Ist flexible Kinderbetreuung in München schon möglich?
Anfrage Stadträtinnen Sabine Bär, Beatrix Burkhardt, Alexandra Gaßmann und Ulrike Grimm (CSU-Fraktion) vom 28.3.2019
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 28.3.2019 führen Sie Folgendes aus:
„Das Bundesfamilienministerium hat das Förderprogramm Kita Plus gestartet. Die Stadt Würzburg will hierzu ein Modellprojekt zur flexiblen Kinderbetreuung starten. Diese ist in besonderer Weise für Alleinerziehende und Menschen im Schichtdienst vorgesehen.
Dem Stadtrat wird dargestellt, wie das Modellprojekt Flexi 24 in Würzburg und anderen Kommunen umgesetzt wird.“
Wir bitten zu entschuldigen, dass die Anfrage nicht innerhalb der geschäftsordnungsgemäßen Frist erledigt werden konnte. Für die bisher gewährten Fristverlängerungen bedankt sich das Sozialreferat ausdrücklich.
Zu Ihrer Anfrage vom 28.3.2019 nimmt das Sozialreferat nach einer ausführlichen Recherche im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie wird das Betreuungspersonal gefunden und qualifiziert?
Antwort:
Die Stadt Würzburg hat im Februar 2019 das Modellprojekt „Flexi24“ ins Leben gerufen. Mit dem neuen Projekt sollen Betreuungspersonen von der Kommune aus vermittelt werden. Hierbei soll kein paralleles Angebot zum Kita-Betrieb geschaffen werden, sondern vielmehr unterstützt werden, wenn die Kita bereits geschlossen oder noch gar nicht geöffnet hat. Zwar haben die Verantwortlichen des Projekts zu Beginn der Planung auch erwogen, eine eigene Einrichtung zur Kinderbetreuung zu ermöglichen. Um für die Eltern aus allen Stadtteilen ein flexibleres Angebot ermöglichen zu können, haben sie sich jedoch dagegen entschieden. Hinzu kommt, dass die Kinder so in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können und sich somit nur an die Betreuerin oder den Betreuer gewöhnen müssen. Interessentinnen und Interessenten können sich mit ihrer Bewerbung per Mail oder telefonisch an das Sozialreferat der Stadt Würzburg wenden. Sie absolvieren vor Antritt ihrer Tätigkeit ein Einführungsseminar sowie einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind.Betreut werden die Kinder bei dem Konzept von sogenannten „Aktivseniorinnen und -senioren“. Diese Betreuerinnen und Betreuer kümmern sich aktuell um fünf laufende Betreuungsverhältnisse.
Frage 2:
Wie sind die rechtlichen Voraussetzungen?
Antwort:
Die Betreuungspersonen (zum Beispiel Rentnerinnen und Rentner, Studentinnen und Studenten, Erzieherinnen und Erzieher) werden vom Fachbereich Jugend und Familie der Stadt Würzburg auf ihre persönliche Eignung überprüft.
Die Betreuerinnen und Betreuer müssen neben der Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses einen siebentägigen Erziehungskurs und einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren.
Bei „Flexi24“ können sich Eltern melden, die einen Betreuungsbedarf haben, der über die Öffnungszeiten von Kitas oder Schulbetreuungen hinausgeht. Ferien- und Schließzeiten sind damit ausdrücklich nicht gemeint, sondern die Wochenenden oder auch vor und nach den Betreuungszeiten an Wochentagen. Aktuell wird das Angebot vor allem von Eltern genutzt, die im Schichtdienst arbeiten, wie etwa als Pflegekräfte oder Polizistinnen und Polizisten. Die Betreuerinnen und Betreuer kommen für die Zeiten vor der Kita-Öffnung oder Schulbeginn zu den Familien nach Hause oder holen die Kinder nachmittags aus dem Kindergarten ab.
Wer das Angebot „Flexi24“ nutzen will, muss nachweisen, dass kein Sorgeberechtigter sich um das Kind kümmern kann. Zu diesem Personenkreis zählen in der Regel nur die Eltern.
Frage 3:
Wer übernimmt die Kosten?
Antwort:
Derzeit stehen 60.000 Euro im aktuellen Haushalt der Stadt Würzburg für die Bezahlung der Betreuungspersonen zur Verfügung. Somit stünden im Monat etwa 400 Stunden für die Familien zur Verfügung und es könnten je nach Bedarf zwischen 10 und 15 Familien betreut werden.
