Bann-Meile am Sankt-Jakobs-Platz und am Platz der Opfer des Nationalsozialismus prüfen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Verena Dietl, Isabella Fiorentino-Wall, Renate Kürzdörfer, Christian Müller, Cumali Naz, Marian Offman, Klaus Peter Rupp und Christian Vorländer (SPD/Volt-Fraktion) vom 11.2.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihren Antrag vom 11.2.2020 zur Beantwortung überlassen. Die lange Bearbeitungsdauer bitte ich im Hinblick auf die unten geschilderten Bemühungen in dieser Sache zu entschuldigen.
Sie beantragen Folgendes:
„Das Kreisverwaltungsreferat wird beauftragt, die Einrichtung einer Bannmeile oder andere geeignete und dauerhafte Maßnahmen für den Sankt- Jakobs-Platz vor der Synagoge und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern zu prüfen. Gleiches gilt für den Platz der Opfer des Nationalsozialismus.“
Zur Begründung geben Sie an:
„Immer wieder unternehmen Pegida und andere rechtsradikale Gruppierungen den perfiden Versuch, unter Ausnutzung und Missbrauch des Versammlungsrechts die vorgenannten besonders sensiblen Orte zu entwürdigen. Diesen Versuchen muss endgültig ein Riegel vorgeschoben werden.“
Das Kreisverwaltungsreferat ist für die Anordnung von Beschränkungen oder Verboten für Versammlungen nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz zuständig. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und §22 GeschO der Landeshauptstadt München dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist nicht vorgesehen. Zu Ihrem Antrag vom 11.2.2020 teile ich Folgendes mit:
Die Landeshauptstadt München ist aufgrund mangelnder Gesetzgebungskompetenz nicht dazu legitimiert, öffentliche Plätze bzw. Örtlichkeiten prinzipiell zu versammlungsfreien Zonen im Sinne einer Bannmeile bzw. eines befriedeten Bezirkes zu erklären. Unabhängig von der Frage der Gesetzgebungskompetenz kommen schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken hinzu, da von einem solchen Verbot nicht zuletzt auch Versammlungen betroffen sein könnten, von denen keine unmittelbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen.
Das Kreisverwaltungsreferat hat im Rahmen seiner Möglichkeiten im Dialog mit dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (BayStMI) eine Novellierung des BayVersG hinsichtlich einer rechtssicheren Handhabung von rechtsextremistischen Versammlungen angeregt. In diesem Zusammenhang hat Oberbürgermeister Reiter den zuständigen bayerischen Staatsminister des BayStMI, Joachim Herrmann, mit Schreiben vom 3.11.2020 gebeten, auf eine Gesetzesvorlage hinzuwirken, die ähnlich einem befriedeten Bezirk i.S.v. Art. 17 BayVersG einen räumlichen Umgriff um in o.g. Sinne besonders schützenswerte Einrichtungen gesetzlich verankert, in welchem Versammlungen grundsätzlich ausgeschlossen sind. Parallel hierzu hat Oberbürgermeister Reiter auch den Bayerischen Städtetag angeschrieben und um Unterstützung hinsichtlich dieses Anliegens gebeten.
Der Innenminister teilte in seiner Antwort mit Schreiben vom 24.11.2020 sinngemäß mit, er sehe aufgrund versammlungsrechtlicher Befugnisse im Einzelfall sowie verfassungsrechtlicher Vorgaben derzeit weder ein Bedürfnis noch die Möglichkeit für ein solches abstraktes Flächenverbot. Aus seiner Sicht könne durch einzelfallbezogene Maßnahmen die Religionsausübung ebenso effektiv gewährleistet, gleichzeitig aber die Versammlungsfreiheit weniger beeinträchtigt werden, weswegen ein abstraktes Flächenverbot unverhältnismäßig wäre. Eine Antwort des Bayerischen Städtetages wird unter Berücksichtigung der seitens des Innenministers in seinem Schreiben vom 24.11.2020 eindeutig geäußerten Position nicht mehr erwartet. Somit wird es voraussichtlich auch in näherer Zukunft nicht zu einer entsprechenden Gesetzesänderung seitens des bayerischen Landesgesetzgebers kommen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.