Schaffung einer freiwilligen Zertifizierung von Familien- und Kinderfreundlichkeit
Antrag Stadträtin Alexandra Gaßmann (CSU-Fraktion) vom 2.7.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Schaffung einer freiwilligen Zertifizierung von Familien- und Kinderfreundlichkeit für Gastronomie fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters, sondern in den operativen Geschäftsbereich der privatwirtschaftlich geführten Betriebe. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Da das Referat für Arbeit und Wirtschaft/München Tourismus nicht mittelbar Zertifizierungen für privat geführte Betriebe/Restaurants einführen kann, wurden verschiedene Stellungnahmen eingeholt und entsprechende Gespräche geführt.
Die Fachstelle Familie im Stadtjugendamt sowie das Büro der Kinderbeauftragten setzen sich mit vielfältigen Aktivitäten und konzeptionellen Projekten im Rahmen der Leitlinie Kinder- und Familienpolitik für mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in München ein und fertigen zu ausgewählten Themen regelmäßig den Münchner Familienbericht.
Mit Beschluss vom 12.6.2018 (Beschluss 14-20/V 11394) beauftragte der Münchner Stadtrat das Sozialreferat/die Fachstelle Familie im Jugendamt mit einem aus vier Elementen bestehenden Maßnahmenpaket zum Thema Familienfreundlichkeit in München: Familienbericht, Entwicklung von Kriterien/Indikatoren, Überarbeitung der Leitlinie Kinder- und Familienpolitik und Entwicklung eines Familienfreundlichkeitspreises.
Das Grobkonzept dieses Familienfreundlichkeitspreises wurde im laufenden Jahr 2019 in einer breit angelegten Projektgruppe entwickelt und wird 2020 in Form eines Münchner Prädikats „Besonders familienfreundlich“ dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt. Mit diesem Prädikat soll der Alltag für Familien in München verbessert und ein Nachahmungseffekt für andere Einrichtungen, Institutionen und Unternehmen geschaffen werden. Das Prädikat wird alle zwei Jahre neu ausgelobt und jeweils unter ein Motto gestellt, sodass sich unterschiedliche Organisationen und Unternehmen auf das Prädikat bewerben können. Eine Bewerbung von gastronomischen Betrieben ist je nach Motto selbstverständlich auch möglich.Alle ausgezeichneten Prädikatsträgerinnen und Prädikatsträger werden in einer öffentlichen Veranstaltung geehrt und bekommen die Gelegenheit, sich zu präsentieren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass alle Gewinner das erhaltene Signet des Prädikats für die eigenen Öffentlichkeitsarbeit verwenden und zusätzlich auf einer zentralen Website der Landeshauptstadt München (www.muenchen.de/familie) geführt werden. Münchner Bürgerinnen und Bürger können sich im Bewerbungsverfahren für das Prädikat durch eigene Vorschläge und später dann über interaktive Online-Feedbackmöglichkeiten beteiligen.
Die Fachstelle Familie im Stadtjugendamt führt weiter aus, dass es zum Thema Kinderfreundlichkeit vor einigen Jahren mehrere Pilotprojekte gab, bei denen in einzelnen Stadtbezirken zusammen mit Kindern Orte (auch gastronomische Betriebe) und Menschen als kinderfreundlich ausgezeichnet wurden. Das Projekt konnte aus Kapazitätsgründen nicht fortgeführt werden.
Im Zuständigkeitsbereich des Stadtjugendamts gibt es auf der Basis des 8. Sozialgesetzbuches in nahezu allen Bereichen Fachverfahren und Standards, die immer auch die Familien der Kinder und Jugendlichen mit in den Blick nehmen beziehungsweise intensiv einbeziehen.
Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband, DEHOGA Bayern, Kreisstelle München (BHG) teilt in seinem Schreiben vom 14.10.2019 an Sie mit, dass Familienfreundlichkeit bereits in vielen Betrieben auch ohne Zertifikat gelebt wird. Der BHG unterstützt das Thema „Familien- und Kinderfreundlichkeit“ und wird seine Betriebe gerne weiter sensibilisieren.
Weiter heißt es:
„Wir sehen aber die Gefahr, dass aufgrund der bereits großen Anzahl von Zertifizierungen keine Bereitschaft der Betriebe besteht, eine weitere Zertifizierung zu bezahlen. Grundsätzlich verzeichnet man Rückgänge bei allen Arten von Zertifizierungen, was wir insbesondere auf die Ressourcenknappheit in den Betrieben und die zunehmende Aufzeichnungspflichten zurückzuführen ist.“
Da der BHG es dennoch für äußerst wichtig hält, die gastgewerblichen Betriebe in München beziehungsweise ganz Bayern auf die Thema „Familienfreundlichkeit“ weiter aufmerksam zu machen und Potentiale auch ohne freiwilliger Zertifizierung aufzuzeigen, werden verschiedene Optionen vorgeschlagen. Es wird sowohl in Bezug auf das Gasstättenmodernisie-rungsprogramm Potential für Investitionen in diesem Bereich gesehen, als auch bei der Durchführung von gezielten Beratungsleistungen (sogenannte Blitzlichtberatungen) bezüglich Bedeutung und Integration von Familien- und Kinderfreundlichkeit bei den Betrieben.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft sieht auf dieser Grundlage keine Zielführung, freiwillige Zertifizierungen von Familien- und Kinderfreundlichkeit in den von Ihnen aufgeführten Betrieben in München anzustreben.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.