Abrechnungsbetrug von Covid-Schnelltests auch in München?
Anfrage Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 31.5.2021
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Verschiedene Medien wie die Süddeutsche Zeitung und der WDR berichteten in den vergangenen Tagen von Abrechnungsbetrug privater Covid-Testzentren. Die Vergütung dieser Tests erfolgt über die Kassenärztlichen Vereinigungen, unklar bleibt jedoch, wer für die Kontrolle zuständig ist.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung und kann jetzt die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage wie folgt beantworten:
Frage 1:
Sind in der Landeshauptstadt München Fälle von Abrechnungsbetrug bei Covid-Schnelltests bekannt?
Antwort:
Dem Gesundheitsreferat (GSR) sind gegenwärtig keine Fälle von Abrechnungsbetrug bekannt.
Frage 2:
Wurden von Seiten der Landeshauptstadt München diesbezüglich Kontrollen durchgeführt? (z.B. durch das Gesundheits- oder Kreisverwaltungsrefe- rat)?
Antwort:
Nach der Struktur der Coronavirus-Testverordnung (TestV) ist der öffentliche Gesundheitsdienst im Zusammenhang mit kostenlosen Bürgertestungen nach § 4a TestV lediglich in die Beauftragung Dritter zu Bürgertestungen eingebunden, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 TestV. Hierdurch wird ein Teststellenbetreiber berechtigt, Bürgertestungen im Sinne des § 4a TestV zu erbringen und abzurechnen. Die hiermit verbundenen Anforderungen, insbesondere eine ordnungsgemäße Durchführung des Testbetriebs als solchen, prüft und überwacht das GSR und nimmt hierfür auch Ortsbegehungen vor.
Hiervon zu trennen ist jedoch der Abrechnungsvorgang. Die berechtigten Teststellenbetreiber rechnen die von ihnen erbrachten Leistungen und dieSachkosten nach den §§ 9 bis 11 ausschließlich mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, in deren Bezirk sie ihren Sitz haben, vgl. § 7 Abs. 1 TestV. In diesen Abrechnungsvorgang ist das GSR nicht involviert und kann ihn insoweit auch nicht kontrollieren.
Es fehlen dem GSR auch die entsprechenden Befugnisse, um im Hinblick auf Abrechnungsbetrug zu kontrollieren. Entsprechende Maßnahmen können weder aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) noch der Coronavirus-Testverordnung begründet werden. Auch in der Beauftragung selbst, die mittlerweile das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vornimmt, sind entsprechende Kontrollbefugnisse nicht enthalten. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Verdacht auf Abrechnungsbetrug dem GSR wohl nur im Ausnahmefall während Kontrollen des Teststellenbetriebs überhaupt zur Kenntnis gelangt; in diesem Fall würden die zuständigen Stellen umgehend informiert.
Frage 3:
Falls ja: Wann, wie viele und mit welchem Ergebnis?
Antwort:
Siehe Frage 2.
Frage 4:
Falls nein: Bei wem sieht die Landeshauptstadt München dann Kontrollrecht und Kontrollpflicht?
Antwort:
Nach unserer Ansicht wären Kontrollpflichten am ehesten bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zu sehen, da die Teststellenbetreiber*innen nach § 7 Abs. 1 TestV mit der jeweils örtlich zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. Wenn diese seitens des Bundesgesundheitsministerium mit dem Abrechnungsvorgang betraut sind und öffentliche Mittel ausgeben, dann wäre eine Kontrolle ungeachtet der Frage, in welcher Tiefe dies möglich ist, aus unserer Sicht jedenfalls angezeigt.
Frage 5:
Sind der Landeshauptstadt München die Anzahl der Covid-Testlabors, deren Betreiber und die gemeldeten Testzahlen (inkl. Quote der positiven Tests) bekannt bzw. hat man sich darum bemüht, diese zu erheben?
Antwort:
Seit Anbeginn der Bürgertestungen erhebt und sammelt das GSR die relevanten Daten im Bezug auf die Bürgertestungen. Gesammelt werden insbesondere die Anzahl der Betreiber, die Anzahl der Teststellen (der die in der Frage genannte „Anzahl der Covid-Testlabors“), samt Adressen und Ansprechpartner*innen, Zeitpunkt der Beauftragung und die maximalen Testkapazitäten der Teststellen. Zusätzlich fragt das GSR wöchentlich die durchgeführten Tests in der abgelaufenen Kalenderwoche bei den Teststellenbetreiber*innen ab.
Die Betreiber*innen sind darüber hinaus verpflichtet, alle durchgeführten Tests und positive Testergebnisse zu melden.
Frage 6:
Welche Konsequenzen zieht die Landeshauptstadt München aus der o.g. Berichtserstattung?
Antwort:
Das GSR hat die Kontrollen der Teststellen nochmals intensiviert und führt nun auch regelmäßige anlasslose Ortsbegehungen durch. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (BayStMGP) hat die Gemeinden in einer Mitteilung vom 31.5.2021 bereits zu stärkeren Kontrollen verpflichtet. Diese werden seitens des GSR seit dem 4.6.2021 durchgeführt. Zu beachten ist jedoch, dass aus den oben dargestellten Gründen eine Kontrolle mit einem Fokus auf Abrechnungsbetrug für uns nicht umsetzbar ist und es auch an entsprechenden rechtlichen Befugnissen mangelt. Die Kontrollen, die auch das StMGP fordert, beziehen sich damit auch im Wesentlichen auf die Hygienezustände in den Teststellen. Diese Kontrollen werden fachkundig und konsequent durchgeführt, die notwendigen Maßnahmen werden je nach Einzelfall geprüft und umgesetzt. Stand heute, 14.6.2021, hat das GSR im Zuge dieser intensivierten Kontrollen folgende Maßnahmen getroffen:
- In fünf Fällen wurde die Beauftragung des/der Betreiber*in widerrufen,
- in einem Fall wird der Widerruf der Beauftragung gegenwärtig geprüft,
- in zwei Fällen wurde der Betrieb einer einzelnen Teststelle aufgrund erheblicher Hygienemängel behördlich vorübergehend untersagt und
- in einem Fall wurde der/die Betreiber*in zur Beseitigung verschiedener hygienebezogener Mängel aufgefordert, ohne dass der Betrieb gänzlich untersagt werden musste.
Drei Betreiber*innen haben den Betrieb aufgrund des kurzfristig erfolgten Widerrufs der Beauftragung eigenständig dauerhaft eingestellt, sodasseine behördliche Untersagung des Betriebs der einzelnen Teststellen der Betreiber*innen hier nicht erforderlich war. Hiervon waren insgesamt 12 Teststellen betroffen.