Anfrage Mietsituation Kreativquartier
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 8.3.2021
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 8.3.2021 führten Sie als Begründung aus: „Wurden die Neu-Mietverträge im Kreativquartier rechtssicher abgeschlossen?
Bei der Übernahme der Fläche des Kreativquartiers durch die Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft mbH, kurz MGH, wurden mit langjährigen Bestandsmietern im Kreativquartier die bisherigen Mietverträge vom Kommunalreferat neu über die MGH abgeschlossen. Die MGH hat direkt nach der Übernahme die Nutzflächen gemäß Gewerbstandards neu berechnet. Dadurch hat sich die Mietfläche auf dem Papier signifikant erhöht, ohne dass sich an der eigentlichen Mietfläche, der Ausstattung oder der Energieeffizienz für die langjährigen Mieter*innen irgendetwas geändert hätte.
Durch die allgemeine Mietpreiserhöhung, die die MGH in den Neuverträgen eingeführt hat, ergab sich bei einzelnen Mieter*Innen eine Mietsteigerung um bis zu 100% pro Quadratmeter. Zusätzlich kam dazu die Neuberechnung der Mietfläche mit dem erhöhten Mietpreis nach Gewerbstandards. Damit ist die neue Miete mal schnell um das 2,5 fache höher. Die Nebenkosten sind hier laut Auskünften einzelner Mieter*Innen sogar noch nicht eingerechnet.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Das Kreativlabor ist im Stadtratsbeschluss Nr. 14-20/V 16466 vom 27.11.2019 sowie im Regelwerk Labor von TELEINTERNETCAFE von der Stadt klar benannt als ein Gebiet, das es in der bestehenden Struktur langfristig zu erhalten gilt. Der Nutzungsschwerpunkt liegt laut diesem Beschluss in der Kunst, Kultur, Kultur- und Kreativwirtschaft. Zusammen mit Wohnnutzung, gewerblichen und sozialen Nutzungen soll dort ein urbanes, kreatives Umfeld geschaffen werden.
Die Mietpreisgestaltung orientiert sich bei den Bestandsmieter*innen aktuell an den Verträgen, die das Kommunalreferat mit den Mieter*innen geschlossen hat, sowie an der Bewertung durch das städtische Bewertungsamt. Auch langfristig sollen die Konditionen für die Vermietung in denBestandsflächen so gestaltet werden, dass dauerhaft eine Vermietung an Künstler*innen, Kultur- und Kreativschaffende möglich ist.
Frage 1:
Ist nach Meinung des Oberbürgermeisters eine solche Mietsteigerung in München durch eine städtische Tochtergesellschaft gewünscht und wird diese als gerecht empfunden?
Antwort:
Bei den Bestandsmieter*innen auf dem Gelände des Kreativlabors hat die MGH die Miethöhe so übernommen, wie sie in den Mietverträgen zwischen Kommunalreferat und Mieter*innen vereinbart waren. Es wurden keine Mieten erhöht.
Kurz vor der Übergabe des Kreativlabors an die MGH gab es im Herbst 2019 eine Mieterhöhung bei Neuabschlüssen von Mietverträgen auf dem Gelände. Da ein Teil der vorherigen, befristeten Verträge zum 31.12.2019 endete, wurden diese durch das Kommunalreferat weitgehend in unbefristete Verträge umgewandelt. Bei diesen neuen Verträgen wurde die Miete vom Kommunalreferat aufgrund einer pauschalen Neubewertung durch das städtische Bewertungsamt auf 8,25 Euro/m² erhöht. Bei allen anderen Bestandsmieter*innen gab es weder durch das Kommunalreferat noch durch die MGH eine Mieterhöhung.
Bei Neuvermietungen in den neu geschaffenen Flächen der Containern wurde allerdings eine neue Mietpreisstruktur mit 10 bzw 12 Euro/m² angewandt. Hier waren aber keine Bestandsmieter*innen betroffen.
Für das IMAL ist ein neuer Mietvertrag in Vorbereitung. Dieser Mietvertrag wird eine höhere Mietberechnung nach der BGF enthalten. Allerdings ist das IMAL nicht wirtschaftlich davon betroffen, da die Miete vollständig durch die Stadt übernommen wird. Die neue Mietgestaltung ist mit dem Sozialreferat besprochen und auch so vereinbart.
Es ist richtig, dass der Wert der Nutzfläche (NF) ca. 10 – 15% geringer ist als der der Bruttogeschossfläche (BGF). Die schrittweise Umstellung der Flächenberechnung in den Mietverträgen von Nutzfläche (NF) auf Bruttogeschossfläche (BGF) hat lediglich den Grund, dass die BGF als Mietgrundlage im Gewerbemietrecht üblich ist. Für alle Neubauten auch auf dem Gelände des Kreativquartiers wird daher die BGF als Berechnungsgrundlage vorliegen.Bei einer künftigen Verteilung der nicht verbrauchsabhängigen Nebenkosten (z.B. Hausmeister, Hausreinigung, Winterdienst, Strom für Außenbeleuchtungen) ist es zwingend erforderlich, dass eine einheitliche Berechnungsbasis für alle Mieter*innen existiert. Deswegen müssen auch die Altverträge nach und nach auf BGF umgestellt werden. Der jeweilige Kostenanteil der einzelnen Mieter*innen bleibt dabei gleich: Wenn die Umlage auf einer gleichen Basis berechnet wird, ändert sich dadurch der prozentuale Anteil für den jeweiligen Mieter*in nicht.
In Bezug auf die Miete ändert sich für die Bestandsmieter*innen durch eine Umstellung auf die BGF als Maßstab auch nichts. Wenn bisher für die Fläche auf der Basis der Nutzfläche (NF) z.B. 400 Euro Miete bezahlt wurden, wird auch künftig für die gleiche Fläche auf Basis der BGF 400 Euro bezahlt. Die Miete pro m² reduziert sich einfach entsprechend.
Bei den Bestandsmieter*innen wurden noch keine Verträge umgestellt, bei Neuvermietungen wurde die BGF als Berechnungsgrundlage verwendet.
Nach der Übernahme der Fläche im letzten Jahr hat die MGH bei den Mieter*innen, die nicht in dem von der Stadt wieder zurückgemieteten Flächenkontingent angesiedelt sind, nachgefragt, ob sie vorsteuerabzugsfähig sind. Falls nicht, wurde eine Klausel bezüglich des Vorsteuerschadens i.H.v. 19% in den Mietvertrag aufgenommen.
Bei den Bestandsmietverträgen wurde ein Vorsteuerschaden noch nicht aufgenommen, nur bei neuen Verträgen.
Frage 2:
Setzt die MGH hier die Zielsetzungen des Stadtrates um? D.h. spiegelt die Mietpreisgestaltung den Zweck „Bestand erhalten und vorsichtig entwickeln“?
Antwort:
Der Stadtratsbeschluss zur Übertragung des Geländes an die MGH vom 27.11.2019 legt fest, dass die MGH den Auftrag erhält, den Gebäudebestand zu sanieren, ohne dass dafür städtische Zuschüsse ausgereicht werden. Aktuell werden auf dem Gelände ca. 1.450.000 Euro Miete eingenommen. Im Jahr 2020 wurden auf dem Gelände für Sanierungsmaßnahmen, Instandhaltung und die Neubauten ca. 7,5 Mio. Euro ausgegeben. Ein Teil der Kosten wird durch das Kommunalreferat getragen, aus einem Budget für Projekte, die vom Kommunalreferat noch geplant waren, für die auch städtische Haushaltsmittelmittel zur Verfügung standen, die aber im Jahr2019 durch das Kommunalreferat nicht mehr durchgeführt werden konnten.
Für die Jahre 2021 und 2022 sind auf dem Gelände Sanierungsmaßnahmen geplant, deren Kosten sich voraussichtlich zwischen 3 und 3,5 Mio. Euro bewegen werden. In den folgenden Jahren ist mit ähnlichen Sanierungskosten zu rechnen.
Da keine städtischen Zuschüsse zur Verfügung stehen, soll die Differenz zwischen den aktuellen Mieteinnahmen und den Sanierungskosten durch die Mieteinnahmen der geplanten Neubauten gedeckt werden. Der erste Neubau wird aber voraussichtlich frühestens in 6 Jahren fertiggestellt, die weiteren folgen dann im Abstand mehrerer Jahre.
Da die MGH verpflichtet ist, bei ihrem Handeln auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wurde versucht, die Einnahmesituation bei Neuvermietung im Bereich der ehemaligen Stadtentwässerungsfläche und der Container zumindest in einem gewissen Umfang zu verbessern. Die Mietpreise von 12 bzw. 10 Euro/m² für die Container beispielsweise sind trotzdem moderat. Die Bestandsmieter*innen sind davon nicht betroffen.
Frage 3:
Wurde bei den Verhandlungen zur Übernahme der Fläche durch die MGH bereits im Vorfeld zwischen der LHM und der MGH eine Regelung zur Handhabung neuer Mietverträge durch Bestandsnutzer getroffen? Wenn ja, wie sieht diese aus?
Antwort:
Es wurde ein Handlungsrahmen vereinbart, der festlegt, dass bei einer Neuvermietung die Mieterauswahl durch die Landeshauptstadt München/ Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft erfolgt.
Frage 4:
Wurde, falls vorhanden, in einer Übernahmeregelung eine Maximalmiete pro m² getroffen? Wurde durch die beteiligten Referate eine Einschätzung über die Wertigkeit und die dadurch resultierenden Mieten der Flächen getroffen?
