Natur- und Klimaschutz in der Stadtplanung 1 – neue städtische Plätze naturnah gestalten Natur- und Klimaschutz in der Stadtplanung 2 – städtische Plätze aufwerten
Anträge Stadtrats-Mitglieder Dr. Evelyne Menges und Manuel Pretzl (CSU- Fraktion) vom 29.7.2019
Antwort Baureferat:
Sie haben am 29.0.2019 Folgendes beantragt:
„Neue städtische Plätze werden künftig naturnah mit Bäumen und Blühwiesen geplant. Entstehen solche Freiflächen im Rahmen von Wettbewerben, werden entsprechende Vorgaben gemacht.“
und
„Die Verwaltung untersucht die städtischen Plätze und Freiflächen darauf, wo noch Bäume und Grünflächen entstehen können.“
Für beide Anträge lautet die textidentische Begründung: „Wir erleben es in diesen Tagen: die Menschen in München sind froh um jede Grünfläche mit Wiesen und Schatten spendenden Bäumen. Die Flächen werden bestens angenommen und intensiv genutzt.
In Kontrast dazu stehen eher trostlose graue Betonwüsten wie der Willy- Brandt-Platz, der in seiner baumlosen Architekten-Urbanität nur wenig Aufenthaltsqualität bietet.
Gerade vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung und der Tatsache, dass Städte ohnehin Hitzeinseln sind, soll die Stadt ihre neuen Parks und Freiflächen künftig grün, d.h. mit (Blüh-)Wiesen und Bäumen, und nicht betongrau planen. Entstehen solche Flächen im Rahmen von Wettbewerben, werden den Architekten entsprechende Vorgaben gemacht.“
Die aufgrund erforderlicher Abstimmungen mit anderen Referaten entstandene Fristüberschreitung bitten wir zu entschuldigen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, beantwortet das Baureferat die o.g. Anträge mit einem Schreiben und teilt Ihnen hierzu, nach Abstimmung mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung sowie dem Referat für Gesundheit und Umwelt, Folgendes mit:
Zu Ihrem Antrag „Natur- und Klimaschutz in der Stadtplanung 1 – neue städtische Plätze naturnah gestalten“ ist darzustellen, dass neue Plätze in der Regel im Zuge von städtebaulichen Entwicklungen entstehen. Die Rah-menbedingungen werden damit durch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung bereits auf der Ebene von Bauleitplanverfahren festgelegt.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung teilt dazu Folgendes mit:
„Die Gestaltung der Stadt und ihrer Plätze mit qualitätvollen Grün- und Freiflächen ist eine wichtige Aufgabe für die Stadt München, auch im Rahmen der Bauleitplanung im Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Grüne Infrastruktur, z.B. in Form von Grünflächen, hat eine bedeutende Rolle als Träger ökologischer und klimatischer Funktionen und für die Stadtstruktur, das Stadt- und das Landschaftsbild sowie für die Erholungsfunktion für die Bewohnerinnen und Bewohner.
So wird im Rahmen von Bebauungsplänen mit Grünordnung ein Netzwerk aus verschiedenartigem öffentlichen und privatem Grün sowie Freiflächen festgesetzt. Dabei werden wertvolle bestehende Freiraumstrukturen, insbesondere auch Baumbestände soweit wie möglich berücksichtigt und erhalten. Darüber hinaus werden im Rahmen der Festsetzungen immer auch neue Freiflächen und Baumpflanzungen als wesentliche Elemente sowohl für die Gliederung und Gestaltung der Freiräume als auch für die Klimaanpassung vorgesehen. Ziel ist dabei, möglichst auch viele nicht unterbaute Bereiche für langlebige und nachhaltige Baumpflanzungen sichern zu können. In Einzelfällen können im Bebauungsplan neben der Festsetzung von intensiven Nutzungen auch Vorgaben zu extensiven Strukturen wie blütenreiche Wiesenflächen getroffen werden, insbesondere in größeren öffentlichen Räumen, die ausreichend Raum bieten. Ein Beispiel ist der Riemer Park.
In der Regel findet vor der Aufstellung eines Bebauungsplans ein städtebaulich-landschaftsplanerischer Wettbewerb statt, dessen Ergebnis der weiterführenden Planung zugrunde gelegt wird. Bereits in diesem Verfahrensschritt – mit der Formulierung des Auslobungstextes – werden die freiräumlichen Anforderungen und Vorgaben zur Aufenthaltsqualität und Umsetzung von grüner Infrastruktur im Planungsgebiet formuliert, insbesondere in Form von öffentlichen und privaten Grün- und Freiflächen. Die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Freiräume obliegt schließlich der nachfolgenden Objektplanung, die dann Möglichkeiten zu einer naturnahen Gestaltung – auch auf Plätzen – prüfen und wahrnehmen kann.“ Auf der Grundlage dieser Vorgaben konkretisiert das Baureferat die Gestaltung von neuen Plätzen im Rahmen der Projektplanung. Dabei wird grundsätzlich auf die Schaffung zahlreicher Baumstandorte beziehungsweise den Erhalt bestehender Bäume abgezielt.Dazu teilt das Referat für Gesundheit und Umwelt Folgendes mit:
„Insbesondere vor dem Hintergrund des sich verändernden Klimas und der damit nötigen Klimaanpassung in München (vgl. ‚Maßnahmenkonzept Anpassung an den Klimawandel‘, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 06819) erlangt die städtische Vegetation einschließlich ihrer Berücksichtigung bei der Gestaltung städtischer Freiflächen eine gesteigerte Bedeutung. Sie kann durch ihre Verschattungs- und Verdunstungsleistungen selbst an heißen Sommertagen dazu beitragen, eine angenehme Aufenthaltsqualität zu erhalten. Vor allem Großbäume eignen sich dafür aufgrund ihres Kronenvolumens beziehungsweise ihrer Blattoberflächen besonders gut. Eine Entsiegelung befestigter Flächen und dezentrale Regenwasserversickerung können außerdem Regenwasserabfluss nach Starkregenereignissen vermindern und ggf. in Kombination mit Regenwasserspeicherung zur Reduzierung innerstädtischer Hitzebelastungen beitragen.
Zur Steigerung der Aufenthaltsqualität an heißen Sommertagen sind folglich Maßnahmen wie die Pflanzung von Großbäumen sowie Entsiegelung äußerst wirksam, bei deren Umsetzung zur Gestaltung öffentlicher Plätze natürlich spezifische lokale Rahmenbedingungen und Erfordernisse berücksichtigt werden müssen.“
So ist im Rahmen der Planungen des Baureferates eine Abwägung zu treffen zwischen der Bereitstellung möglichst großer unversiegelter Vegetationsflächen und anderen vielfältigen Nutzungen, welche befestigte und versiegelte Belagsflächen erforderlich machen. Befestigte, versiegelte Beläge sind grundsätzlich für Verkehrsflächen wie Radwege vorzusehen, aber auch für Fußgängerflächen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit und der notwendigen Räumbarkeit im Winter. Der Wunsch nach Veranstaltungen, wie z.B. Wochen- oder Christkindlmärkten, macht ebenfalls befestigte Flächen erforderlich.
Die tatsächlichen Nutzungen und Bedarfe für die jeweiligen zukünftigen neuen Plätze werden in der Regel in vorlaufenden Bürgerbeteiligungsverfahren unter Einbeziehung des örtlichen Bezirksausschusses geklärt. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligungen fließen dann in die Auslobungen von nachfolgenden Gestaltungswettbewerben ein. Beispielsweise wurde so vorgegangen bei der Platzneugestaltung am Ackermannbogen. Als Bürgerbeteiligung wurde ein zweitägiger Workshop durchgeführt. Die Einbettung des Stadtplatzes in die angrenzenden Grünflächen, u.a. die Wünsche nach Baumpflanzungen auf dem Platz und den Erhalt des bestehenden Großbaums sowie den Umgriff um den Bestandsbaum großzügig unversiegelt zu belassen (rund 400 m²), wurde als Vorgabe im folgenden Wettbewerbs-verfahren und schließlich auch in der Realisierung berücksichtigt. Ähnlich wurde bei der Gestaltung für den Bauhausplatz im Domagkpark vorgegangen, dessen zentrale Fläche als wassergebundene Decke, unversiegelt und mit 20 Großbäumen überstanden, realisiert wird und in einen naturnah gestalteten, ca. 44.000 m² großen neuen Park übergeht.
