Den Münchner Norden gestalten 9: Feldmoching
Antrag Stadtrats-Mitglieder Manuel Pretzl und Dorothea Wiepcke
(CSU-Fraktion) vom 13.9.2019
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. v. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 13.9.2019, das Überschwemmungsgebiet am Würmkanal sowie die Frage, ob das bestehende Kanalsystem die Anbindung weiterer Neubaugebiete aufnehmen kann, zu überprüfen, teile ich Ihnen aus der Sicht des Referates für Gesundheit und Umwelt (RGU) als Untere Wasserrechtsbehörde im Rahmen des Vollzugs der Wassergesetze unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes München (WWA) sowie der Münchner Stadtentwässerung (MSE) Folgendes mit:
Überschwemmungsgebiet am Würmkanal:
Die Würm und der Würmkanal sind Gewässer erster Ordnung, für die dem Freistaat, vertreten durch das WWA, die Unterhaltsverpflichtung und auch die Zuständigkeit für etwaige Gewässerausbaumaßnahmen obliegt. Das Überschwemmungsgebiet am Würmkanal wurde vom WWA ermittelt. Die Ermittlung der Überschwemmungsgebiete in Bayern erfolgt meist mithilfe eines hydraulischen Modells. Eine Modellierung ist notwendig, da meistens keine ausreichenden Aufzeichnungen von historischen Hochwasserereignissen dieser Größenordnung vorliegen. In das Modell gehen Daten zur Geländeoberfläche (Topographie) und aus der Abflussermittlung (Hydrologie) ein. Der gesamte Flussbereich wird in einer vegetationsarmen Zeit mit sog. Laserscannern oder mit Luftbildkameras aufgenommen. Als zweite Informationsgrundlage wird das Flussprofil vermessen. Aus der Auswertung der Aufnahmen und der Vermessung des Flussbetts (Gewässerprofils) wird ein detailliertes Digitales Geländemodell (DGM) erstellt. Das DGM stellt eine Abbildung der Erdoberfläche in Einzelpunkten dar, wonach jeder Punkt durch drei Koordinaten (Rechtswert, Hochwert und Höhe über Normalnull) gekennzeichnet ist. In dem Digitalen Höhenmodell des Geländes und des Flusslaufs wird im nächsten Schritt mithilfe speziellerSoftware durch EDV der Abfluss eines 100-jährlichen Hochwassers simuliert.
Das Digitale Geländemodell der Würm und des Würmkanals basiert auf der Grundlage einer Laserbefliegung des Jahres 2003 im 2-m Raster. Zusätzliche terrestrische Vermessungen weiterer Gewässerprofile erfolgten im Frühjahr 2013 sowie 2017. Die Landnutzung wurde aus AT-KIS-Daten (Amtliches-Topographisch-Kartographisches-Informationssystem) abgeleitet. Für die Ermittlung des Überschwemmungsgebietes wurde das hydraulische Modell mit der Modell-ID 2319 von 2013 herangezogen. Dieses Modell umfasst die Fluss-km 0 - 39,6 der Würm sowie die Fluss-km 0 - 5,5 des Würmkanals.
Die Abschnitte der Würm (Fluss-km ca. 8,9 bis ca. 9,3) und des Würmkanals (Fluss-km 0 bis ca. 4,1) liegen innerhalb des Hochwasserrisikogebiets nach § 73 Abs. 1 WHG i. V. m. § 73 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 WHG. Das Überschwemmungsgebiet musste vom RGU mit Bekanntmachung vom 10.7.2018 vorläufig gesichert werden. Ein Ermessen besteht nicht. Die vorläufige Sicherung dieses Überschwemmungsgebietes endet, sobald die Rechtsverordnung zur Festsetzung des Überschwemmungsgebietes in Kraft tritt, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren nach der Bekanntmachung im Amtsblatt (9.7.2023).
Betroffen sind in Feldmoching derzeit überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen.
Das WWA sieht gemäß Stellungnahme vom 6.12.19 keine Veranlassung für eine aktuelle Überprüfung des Überschwemmungsgebietes, wird aber ggf. eine weitere Überprüfung des Überschwemmungsgebietes bei neuen Erkenntnissen im Festsetzungsverfahren veranlassen.
Das Festsetzungsverfahren wird gestartet, sobald die Frage geklärt ist, ob eine Reaktivierung der zugewachsenen ehemaligen Entwässerungsgräben möglich und sinnvoll ist. Die Gräben hatten bei ihrer Errichtung die Funktion, das Sickerwasser aus dem Würmkanal aufzufangen. Diese Funktion haben die Entwässerungsgräben mit der Abdichtung des Würmkanals verloren. Die Untere Naturschutzbehörde als auch das Wasserwirtschaftsamt München sind im laufenden Verfahren zur Prüfung einer Reaktivierbarkeit der Entwässerungsgräben beteiligt.
Stellungnahme der Münchner Stadtentwässerung zur Anbindung weiterer Neubaugebiete an das bestehende Kanalnetz:
Die MSE teilt hierzu Folgendes mit:
„Das bestehende Kanalsystem im Bereich von Feldmoching wurde nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausreichend dimensioniert und wird in regelmäßigen Abständen durch einen Generalentwässerungsplan erneut nachgewiesen. Im 24. Stadtbezirk befinden sich mehrereüberörtliche Hauptsammelkanäle. Diese weisen nach den aktuell gültigen Berechnungen noch Kapazitätsreserven für die Ableitung von zusätzlichem Schmutzwasser auf.
Die Erschließung von Neubaugebieten erfolgt durch neue, entsprechend dimensionierte, Schmutzwasserkanäle. Diese werden an leistungsfähige Vorflutkanäle angebunden. Das in den geplanten Neubaugebieten anfallende Niederschlagswasser darf grundsätzlich nicht in die Kanalisation eingeleitet werden und ist gemäß Wasserhaushaltsgesetz und Entwässerungssatzung der MSE grundsätzlich vor Ort zu versickern. Dazu sind in den jeweiligen Bebauungsplänen durch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung entsprechende Flächen für die Versickerung vorzusehen, festzusetzen und von anderen Nutzungen freizuhalten.“
Hochwasserschutzplanungen
Bisher liegen keine Hochwasserschutzplanungen für den Würmkanal vor. Bei der Ermittlung des Überschwemmungsgebiets handelt es sich um die Dokumentation eines aktuellen, natürlichen Zustands und nicht um eine veränderbare Planung.
Grundwasser, Nord-West-Sammelkanal (NWK)
Die Grundwassersituation wird seit Jahren vom RGU, der MSE und dem WWA intensiv bearbeitet. Die betroffenen Anwohner werden dabei fortlaufend eingebunden. Mit einem etwaigen Hochwasserschutz an der Würm und am Würmkanal steht dies aber nicht in Zusammenhang. Die Dükeranlagen am Nord-West-Sammelkanal haben ausschließlich die Aufgabe, den Grundwasserausgleich im Anstrom des Nord-West-Sammelkanals bescheidsgemäß zu halten.
Ein Hochwasser kann sich bei einer wasserdurchlässigen Bodenbeschaffenheit und unter entsprechenden geologischen und hydrogeologischen Faktoren auf das Grundwasser auswirken. Daher wird bei allen größeren Bauvorhaben eine dem Grundhochwasser angepasste Bauweise gefordert; dies bezieht sich auch auf die Ausführung der Kellerschächte und Kellerfenster. Nur so kann einem hohen Grundwasserstand wirkungsvoll begegnet werden.
Ich bitte von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.