Das Sozialreferat begrüßt den Schritt der Bundesregierung, die dringend notwendige Reform der Pflege gesetzlich weiterzuentwickeln. Die Ansätze gehen dabei in die richtige Richtung, sind aber bei weitem nicht ausreichend. Das Sozialreferat der Landeshauptstadt München fordert daher noch weitere Nachbesserungen: Der aktuell diskutierte Entwurf sieht eine einheitliche Bezahlung der Pflegekräfte in der Altenpflege nach Tariflohn vor.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Es ist überfällig, die Bezahlung der Fachkräfte in der Altenpflege nach einheitlichem Tariflohn gesetzlich zu verankern. Gleichzeitig ist es mir ein besonderes Anliegen, dass die Arbeit in der Langzeitpflege genauso entlohnt wird wie in der Akut- und Krankenpflege. Nur so können wir einem Fachkräftemangel in der Altenpflege mittelfristig entgegenwirken.“
In Deutschland ist die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen nach den Prinzipien eines freien Marktes und Wettbewerbs organisiert. Dieses Prinzip stößt jedoch zunehmend an seine Grenzen.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Sehr viel besser ist dies beispielsweise in Dänemark oder Schweden gelöst: dort werden Pflegeleistungen öffentlich über die Steuer finanziert und entsprechende Versorgungsangebote wie zum Beispiel häusliche Pflege, Tagesbetreuung durch kommunale Strukturen organisiert. In diesen Ländern werden zudem deutlich höhere Anteile der öffentlichen Gesundheitsausgaben für die Pflege verwendet. Dies zeigt, dass die Pflege in Deutschland nach wie vor deutlich unterfinanziert ist. Ein Wechsel hin zu einem über staatliche und kommunale Strukturen organisierten und steuerfinanzierten Pflegesystem, vergleichbar der Organisation in Schweden oder Dänemark, würde eine deutlich bessere Alternative darstellen.“
Mit Einführung der Pflegeversicherung wurde auf die Vergütung der medizinischen Behandlungspflege in den vollstationären Pflegeeinrichtungen als Kompromiss verzichtet. Seitdem ist die Behandlungspflege daher dort – im Unterschied zur Versorgung zu Hause – nicht abrechenbar. Dies führt dazu, dass diese Kosten (im Schnitt fast 500 Euro pro Monat und Person) bisher von den Bewohner*innen selbst bzw. der Sozialhilfe getragen werden müssen.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Mit der neuen Reform müsste dringend ein Umdenken erfolgen und die medizinische Behandlungspflege auch in der vollstationären Pflege durch die Krankenversicherung finanziert werden und zwar ohne zusätzliche Belastung der Bewohner*innen oder der Sozialhilfeträger.“
Die Kosten für einen Platz in einer vollstationären Pflegeeinrichtungen, die die Bewohner*innen selbst aufbringen müssen, bestehen aus den Kosten für Unterkunft und Verpflegung, dem pflegebedingten Aufwand sowie weiteren Zusatzkosten.
Die Pflegereform der Bundesregierung setzt lediglich an einer Begrenzung des pflegebedingten Aufwands an. Der pflegebedingte Aufwand lag in den Münchner vollstationären Pflegeeinrichtungen gemäß des „Elften Marktberichts Pflege des Sozialreferats“ (Stichtag Dezember 2020) im Median bei 1.336,89 Euro und ist damit um rund 200 Euro im Vergleich zu 2018 gestiegen. Dementsprechend ist ein hoher Anteil der Bewohner*innen auf „Hilfe zur Pflege“ (Sozialhilfe) angewiesen. Vor dem Hintergrund bundesweiter – besonders aber auch in München – zunehmender Altersarmut fordert das Sozialreferat eine klare Begrenzung der Anteile für den pflegebedingten Aufwand.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Die Leistungen der Pflegeversicherung in der vollstationären Pflege müssen stärker dynamisiert werden, um die Kostensteigerungen der Einrichtungen besser auszugleichen. Letztlich sollte es daher das politische Ziel sein, die Eigenanteile für die Pflegebedürftigen in der Höhe und in der Zeit dauerhaft auf ein verträgliches Maß zu begrenzen. Mittelfristig wäre ein Wechsel zu einer Pflegevollversicherung mit gedeckelter Eigenbeteiligung ein sinnvoller Schritt.“