Münchner Polizei auf Festlichkeiten islamistischer Vereine?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Jutta Koller, Dominik Krause und Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 23.10.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 23.10.2019 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Die Anfrage konnte nicht innerhalb der geschäftsordnungsgemäßen Frist erledigt werden, da noch Stellungnahmen anderer Fachdienststellen abzuwarten waren.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Auf zwei am 13.10.2019 auf der Facebook-Seite der Zeitschrift ARI veröf- fentlichten Aufnahmen ist die Teilnahme von mindestens zwei Polizeibeamten der Polizei München bei den Feierlichkeiten zur Neueröffnung des ‚Bildungs- und Erziehungszentrums‘ der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs Regionalverband Südbayern e.V. (IGMG Südbayern) am 11.10.2019 in Moosach zu sehen.
Anlässlich der Gründung des ‚Bundes Türkischer Vereine in München‘ fragte die grüne Landtagsabgeordnete Katharina Schulze im Dezember 2018 die Staatsregierung u.a.:
‚1.2. Welche im ‚Bund Türkischer Vereine in München‘ vertretenen Vereine und Organisationen können dem islamistischen Spektrum zugeordnet werden?‘
Das Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration antwortete am 28.1.2019 wie folgt:
‚Es wird Bezug genommen auf die unterhttps://www.facebook.com/ TurkMuenchen/photos/pcb.2018283161569481/2018283071569490/ty- pe=3&theaterveröffentlichten ‚Vereine und Institutionen‘. Davon unterliegen folgende Vereine dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Landesamts für Verfassungsschutz:
- IGMG Südbayern e.V.,
- Saadet München e.V.
Die genannten Vereine weisen Bezüge zur islamistischen Milli Görüs-Bewegung auf.‘
Der Antwort des Ministeriums ist außerdem zu entnehmen, dass die IGMG Südbayern aufgrund dieser Bezüge vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird und dass sich im oben genannten ‚Bund Türkischer Vereine in München‘ neben der IGMG Südbayern auch drei Vereine finden, die ‚Bezüge zum türkisch-rechtsextremistischen Spektrum der Grauen Wölfe‘ aufweisen.
Deshalb fragen wir:“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Wie schätzt die Stadtverwaltung die IGMG Südbayern ein?
Antwort des Kreisverwaltungsreferats:
Der Verein „IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, Regionalverband Süd-Bayern e.V.“ ist dem Kreisverwaltungsreferat bekannt. Der Verein ist ein Regionalverband der bundesweit organisierten IGMG. Er sieht sich als Bindeglied zwischen dem Dachverband IGMG und den IGMG Ortsvereinen in Südbayern. Verschiedentlich werden öffentliche Veranstaltungen und Informationsstände im Stadtgebiet durchgeführt.
Die Milli-Görüs-Bewegung insgesamt vertritt mit ihrem auf eine religiös-islamische Ordnung ausgerichteten Konzept der „gerechten Ordnung“ („Adil Düzen“) eine Agenda, die mit den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Die Einführung der von der Milli-Görüs-Bewegung vertretenen Ideologie würde Gewaltenteilung, Rechtsstaatsprinzip, Unabhängigkeit der Justiz und das Demokratieprinzip beseitigen bzw. stark einschränken.
Es ist jedoch festzustellen, dass es bei Teilen der Anhänger der IGMG bereits seit Jahren Anzeichen einer Loslösung von der Milli-Görüs-Bewegung gibt. Inwieweit und in welchem Ausmaß dies auch auf die Anhänger des Vereins „IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs Regionalverband Süd-Bayern e.V.“ zutrifft, kann durch das Kreisverwaltungsreferat nicht beurteilt werden.
Frage 2:
Wie schätzt die Polizei die IGMG Südbayern ein?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
Die „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs“ (IGMG) ist aus der türkischen „Milli-Görüs-Bewegung“ entstanden und dem Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern bekannt. Auf den Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 darf verwiesen werden.
Frage 3:
Was war der Grund für die Teilnahme der Polizei München an den Festlichkeiten der IGMG Südbayern?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
Der betreffenden Eröffnungsfeier wurde im Rahmen der polizeilich vorgesehenen Veranstaltungsbetreuung beigewohnt. Eine offizielle Einladung hierzu erfolgte bereits im September 2019.
Frage 4:
Welche Erkenntnisse erhoffte sich die Polizei München aus der Teilnahme an der oben genannten Veranstaltung?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
Die Veranstaltung wurde primär zur Kontaktpflege beziehungsweise Kontaktaufnahme genutzt. Insbesondere eine regelmäßige Kontaktaufnahme ist Grundlage für eine vertrauensvolle Basis und bietet regelmäßig die Möglichkeit präventiver Einflussnahme. Auf diese Weise können einzelnen Personen gegebenenfalls frühzeitig Vermittlungsangebote (beispielsweise an die „Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus“ (BIGE) vorgeschlagen, sowie auf die vielfältigen Vortrags- und Informationsangebote des Polizeipräsidiums München hingewiesen werden.
Frage 5:
Anhand welcher Kriterien entscheidet die Polizei München über die Teilnahme an Veranstaltungen vergleichbar mit der oben genannten?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
Es ist Ziel des Polizeipräsidiums München, langfristig Kontakte zur ausländischen Bevölkerung herzustellen bzw. zu pflegen.
Gerade der Kontakt zu ausländischen Vereinen mit Staatsschutzerkenntnissen ist wichtig, da somit einer Abschottung oder gar Entwicklung einer Parallelgesellschaft frühzeitig entgegengewirkt werden kann.
Darüber hinaus ist die Entscheidung über die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung durch Vertreter der örtlich zuständigen Polizeiinspektion einzelfallbezogen und liegt bei der Inspektion selbst, ggf. unter Einbindung der vorgesetzten Dienststellen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten.