HKW Nord 2: Umsetzung des Bürgerentscheids V Welche Folgen hat eine Abschaltung des HKW Nord 2 für die Belegschaft?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) vom 21.10.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 21.10.2019 führten Sie als Begründung aus: „Zwei Jahre nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid ‚Raus aus der Steinkohle‘ ist die Debatte um dessen Umsetzung im Stadtrat wieder entbrannt. Zwei Jahre sind vergangen, ohne dass merkliche Schritte zum Ende der Kohleverbrennung eingeleitet wurden. Es gilt weiterhin den Willen der Bürger*innen umzusetzen, nämlich des Ende der Kohleverbren- nung im HKW Nord 2 und die maximale Reduktion der CO2-Emissionen. ‚Die globale Reduktion des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes ist jedoch das vordringlichste Ziel unserer Zeit und verzeiht keinen Aufschub.‘ (SWM) Das aktuelle Gutachten des TÜV Süd scheint aufgrund falscher Fragenstel- lungen und dem Zeitdruck nicht in diesem Sinne ausgearbeitet worden zu sein. In Zeiten von Hitzerekorden, Dürresommer und Klimaflucht ist konse- quentes Handeln im Sinne der Klimagerechtigkeit nötig. Als demokratisch legitimiertes Gremium benötigt der Stadtrat ausreichende Informationen, um den Stadtwerken (SWM) Vorgaben zum Einsatz ihres Kraftwerksparks geben zu können.
Wichtig ist, dass die Beschäftigten im HKW Nord 2 keine sozialen und wirtschaftlichen Nachteile durch die Abschaltung erleiden werden. Dafür muss die Stadt bzw. die SWM alle Maßnahmen ergreifen. Die Expertise der Belegschaft wird nötig sein, um eine dezentrale Energiewende in München voranzutreiben. Mit einem entschlossenen und ambitionierten Han- deln kann die Stadt München und die SWM zu einem wahren Vorreiter der Energiewende werden. Das schnellstmögliche Ende der Kohleverbrennung im HKW Nord ist dabei ein erster wesentlicher Schritt.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der Stadtwerke München GmbH wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
Die SWM haben nach dem Vorliegen des Ergebnisses des Bürgerentscheids HKW Nord die Stilllegung beim Übertragungsnetzbetreiber (TEN-NET) sowie bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) angezeigt. Die SWM hatten bereits zu Beginn der Debatte um die Stilllegung auf die vermutete Systemrelevanz und die Relevanz des Blockes für die Sicherung der Fern-wärmeversorgung hingewiesen. Dennoch haben sich die SWM intensiv um Alternativlösungen bemüht, die jedoch von den einschlägigen Gremien (Gemeinderat Unterföhring und Bezirksausschüsse) abgelehnt wurden. Insofern ist es nicht zutreffend, dass keine merklichen Schritte eingeleitet wurden. Inzwischen wurde von der BNetzA die Systemrelevanz bestätigt. Darüber hinaus hat der TÜV Süd die Deckungslücke in der Fernwärmeversorgung verifiziert und die von den SWM vorgeschlagene, reduzierte Fahrweise als „die momentan bestmögliche CO2-Optimierung“ bezeichnet.
Frage 1:
Wie groß ist die Belegschaft, die am HKW Nord 2 tätig ist? Wie viele Beschäftigte wären von einer Abschaltung des HKW Nord 2 2022 betroffen? Wie viele Beschäftigte wären betroffen, wenn das HKW Nord 2 ab 2022 nur noch als Reserve für Notfälle genutzt werden würde?
Antwort:
Nach aktuellem Stand wären von einer Stilllegung des Block 2 im HKW Nord – die jedoch rechtlich derzeit nicht möglich ist – ca. 107 Mitarbeiter betroffen. Sollte der Block 2 nur noch nach den Anforderungen des Übertragungsnetzbetreibers gefahren werden, wären die Kosten von diesem zu tragen. Hierbei bedürfte es auch einer Abstimmung über die notwendigen Anforderungen und das dafür notwendige Personal.
Frage 2:
Die SWM werben aktuell mit „Jobtagen“ um technisches Fachpersonal1 (sowohl Techniker*innen und Ingenieur*innen). Wie hoch ist der aktuelle Bedarf der SWM für Fachkräfte? Wie viele Beschäftigte des HKW Nord 2 könnten direkt auf andere Stellen innerhalb der SWM übernommen wer- den?
Antwort:
In der wachsenden Stadt München wachsen auch die Aufgaben des Infrastrukturdienstleisters und Versorgers SWM. Aktuell sind die SWM daher intensiv auf der Suche nach Fachpersonal. Wobei das Wachstum in Bereichen erfolgt, deren Anforderungen nicht zwingend mit den Qualifikationen der Mitarbeiter, die im HKW Nord tätig sind, übereinstimmen. Im Falle einer Stilllegung würden einige Ingenieure mit den Rückbauarbeiten betraut werden. Ein Teil der Mitarbeiter könnte vermutlich in anderen Bereichen (Geothermieausbau etc.) zum Einsatz kommen. Für etwa 20 Mitarbeiter kann dahingehend noch keine perspektivische Aussage getroffen werden, da die Tätigkeiten komplett entfallen würden.
Frage 3:
Welche Maßnahmen würde die Stadt bzw. die SWM bei einer frühzeitigen Abschaltung des HKW Nord 2 einleiten, damit die Beschäftigten keine sozialen und wirtschaftlichen Nachteile erleiden?
Antwort:
Nach der aktuellen Rechtslage ist der Block 2 systemrelevant. Damit bedürfte es bei einem Betrieb der Erzeugungsanlage auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers zuerst der weiteren Abstimmung mit TENNET und ggf. der BNetzA über die dann geltenden Anforderungen und das dann noch erforderliche Personal.
Sofern der Stadtrat sich für die CO2-optimierte Fahrweise ausspricht, wären keine personellen Änderungen erforderlich.
Frage 4:
In der Ausschusssitzung für Arbeit und Wirtschaft am 16.7.2019 wurde erwähnt, dass junge Ingenieure wegen mangelnder Zukunftsperspektiven die SWM verlassen. Sieht die SWM die Möglichkeit durch gezielte und verstärkte Förderung von Zukunftstechnologien (wie Geothermie und Pow- er-to-Gas) wieder attraktiver für Fachkräfte zu werden?
Antwort:
Die SWM engagieren sich intensiv im Bereich der Zukunftstechnologien für die Energieversorgung und sind auf diesen Feldern – in denen sie bereits heute sowie mittel- und langfristig Arbeitsplätze anbieten können – auch ein attraktiver Arbeitgeber.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.
1 www.swm.de/ jobtag-technik