Finanzielle Erleichterung für Abnahme von Hunden aus dem Tierheim?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (FDP-Fraktion) vom 13.3.2020
Antwort Stadtkämmerer Christoph Frey:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt:
„Im Münchner Tierheim warten zahlreiche Hunde auf ein Zuhause. Das Münchner Tierheim vermittelt Hunde an Private. Es stellt sich nun die Frage, ob die Hundesteuer in solchen Fällen gänzlich erlassen werden kann. Auf diese Weise könnten Hunde schneller ein Zuhause finden. Die Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz. Aufgrund von Art. 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) erlässt die Landeshauptstadt München die Hundesteuersatzung. § 3 HundesteuerS regelt Beginn und Ende sowie Ausnahmen von der Steuerpflicht.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele Hunde werden pro Jahr vom Münchner Tierheim an private Münchner Haushalte vermittelt?
Antwort:
Da hierzu der Kämmerei und dem Kreisverwaltungsreferat keine Zahlen vorliegen, wurde das Tierheim München um Auskunft gebeten. Das Münchner Tierheim teilte mit, das im Jahre 2017 151 Hunde, im Jahre 2018 126 Hunde sowie im Jahre 2019 116 Hunde an Münchner Haushalte vermittelt wurden.
Frage 2:
Welche rechtliche Möglichkeiten können getroffen werden (zum Beispiel Ergänzung in § 3 HundesteuerS), um die Hundesteuer, im Falle einer Vermittlung von Hunden aus dem Münchner Tierheim an Münchner Haus- halte, gänzlich zu erlassen?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München gewährt derzeit eine einjährige Steuerbefreiung für die Übernahme eines Hundes aus dem Tierheim München.Der aktuelle Entwurf des Bayerischen Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration für eine Mustersatzung für die Erhebung einer Hundesteuer sieht erstmalig ebenfalls eine entsprechende Regelung vor, die eine einjährige Steuerbefreiung umfasst.
Die Erhebung der Hundesteuer als örtliche Aufwandssteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz (GG) erfolgt im eigenen Wirkungskreis und als Satzungsgeberin verfügt die Landeshauptstadt München über einen entsprechend weiten Gestaltungsspielraum. Dieser findet seine Grenzen durch höherrangiges Recht wie dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder bei der Verfolgung von Lenkungszwecken mit einer Steuer – was eine solche Steuerbefreiung wäre – durch andere zu berücksichtigende Gesichtspunkte. Hier ist eine Abwägung vorzunehmen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Je offensiver der Lenkungszweck verfolgt wird, desto höher sind die Anforderungen an die Maßnahmen.
Eine gänzliche Befreiung von der Hundesteuer bei Aufnahme eines Hundes aus dem Tierheim München könnte oben beschriebenen Rahmen überschreiten.
Zunächst erscheint fraglich, ob der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt ist. Steuergegenstand ist das Halten eines Hundes. Wenn nun in Einzelfällen die Hundehaltung gänzlich steuerbefreit wäre, müssten gewichtige Gründe hierfür vorliegen, um die Ungleichheit der Besteuerung gegenüber den nichtsteuerbefreiten Hundehaltern zu rechtfertigen.
Ein weiterer Aspekt, der eine gänzliche Befreiung rechtlich fraglich erscheinen lässt, ist der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG mit Blick auf weitere genehmigte Tierheime/Tierasyle. Der allgemeine Gleichheitsssatz zwingt auch den Gesetzgeber bzw. im vorliegenden Fall von Ortsrecht den Satzungsgeber, bei der Ausgestaltung seines Rechts sich an ihm zu orientieren. Es müsste ein Differenzierungsgrund dargelegt werden können, warum zur Förderung einer schnelleren Vermittlung nur für Hunde aus dem Münchner Tierheim eine dauerhafte Steuerbefreiung gewährt wird.
Der Rechtfertigungsgrund für die bisher gewährte einjährige Steuerbefreiung, der in den Vertrags- bzw. Förderbeziehungen zwischen der Landeshauptstadt München und dem Tierheim München liegt, vermag aus Sicht der Stadtkämmerei eine weitergehende Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen.Soweit man dennoch vermag, eine Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen, wäre es darüber hinausgehend erforderlich, dass die getroffenen Maßnahmen auch geeignet sind, den angestrebten Lenkungszweck zu erreichen. Weiterhin müsste geprüft werden ob nicht niederschwelligere Möglichkeiten bestehen das angestrebte Ziel einer schnelleren Vermittlung zu erreichen bzw. auch im ersten Schritt zu erheben, ob eine solche Notwendigkeit zum Handeln vorhanden ist.
Das Tierheim München führt auf seiner Internetseite beispielsweise auf: „Viele Menschen schaffen sich ein Haustier an, ohne sich vorher ausreichend Gedanken darüber zu machen, welche Verantwortung damit verbunden ist. Wir nehmen diese Verantwortung unserer Schützlinge gegenüber sehr ernst: Wir suchen einen passenden Menschen für das Tier und nicht umgekehrt! Die erhobene Schutzgebühr ist somit nicht nur eine Aufwandspauschale, sondern auch eine Hürde für leichtfertige Entscheidungen.“
Es wäre somit zunächst zu klären, inwieweit das Tierheim München soweit es um finanzielle Anreize geht nicht über eigene Spielräume verfügt, solche zu bieten beziehungsweise von ihm geschaffene bestehende Hürden abzubauen.
Auch die Dauer der bisherigen Vermittlung und die Gründe für eine gegebenenfalls vorhandene längere Verweildauer im Tierheim müssten beleuchtet werden um zu erfahren, ob durch einen höheren finanziellen Anreiz überhaupt den Gründen wirksam entgegen getreten werden kann.
Im Ergebnis sieht die Stadtkämmerei daher keine sichere rechtliche Möglichkeit, eine gänzliche Steuerbefreiung für Hunde aus dem Tierheim München zur Förderung einer schnelleren Vermittlung zu gewähren, da eine solche nicht mit der Gleichheit der Besteuerung sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz als höherrangiges Recht vereinbar sind.