Antwort:
Nein.
Eine Einschätzung der Wertigkeit der Flächen erfolgte wie in Antwort 1dargestellt pauschal durch das Bewertungsamt der Stadt München. In den bestehenden Gebäuden sind erst nach erfolgter Sanierung moderate Erhöhungen geplant, die auch weiterhin eine Vermietung an Künstler*innen, Kultur- und Kreativschaffende ermöglichen.
Für die noch zu realisierenden Neubauten am Rand des Kreativlabors wird sich die MGH wie in Antwort 2 dargestellt an marktüblichen Preisen orientieren.
Frage 5:
Wie glaubt der Oberbürgermeister sollen langjährige Mieter, die die Kreativ-, Bürgerschafts- und Kulturszene Münchens formen und bereichern, plötzlich und während der Corona Pandemie diese deutlich erhöhten Mieten aufbringen?
Antwort:
Es ist unstrittig, dass die Künstler*innen und Kulturschaffenden insbesondere in der Corona-Pandemie in einer äußerst schwierigen Situation sind. Wie bei Antwort 1 dargestellt gab es für Bestandsmieter*innen keine Mieterhöhungen.
Gleichzeitig muss aber die MGH entsprechend des Stadtratsauftrags auch vor dem Hintergrund der hohen Sanierungskosten, die im Kreativlabor anfallen, auf lange Sicht die Finanzierung erwirtschaften.
Frage 6:
Gibt es Unterstützungs-Konzepte für langjährige Mieter*innen im Kreativquartier, die diese erhöhte Miete nicht aufbringen können?
Antwort:
Die MGH bietet eine Stundung von bis zu 80% der Miete an.
Darüber hinaus gibt es Corona-Hilfsprogramme von Bund und Land, die genau für betriebliche Fixkosten wie Ateliermiete greifen: Überbrückungshilfe, Neustarthilfe, November- und Dezemberhilfe. Das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft hat von Anfang der Pandemie an regelmäßig zu diesen Angeboten informiert: über Newsletter, eine Hotline, Gruppensprechstunden und Beratungen.
Frage 7:
Wie viele langjährige Mieter*innen des Kreativquartiers sind von den in der Einleitung genannten Neuberechnungen und Mietsteigerungen betroffen?
Antwort:
Keine – Siehe Antwort 1.
Frage 8:
Wurde im Rahmen einer guten, zukünftigen Zusammenarbeit zwischen der MGH und den Mieter*innen der Neuberechnung der Mietfläche vorab von allen Mieter*innen zugestimmt?
Antwort:
Nein, da sich bei einer Umstellung von NF auf BGF für die Bestandsmieter*innen nichts ändert.
Frage 9:
Gab es Einwände gegen die Neuberechnung der Mietfläche und wurde danach durch die MGH eine andere Berechnungsmethode angewandt oder die Mietfläche nachverhandelt?
Antwort:
Es gab vereinzelt Einwände, da die Auswirkungen für die Mieter*innen zunächst nicht klar waren. Nach Gesprächen mit MGH, Stadt und den Beteiligten konnten diese Einwände geklärt werden, da sich durch die Umstellung an den Bestandsmieten nichts ändert.
Frage 10:
In wie weit ist diese Mietsteigerung mit dem zu Grunde liegendem Konzept zur Gestaltung der Fläche des Kreativquartiers vereinbar?
Antwort:
Siehe Antwort 5.
Frage 11:
Wird mit der Verwaltung des Kreativquartiers durch eine Gesellschaft, die sonst andwerksbetriebe und Gewerbeeinheiten betreut, die Beschlüsse des Stadtrates umgesetzt?
Antwort:
Die MGH hat eine langjährige ausgewiesene Erfahrung in der Entwicklung, Sanierung und Verwaltung von kleinteiligen Immobilien und leistet damit einen wichtigen Beitrag bei der Überführung des Kreativlabors von einer Zwischennutzung hin zu einem langfristigen Kreativquartier auf der Immobilienseite.Dabei betreut die MGH das Kreativlabor nicht allein, sondern in engem Zusammenwirken mit der Stadt und den beteiligten Referaten: Kulturreferat, Referat für Arbeit und Wirtschaft und fallbezogen auch Sozialreferat. Insbesondere bei der Mieter*innenauswahl und damit der künftigen Zusammensetzung der Nutzer*innen im Labor liegt die Entscheidung bei der Stadt. Allerdings obliegt die wirtschaftliche Beurteilung weitgehend bei der MGH. Wie bereits dargestellt, ist sie verpflichtet, die Finanzierung des Sanierungsaufwandes aus eigenen Einkünften zu erwirtschaften. Erst die Sanierung der Gebäude sichert die Zukunft und den Bestand des Geländes und damit auch die Zukunft der dort tätigen Künstler*innen und Kulturschaffenden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.