Je nach Einkommen beteiligen sich die Eltern an den entstehenden Betreuungskosten. Für Alleinerziehende etwa ist das Angebot bis zu einem Jahreseinkommen von 34.999 Euro komplett kostenfrei.Die Betreuungskosten sind für die Eltern sozialverträglich bis maximal zehn Euro je Stunde laut Gebührensatzung gestaffelt.
Die auf selbstständiger Basis arbeitenden Betreuerinnen und Betreuer erhalten je nach Kinderzahl bis zu 15 Euro pro Stunde.
Frage 4:
Ist ein Splitting mit den Bundesmitteln möglich?
Antwort:
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend förderte von 2016 bis 2019 das Bundesprogramm „KitaPlus: Weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist.“ Ziel war es, mit erweiterten Betreuungszeiten in Kitas, Horten und in der Kindertagespflege Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.
Für viele Eltern ist es ein Balanceakt, Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen. Dies trifft ganz besonders auf Berufe zu, in denen Mütter und Väter im Schichtdienst oder sehr früh morgens, in den Abendstunden und an Wochenenden arbeiten. Fehlende verlässliche und bedarfsgerechte Angebote in Kindertageseinrichtungen, Horten und in der Kindertagespflege können Eltern, insbesondere Alleinerziehende, sogar daran hindern, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Um die im Bundesprogramm „KitaPlus“ geschaffenen Angebote nachhaltig in den Kommunen zu verankern, wurden ab 2017 zusätzlich elf „Netzwerkstellen KitaPlus“ gefördert.
Frage 5:
Wie ist der Bedarf der Wirtschaft (zum Beispiel Hotel, Krankenhaus)?
Antwort:
Der Bedarf der Wirtschaft an flexiblen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gerade in der Gastronomie, im Hotelgewerbe, im Einzelhandel, im Transportwesen und im Gesundheitssektor ist gegeben.
Frage 6:
Sind Rentnerinnen und Rentner für diese Art der Betreuung geeignet?
Antwort:
Rentnerinnen und Rentner sind für diese Tätigkeit geeignet.
Frage 7:
Welche Mittel bezieht die Landeshauptstadt München bereits aus diesem Fördertopf und in welchen Betreuungsmodellen wird es umgesetzt?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München bezieht derzeit keine Mittel aus diesem Förderprogramm.
Das Sozialreferat beurteilt das Programm „Flexi 24“ der Stadt Würzburg als erfolgreiches Pilotprogramm, welches jedoch mit einem hohen Verwaltungs- und Personalaufwand für eine Kommune verbunden ist. Die Erfahrungen aus Würzburg belegen das. Aktuell gibt es dort lediglich 5 Betreuungsverhältnisse.
Für die Landeshauptstadt München sehen wir zwar durchaus Bedarfe der Familien an Unterstützung in Randzeiten. Die Stadt München reagiert hier z.B. mit flexiblen Öffnungszeiten im Bereich der Kinderbetreuung (Öffnungszeiten ab 7 bis 18/19 Uhr). Ebenfalls haben wir mit der Tagespflege ein Angebot mit einer hohen Flexibilisierung. Weiterhin gibt es die Familienpflege und das Projekt „Zuhause gesund werden“ zur Unterstützung der Familien. Auch über die Familienzentren gibt es Kontaktbörsen, die im Bereich der Kinderbetreuung gegenseitige Unterstützung der Familien fördern.
Das Kita-Barometer – eine flächendeckende Abfrage der Eltern – liefert nur sehr wenige Anhaltspunkte, dass Eltern eine Ausweitung der bestehenden Öffnungszeiten z.B. im Kita-Bereich wünschen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch stärker in Einklang zu bringen. Auch in der Elternberatung des Referates für Bildung und Sport gibt es nur vereinzelte Anfragen, die hier einen weiteren Bedarf erkennen lassen.
Aufgrund der Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten, mit denen Familie und Beruf in Einklang gebracht werden kann, sowie dem sehr hohen Personal- und Verwaltungsaufwand des Würzburger Modells, sieht das Sozialreferat derzeit keine Notwendigkeit, ein ähnliches Angebot in München zu installieren.
Die Gleichstellungsstelle für Frauen bittet darum, dass (weiterhin) im Rahmen der vorhandenen Befragungsmöglichkeiten von Eltern, zum Beispiel Kita-Barometer, jährliche Elternbefragung in städtischen Kindertageseinrichtungen und Elternberatung, konkret und aktiv abgefragt wird, ob es einen Bedarf an einer Ausweitung der Betreuungszeiten gibt. Nur so kann sensibel auf einen sich möglicherweise verändernden Bedarf reagiert werden.