beitrag zur Erreichung der städtischen Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele leisten, die Aufnahme eines neuen Fördertatbestands dafür ist jedoch nicht notwendig, da sowohl im Förderprogramm Energieeinsparung, als auch im Begrünungsprogramm des Baureferats die entsprechenden Fördertatbestände bereits bestehen:
-Im Förderprogramm Energieeinsparung (FES) werden thermische Solaranlagen schon lange gefördert und mit der neuen Richtlinie seit dem 1.4.2019 auch Photovoltaikanlagen. Die Nutzung von Fassadenflächen für Photovoltaik wird zusätzlich zur Basisförderung mit einem Bonus von 200 Euro je kWp bezuschusst.
-Die Begrünung von Fassaden wird vom Baureferat gefördert mit dem „Sonderprogramm der Landeshauptstadt München zur Förderung von Innenhof-, Vorgarten-, Dach- und Fassadenbegrünung, Entsiegelung sowie von naturnaher Begrünung von Firmengeländen“. Zu dem Förderprogramm teilt das Baureferat Folgendes mit:
„Bereits seit 1995 steht ein Förderprogramm für Fassadenbegrünung zur Verfügung, das zum 1.12019 aktualisiert wurde (Beschluss des Bauausschusses, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11236 vom 6.11.2018). Danach können freiwillige Begrünungen an Wohngebäuden, die über mindestens 4 Wohneinheiten verfügen, oder an Firmengebäuden bezuschusst werden. Derzeit können alle Fassadenbegrünungen, bei denen die Pflanzen Anschluss zum Erdboden haben, hiermit gefördert werden. So genannte ‚Wandgebundene Begrünungen‘, bei denen die Pflanzen über keinen Bodenanschluss verfügen, sind noch nicht Teil der Förderung. Im Rahmen eines Pilotprojekts installiert das Baureferat derzeit bepflanzte Testwändean einem städtischen Gebäude. Da diese Art der Fassadenbegrünung hohen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist, muss sie mehrere Jahre unter den klimatischen Bedingungen Münchens getestet und bewertet werden. Entsprechend den Ergebnissen, die aus dem Pilotprojekt gewonnen werden, wird geprüft, ob und in welcher Höhe eine wandgebundene Fassadenbegrünung mit städtischen Mitteln gefördert werden kann.“
Der Zuschuss für freiwillige Fassadenbegrünungen beträgt 100% der Pflanzkosten und 50% der Kosten für Vorbereitung, Herstellung und Rankhilfen bei Fassaden zum Straßenraum und 50% der Pflanzkosten bei Fassaden zu den übrigen Seiten.
Weitere Instrumente und Maßnahmen zur Gebäudebegrünung der Landeshauptstadt München wurden in der Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 12406 „Mehr Gebäudebegrünung in München umsetzen“ 2018 umfassend dargestellt.
Ihrem Antrag zur Fassadenbegrünung haben Sie Bilder des Verwaltungsgebäudes in Venlo beigefügt. Die 2000 m² begrünte Fassadenfläche auf der Nordseite des 11-geschossigen Verwaltungsgebäudes kann als Symbol für den biologischen Vegetationskreislauf und damit als Hinweis auf das „cradle-to-cradle“ Prinzip verstanden werden, das Grundlage war für die Planung und Ausführung des Gebäudes. Sie hat in erster Linie die Funktion, als Teil der Fassadenkonstruktion vor Hitzestress im Gebäude zu schützen, bietet ein vielfältiges Habitat für Flora und Fauna und trägt, wie alle Fassadenbegrünungen und Pflanzungen, bei zur Verbesserung des lokalen Mikroklimas. Es handelt sich um eine sogenannte „bodenunabhängige vertikale Begrünung“, als vorgehängte hinterlüftete Fassade vor der tragenden Außenwand. Die Pflanzen in den hängenden Substratbehältern müssen künstlich bewässert, gedüngt und im Winter vor Frost geschützt werden. Darüber, ob diese Fassadenbegrünung zur Verbesserung der Energiebilanz des Gebäudes beiträgt, ist in den Dokumentationen zu Venlo keine konkrete Aussage zu finden 1.
Nachvollziehbar ist, dass Fassadenbegrünungen eine „Pufferwirkung“2 gegenüber starker sommerlicher Hitzeeinwirkung haben, also die Außenlufttemperatur in unmittelbarer Umgebung der begrünten Wand durch die Verdunstungsleistung der Pflanzen und durch die Verschattung gegenüber der regulären Außenlufttemperatur an heißen Tagen temporär herabgesetzt ist. Zudem kann sich eine Fassadenbegrünung durch die Verschattung von Fassaden- und Fensterflächen auch positiv auf das Innenraumklima und da-mit auf die Energieeffizienz des Gebäudes auswirken. Eine Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes des Gebäudes ist jedoch mit den derzeitigen stationären Nachweisverfahren nach EnEV nicht quantifizierbar.
Im FES wird die Einsparung von Energie gefördert. Eine Förderung der bodenunabhängigen Fassadenbegrünung im FES als reguläre „Wärmeschutzmaßnahme“ ist daher nicht plausibel.
Mit der Innovationsprämie können im FES jedoch Einzelfalllösungen für außergewöhnliche Konzepte zur Energieeinsparung im Gebäudebereich gefördert werden. Die Förderung erfolgt, je nach Innovationsklasse, anteilig zu den Investitionskosten für die Maßnahme. Denkbar wäre die Prüfung einer Förderung für ein „low-energy“ Gebäudekonzept3 im Rahmen der Innovationsprämie, bei dem im Zusammenwirken mit passiven Kühleffekten der Belüftung, Belichtung und der Nutzung der Wärmespeicherkapazität der Bauteile, auch der Kühleffekt einer Fassadenbegrünung plausibel nachgewiesen werden könnte (z.B. durch eine Simulationsberechnung). Sofern die Fassadenbegrünung nicht schon vom Baureferat gefördert wird, könnten in diesem Fall die Investitionskosten für die Fassadenbegrünung als Bestandteil der passiven, energiesparenden Gebäudekühlung bei der Berechnung der Innovationsprämie nach dem FES mitberücksichtigt werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die angesprochenen Fördermöglichkeiten bereits Gegenstand der gültigen Programme der Landeshauptstadt München sind und die Intention Ihres Antrags schon umgesetzt ist. Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 https://c2cvenlo.nl/de/stadtverwaltung-venlo/
2 „Wärmedurchfluss der begrünten Fassade der MA48 außen [W/m²]: 8.-15.Juli 2011“, Seite 8, Leitfaden Fassadenbegrünung der Stadt Wien, Umweltschutzabteilung – MA22, Wien 2013 3 Beispiel im Gebäudeenergieberater GEB 07/08 2019, „Fassadenbegrünung: Energieeffizienter, kostengünstiger Sonnenschutz“, Beispiel Institut für Physik Berlin-Adlershof