Handel mit Kleintieren in Gartencentern stoppen!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 13.2.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. In Ihrem Antrag fordern Sie, die Landeshauptstadt München möge prüfen, wie der Handel mit Kleintieren (insbesondere Wirbeltieren) in sogenannten Gartencentern verboten oder zumindest eingeschränkt werden kann.
Ihr Anliegen betrifft eine Angelegenheit, die der laufenden Aufgabenerledigung zuzuordnen ist und deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Wir erlauben uns, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Ihren Antrag vom 13.2.2020 in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu beantworten und teilen dazu Folgendes mit:
Die Gewerbeordnung geht vom Grundsatz der Gewerbefreiheit aus. Soweit durch die Gewerbeordnung oder andere Gesetze keine Beschränkungen vorgeschrieben sind, ist der Betrieb eines Gewerbes grundsätzlich jedermann gestattet. Gewerbliche Tätigkeiten sind allerdings bei der Gewerbebehörde anzumelden. Im Rahmen der Gewerbeüberwachung trägt das Kreisverwaltungsreferat dafür Sorge, dass bei Verstößen gegen gewerberechtlich relevante Bestimmungen oder bei Hinweisen über ein gewerberechtlich unzuverlässiges Geschäftsgebaren ein Verfahren eingeleitet wird, an dessen Ende eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit oder andere Ahndungsmaßnahmen stehen können.
Der gewerbsmäßige Handel mit Wirbeltieren unterliegt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 b des Tierschutzgesetzes (TierSchG) dem Erlaubnisvorbehalt. Dies gilt auch für Gartencenter, die Wirbeltiere zum Verkauf anbieten.
Vor Erteilung der Erlaubnis werden die Zuverlässigkeit und Sachkunde der verantwortlichen Person sowie die Einrichtungen der Tierhaltung im Hinblick auf die Erfüllung der Mindestanforderungen überprüft. Zur Beurteilung der Haltungsanforderungen werden insbesondere Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz in der jeweils gültigen Fassung herangezogen. Sind alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, ist die Erlaub-nis von der zuständigen Behörde (in der Landeshauptstadt München das Kreisverwaltungsreferat) nach § 11 TierSchG zu erteilen. Ein generelles Verbot des gewerbsmäßigen Handels mit Wirbeltieren sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor.
Die Erteilung der Erlaubnis ist an die Einhaltung umfangreicher Auflagen (allgemeine und spezielle) geknüpft:
Zu den allgemeinen Auflagen gehören insbesondere Regelungen zu den Räumlichkeiten, der Sachkunde der Erlaubnisinhaberin/des Erlaubnisinhabers und der verantwortlichen Personen sowie der grundsätzlichen Haltung von Tieren.
Beispielhaft wären zu nennen:
- Eine Beratung und ein Verkauf von Tieren darf nur durch sachkundige Personen und bei Anwesenheit der verantwortlichen Person erfolgen. -Das im Verkauf tätige Personal hat sich regelmäßig (mindestens einmal jährlich) fortzubilden. Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist zu dokumentieren. Die Nachweise sind mindestens drei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
- Kranke oder verletzte Tiere sind unverzüglich aus dem Verkaufsraum zu entfernen, in einen Krankenbereich zu verlegen und gegebenfalls einer Tierärztin/einem Tierarzt vorzustellen.
- Die Versorgung der Tiere und die Kontrolle des Gesundheitszustandes und der Haltungseinrichtungen sind täglich, auch an Sonn- und Feiertagen, durch eine sachkundige Person durchzuführen und zu dokumentieren. Entsprechende Nachweise sind mindestens ein Jahr aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
Des Weiteren werden je nach Tierart spezielle Auflagen bezüglich der spezifischen Haltungsbedingungen, wie zum Beispiel Mindestgröße, Ausstattung, Reinigung, Temperierungen von Käfigen/Terrarien/Aquarien, Höchstbesatzdichte, Beschäftigungsangebot (zum Beispiel Spielzeug, Nagematerial) und Futterangebot, erteilt.
Beispiele hierfür wären:
- Bei reinem Kunstlicht ist eine Tageslänge von 12 Stunden zu gewährleisten.
- Wasserbecken sind ebenfalls täglich 10 bis12 Stunden zu beleuchten. Die einwandfreie Funktion technischer Anlagen und Einrichtungen (zum Beispiel Filter, Heizung, Beleuchtung, Belüftung) ist durch regelmäßige Wartung zu gewährleisten.
- Bei Kleinsäugern wie Mäusen, Kaninchen und Meerschweinchen sind ausreichende Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten (zum Beispiel inForm von Häuschen, Papprollen, Röhren oder Wurzeln) zur Verfügung zu stellen. Zur Stressverminderung sind die Seitenscheiben der Käfige blickdicht zu halten.
Alle Zoofachhändler der Landeshauptstadt München, einschließlich der Gartencenter, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 11 TierSchG sind, werden regelmäßig vom Städtischen Veterinäramt München kontrolliert.
Zuwiderhandlungen können gemäß § 18 TierSchG mit Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden und außerdem zum Widerruf der Erlaubnis führen. Bei gewichtigen Auflagen ist zudem die Bewehrung mit Zwangsmitteln, wie zum Beispiel Zwangsgeld, möglich.
Unabhängig von den regelmäßigen Kontrollen durch das Veterinäramt können Bürgerinnen und Bürger jederzeit offensichtliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz dem Kreisverwaltungsreferat melden (tierschutz-tierseuchen.kvr@muenchen.de oder veterinaeramt.kvr@muenchen.de).
Zusammenfassend ist mitzuteilen, dass es im Tierschutzrecht keine Grundlage dafür gibt, den Handel mit Kleintieren (insbesondere Wirbeltieren) in Gartencentern – wie von der ÖDP-Stadtratsgruppe München beantragt – generell zu verbieten oder einzuschränken. Verwaltungsrechtliche Maßnahmen können immer nur für den Einzelfall und bei Feststellung von Verstößen getroffen werden. Bei der Wahl der Maßnahme gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Richtschnur.