Parks und Freiflächen, wie z.B. der erwähnte Domagkpark, der Heckenstallerpark oder die Parkanlagen in Freiham, werden als annähernd komplett unversiegelte Flächen mit zahlreichen Bäumen, Wildblumen- und Liegewiesen ausgestattet. Bereits heute sind stadtweit rund 45% der Flächen in den öffentlichen Grünanlagen fast ausschließlich Habitate und Nahrungsquellen für die heimische Vogel- und Insektenwelt (30% Gehölzflächen, 15% artenreiche Blumenwiesen, 35% Rasen zur intensiven Erholungsnutzung, 20% sonstige Flächen wie Wege, Spielflächen und Gewässer). Dabei fördert das so mögliche Naturerleben in der Stadt die Aufenthaltsqualität in unseren Parks und Grünanlagen enorm.
Die Aufwertungsziele bei der Umgestaltung von bestehenden Plätzen im Sinne Ihres Antrages „Natur- und Klimaschutz in der Stadtplanung 2 – städtische Plätze aufwerten“ werden im Rahmen von standardmäßig durchzuführenden Bürgerbeteiligungsverfahren definiert (siehe Beschluss des Bauausschusses vom 8.10.2019 „Fünf Plätze attraktiv neu gestalten“, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15997). Dazu fertigt das Baureferat im Vorfeld Konzeptstudien zum jeweiligen Ort als Diskussionsgrundlage mit der Bürgerschaft an. Grundsätzlich werden im Rahmen dieser Studien bestehende Bäume und Vegetationsflächen als große Potentiale bewertet und Vorschläge für zusätzliche Baumpflanzungen und unversiegelte oder zu entsiegelnde Flächen gemacht (siehe z.B. St.-Pauls-Platz, Umfeld Siegestor, Willibaldplatz). Ergebnis der Bürgerbeteiligungsveranstaltungen ist schließlich regelmäßig der Wunsch nach einer hohen Qualität und Quantität an Grünausstattung. Dieser Wunsch fließt dann in das weitere Planungsverfahren ein.
Mit dem Beschluss des Bauausschusses vom 8.10.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15997) wurde auch die Untersuchung einer Aufwertung mit beschriebenem Bürgerbeteiligungsverfahren von fünf weiteren Plätzen auf den Weg gebracht:
-Barer Straße/Ecke Nordendstraße
-Esperantoplatz
-Europaplatz
-Lorettoplatz
-Bonner PlatzZuletzt ist gemäß Beschluss des Bauausschusses vom 5.11.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 16321) beschlossen worden, das beschriebene Verfahren mit dem Ziel einer Umgestaltung und Aufwertung für den in Ihren Anträgen erwähnten Willy-Brandt-Platz anzuwenden.
Darüber hinaus hat der Stadtrat am 4.2.2020 einen Beschluss (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 16869) zur Erhebung und zukunftssicheren Entwicklung des Baumbestandes im öffentlichen Raum gefasst. Auf der Grundlage des Antrages von Herrn Bürgermeister Pretzl vom 4.12.2019 (Antrag Nr. 14-20/A 06330) hat dort das Baureferat vorgeschlagen, mit der Erhebung des Baumbestandes auch die systematische Untersuchung zu verbinden, wo im öffentlichen Raum Bäume ergänzt werden können. Das Gutachten soll insofern auch Aufwertungspotentiale für die Intensivierung des öffentlichen Grüns liefern.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Anträge damit abschließend behandelt sind.