Züchten wir uns verhaltensproblematische Hunde heran?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Nicola Holtmann, Tobias Ruff und Rudolf Schabl (Fraktion ÖDP/FW) vom 23.2.2021
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage vom 23.2.2021 zur Beantwortung überlassen.
In Ihrem Antrag schildern Sie, dass sich sowohl die Zahl der Neuanmeldungen von Hunden in München als auch die Anfragen bei Hundeschulen und -trainern erhöht hätten. Aufgrund des Lockdowns und der damit einhergehenden Schließung der Einrichtungen sei eine Unterstützung zur Integration und Sozialisierung der Hunde in der Familie und im hektischen Stadtleben nicht gewährleistet. Hundeschulen könnten Ihren Ausführungen zufolge Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden und der Überforderung von Haltern rechtzeitig entgegenwirken sowie vermehrte Konflikte oder Unfälle mit Hunden auch im öffentlichen Raum und überfüllte Tierheime verhindern.
Aus diesen Gründen plädieren Sie dafür, diese Einrichtungen in ein Öffnungskonzept mit aufzunehmen, um eine verhaltensproblematische Erziehung von Hunden zu vermeiden und bitten um Beantwortung Ihrer Fragen.
Frage 1:
Die LHM fördert die Absolvierung eines Hundeführerscheins durch das einmalige Aussetzen der Hundesteuerpflicht bei bestandener Prüfung. Wie kritisch sieht die LHM den Wegfall der Möglichkeit für den Halter den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit dem Hund zu erlernen?
Frage 2:
Wenn 1:1 Bildung im Innenbereich bei Fahrschulen wieder möglich ist, müssten dann nicht auch die Hundetrainer wieder im Außenbereich Individualtrainings geben können? Welchen Spielraum kann die LHM hierbei nutzen?
Antwort:
Zu Ihren ersten beiden Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Der Hundeführerschein gilt als Zertifikat für eine Gehorsamkeitsprüfung, die neben einem theoretischen Teil mindestens eine praktische Prüfung enthält. Er dient als Nachweis, dass von dem Hund keine Gefahr für andere Tiere sowie Menschen ausgeht und die*der Halter*in das Tier imalltäglichen Umgang zuverlässig unter Kontrolle hat. Im theoretischen Teil der Prüfung sind gute Kenntnisse zum Verhalten und zur Erziehung des Hundes nachzuweisen. Wurde die Prüfung erfolgreich abgelegt und ist der Hund bislang sicherheitsrechtlich nicht auffällig geworden, kann bei der Stadtkämmerei ein Antrag auf eine einmalige Befreiung von der Hundesteuer (jährlich 100 Euro) für ein Jahr beantragt werden (Kalenderjahr nach der Prüfung).
Dem Kreisverwaltungsreferat liegt sehr viel an einem sicheren und störungsfreien Umgang mit Hunden. In der Steuerbefreiung ist ein finanzieller Anreiz und damit auch eine Motivation für die Münchner*innen zu sehen, die Prüfung zur Erlangung eines Hundeführerscheins abzulegen. Gut erzogene Hunde erleichtern nicht nur das Zusammenleben mit der neuen Familie, eine umfassende Hundeerziehung dient auch der Prävention, um z.B. Beißvorfälle künftig zu verhindern.
In Bayern ist am 5. Mai 2021 eine Verordnung zur Änderung der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) verabschiedet worden. Danach dürfen Hundeschulen, welche zu den außerschulischen Bildungsangeboten gezählt werden, ab dem 10. Mai in Gebieten mit einer 7-Tage-Inzidenz unter 165 wieder öffnen und ihre Dienstleitungen anbieten. Dasselbe gilt für das Hundetraining in Vereinen.
Es ist mir bewusst, dass Hundeschulen eine wichtige Einrichtung zur Sozialisation von Hunden sind. So lernen z.B. junge Hunde in Welpenspielgruppen den richtigen Umgang mit anderen Hunden unterschiedlicher Rassen und Größen. Neuhundbesitzer*innen erfahren Wissenswertes über das normale Verhalten von Hunden. Auch kann unerwünschtes Verhalten von Hunden dabei analysiert und mit verschiedenen Methoden korrigiert werden.
Daher freut es mich sehr, dass Hundeschulen und Hundevereine im
Rahmen der beschlossenen Öffnungsstrategien ab 10.5.2021 und unter Einhaltung der entsprechenden Schutz- und Hygienemaßnahmen (Mindestabstand von 1,50m und, soweit dieser nicht eingehalten werden kann, Maskenpflicht) wieder öffnen dürfen. Auch Kurse zur Ablegung eines Hundeführerscheins sind damit erneut möglich. Die seit Beginn des Lockdowns ausgefallenen Termine können baldmöglichst nachgeholt werden, so dass einem guten Miteinander von Mensch und Tier nichts mehr im Wege steht.
Frage 3:
Welche Unterstützung kann den Tierheimen gewährt werden, falls in den nächsten Monaten eine Abgabewelle auf sie zurollt?“
Antwort:
Hierzu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Ein Kauf oder die Adoption eines Hundes aus dem Tierheim darf aus meiner Sicht niemals spontan erfolgen. Vielmehr sollten sich künftige Hundehalter*innen bereits im Vorfeld über die erforderlichen Haltungsbedingungen (z.B. wie lange der Hund alleine bleiben kann) und den benötigten Zeitaufwand (z.B. Dauer des täglichen Auslaufs) informieren. Daher gehe ich grundsätzlich davon aus, dass sich ein Großteil der Münchner*innen als gewissenhafte Hundebesitzer*innen erweisen wird, die sich der Aufgaben und der Verantwortung, die die Neuanschaffung eines Hundes mit sich bringen, bewusst sind. Insofern teile ich Ihre Befürchtung, dass nach Ende der Pandemie alle neu angeschafften Hunde wieder im Tierheim abgegeben werden, nicht.
Sollte ein unbedacht angeschafftes Tier trotzdem abgegeben werden müssen, wird es im Tierheim eine liebevolle Aufnahme und hoffentlich bald eine neue Familie finden.
Der Tierschutzverein München e.V. (TSV) erhält als Betreiber des Münchner Tierheims und Vertragspartner der LHM sowohl im freiwilligen als auch im Pflichtaufgabenbereich bereits laufende Zuwendungen. So wird der TSV mit einem freiwilligen Zuschuss in Höhe von jährlich 200.000 Euro für die entstehenden Versorgungs- und Unterbringungskosten von Abgabetieren unterstützt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.