Der große Kurzschluss! – Wie wird das Münchner Stromnetz für E-Autos aufgerüstet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Bayernpartei) vom 15.1.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 15.1.2020 führten Sie als Begründung aus: „Die Stadtwerke München sollen bis 2025 den gesamten Stromverbrauch der Stadt aus erneuerbaren Energiequellen abdecken, München soll also komplett mit Öko-Strom versorgt werden. Gleichzeitig wird von der Stadt- ratsmehrheit, dem Referat für Umwelt und Gesundheit sowie der Bundesregierung mit viel Steuergeld die batteriebetriebene E-Mobilität massiv gefördert. Dadurch steigt der Stromverbrauch in der Stadt drastisch an, das Netz an Ladeinfrastruktur im öffentlichen und privaten Bereich muss für die benötigten Strommengen aufgerüstet werden – die heutigen Kapazitäten und Leitungsquerschnitte sind bei weitem nicht ausreichend.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der Stadtwerke München GmbH (SWM) wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie wollen und können die Stadtwerke sicherstellen, dass sie den durch E-Fahrzeuge massiv steigenden Strombedarf der Stadt abdecken und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung weiterhin gewährleisten? Drohen Engpässe bis hin zum Blackout?
Antwort der SWM:
Seit ca. 2010 ist die Elektromobilität Bestandteil der strategischen Netzplanung. Dabei wird ein Hochlaufszenario für die E-Mobilität zu Grunde gelegt, das über den Annahmen der Automobilindustrie liegt.
Auf Basis dieses Hochlaufszenarios wird die Entwicklung bei der elektrischen Leistung (Versorgungssicherheit) und der elektrischen Arbeit (Strombedarf) als Grundlage für den Ausbau im Hochspannungsbereich prognostiziert.
Gemäß dieser Prognose steigt die Leistung in den 2030er Jahren deutlich (ggf. bis zu 50%) an. Diese Leistung kann über die vorhandenen Netze noch übertragen werden. Um einer weiteren Leistungssteigerung gerecht zu werden, werden seit einigen Jahren bei Umbauten in Netzen und Anlagen Möglichkeiten zur Leistungssteigerung eingeplant. So werden frühzei-tige Investitionen vermieden ohne die zukünftige Versorgungszuverlässigkeit einzuschränken.
Die Steigerung des Strombedarfes ist im gleichen Szenario deutlich geringer. Bereits heute kann aus dem Stromnetz der SWM zusätzlich elektrische Arbeit für täglich 10 Millionen Fahrkilometer (PKW) bereitgestellt werden. Prozentual entspricht das für den gleichen Zeitraum (2035) einer Steigerung des Strombedarfes im Netz der SWM von ca. 10%.
Diese Prognosen zeigen keine Einschränkung bei der Versorgungszuverlässigkeit, auch die Gefahr eines BlackOuts ist aufgrund des vorgesehenen Netzausbaus nicht erkennbar.
Frage 2:
Wie können und wollen die Stadtwerke den benötigten Strom zu den zahlreichen Ladestationen auf öffentlichem und privaten Grund bringen? Wie können die Stadtwerke sicherstellen, dass die Leitungsquerschnitte rechtzeitig und flächendeckend im Stadtgebiet vergrößert werden?
Antwort der SWM:
Die Versorgung der Ladeinfrastruktur erfolgt je nach angefordertem Bedarf standortbezogen aus dem Niederspannungsnetz. Die SWM weisen seit einigen Jahren die Kunden darauf hin, bei Neubauten bereits heute Reserven im Netzanschluss vorzusehen.
Das vorgelagerte Verteilnetz wird nach auf die Elektromobilität angepassten Planungsgrundsätzen dimensioniert, um spätere Verstärkung/Neulegung vermeiden zu können.
Um einem überproportionalen Netzausbau vorzubeugen, werden Maßnahmen zur Laststeuerung eingesetzt bzw. entwickelt. Die SWM sind zu diesem Thema in mehreren Projekten unter Beteiligung von Fahrzeugherstellern, Hochschulen und anderen Verteilnetzbetreibern beteiligt. Ein Beispiel für die Umsetzung ist das Lademanagement der SWM für Garagen in Wohngebäuden.
Frage 3:
Gerät durch den steigenden Stromverbrauch aufgrund der E-Mobilität das Ziel von 100% Öko-Strom in Gefahr? Falls nein, auf welche Weise wollen die Stadtwerke das Plus an Öko-Strom produzieren?
Antwort der SWM:
Die Stadtwerke München verfolgen das Ziel, ab 2025 in eigenen regenerativen Erzeugungsanlagen jährlich etwa 7,2 Terawattstunden Ökostrom – dem Umfang des Strombedarfs in München – erzeugen zu können. Im Rahmen der Ausbauoffensive Erneuerbare Energien konnte die Ökostrom- erzeugung in den letzten rund 10 Jahren deutlich gesteigert werden. Mit den bisher in Betrieb genommenen und den bereits im Bau befindlichen regenerativen Erzeugungsanlagen können rund 80% der für das Jahr 2025 vorgesehenen Ökostrommengen bereitgestellt werden.
Die Stadtwerke München überprüfen regelmäßig die Prognosen zur Abschätzung des zukünftigen Strombedarfs in München, um die Planungen der Ökostromerzeugung darauf auszurichten. Basisannahme der Stadtwerke München ist, dass der Strombedarf in München insbesondere durch die wachsende Verbreitung der Elektromobilität sowie durch das erwartete Bevölkerungswachstum zwischen 2025 und 2035 um mindestens ca. 10% steigen wird. Dies entspräche einem Mehrbedarf von ca. 0,7 Terawattstunden. Dies erscheint vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen aus der Ausbauoffensive Erneuerbare Energien als machbar, wird aber eine Fortsetzung der bisherigen Aktivitäten und Investitionen erfordern.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.