Corona-Hilfen München II – Seniorinnen und Senioren besser vor Corona schützen und geeignete Maßnahmen ergreifen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Sabine Bär, Michael Dzeba, Alexandra Gaßmann, Hans Hammer, Heike Kainz und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 15.12.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie beantragen mit Ihrem oben genannten Antrag vom 15.12.2020 ein umfassendes Konzept für den besseren Schutz unserer älteren Mitbürger*innen zu entwickeln und umgehend umzusetzen. Dieses Konzept sollte folgende Komponenten mindestens enthalten:
„1. Zugang zu Altenheimen und Pflegeeinrichtungen nur mit einem negativem Schnelltest (durchgeführt am gleichen Tag). Dies gilt sowohl für Besucher als auch für Personal. Die Tests werden von der Landeshauptstadt München kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Testinfrastruktur soll mit Hilfe der Landeshauptstadt vor Ort oder in zumutbarer örtlicher Nähe geleistet werden.
2. Unter Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen gleichzeitig ausgeweitete Besucherkontingente für die o.g. Einrichtungen zur psychologischen und emotionalen Betreuung der Senioren.
3. Kostenloser Zugang zu einem ausreichenden Kontingent an zertifizierten FFP2-Masken für alle Senior*innen über 70 Jahre. 4. Schutzmaßnahmen und Unterstützung auch für Senior*innen (Ü70), die nicht in Pflegeheimen sind, unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus Tübingen (z. B. reservierte Einkaufszeiten im Einzelhandel, Rufbusse und Taxi Gutscheine nur für Senioren*innen zum ÖPNV-Preis, kostenlose Schnelltests an öffentlichen und zentralen Orten für Besuche bei Senior*innen, etc.).“
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Ihr Antrag wurde in der Vollversammlung vom 16.12.2020 bereits mündlich behandelt.
Zu Ihrem Antrag vom 15.12.2020 teile ich Ihnen darüber hinaus Folgendes mit:Zum aktuellen Zeitpunkt ist noch immer Vorsicht geboten, denn insbesondere Pflegeeinrichtungen waren von der Corona-Pandemie betroffen. Noch immer zählen die dortigen Bewohner*innen zu einer vulnerablen und besonders schützenswerten Gruppe. Strategien und Maßnahmen müssen laufend an die neuen Entwicklungen angepasst und geändert werden. Vor diesem Hintergrund können die Antworten auf Ihre Fragen nur den Stand der aktuellen Maßnahmen (Juni 2021) darstellen.
Ein großer Teil der Bewohner*innen in den vollstationären Pflegeeinrichtungen in München ist inzwischen geimpft. Impfen, Testen und die Einhaltung der Hygiene-Regeln sind nach wie vor die wichtigsten Bausteine zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Grundsätzlich müssen alle vollstationären Pflegeeinrichtungen ihre einrichtungsspezifischen Hygiene- und Besuchskonzepte umsetzen und an die Entwicklung anpassen. Übergreifendes Ziel dieser Konzepte ist es, Besuche in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen und gleichzeitig das Risiko einer Corona-Infektion für alle zu reduzieren. Dies kann nur erreicht werden, wenn sowohl die Rahmenbedingungen jeder Pflegeeinrichtung als auch die regionalen Entwicklungen und Maßnahmen berücksichtigt werden. Eine Standardlösung für alle gibt es nicht.
Für die Erstellung von Besuchskonzepten stehen Handlungsempfehlungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege1 und des Bevollmächtigten der Bundesregierung für Pflege2 zur Verfügung.
Zu Ziffer 1
Die Dreizehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 5.6.2021 gilt aktuell bis zum 4.7.2021. Darin verordnet das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, StMGP, wie folgt:
Besucher*innen darf der Zutritt nur gewährt werden, wenn sie a) über ein schriftliches oder elektronisches negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verfügen und dieses auf Verlangen nachweisen, wobei die dem Testergebnis zu Grunde liegende Testung mittels eines PCR-Tests oder POC-Antigentests höchstens 24 Stunden vor dem Besuch vorgenommen worden sein darf und die jeweils geltenden Anforderungen des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erfüllen muss, oder b) in der Einrichtung unter Aufsicht einen vom Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenen Antigentest zur Eigenan-wendung durch Laien (Selbsttest) in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mit negativem Ergebnis vorgenommen haben.
Zudem gibt es Regelungen, dass in Gebieten nach höherer 7-Tage-Inzidenz als 100 oder bei größeren Ausbruchsgeschehen die zuständige Kreisverwaltungsbehörde – unter Berücksichtigung des Anteils der Bewohner*innen und Beschäftigten, die bereits eine Schutzimpfung gegen das das Coronavirus SARS-CoV-2 erhalten haben – eine Testung der Beschäftigten dieser Einrichtungen auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 an mindestens zwei verschiedenen Tagen pro Woche, in denen die Beschäftigten zum Dienst eingeteilt sind, anzuordnen hat.
Vollständig geimpfte oder genesene Personen werden im Rahmen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung negativ getesteten Personen gleichgestellt. Die besonderen Schutzmaßnahmen zugunsten vulnerabler Gruppen in Pflegeeinrichtungen bleiben davon unberührt.
Die Allgemeinverfügungen Notfallplan Corona-Pandemie Regelungen für stationäre Einrichtungen der Pflege und Notfallplan Corona-Pandemie Regelungen für stationäre Einrichtungen für Menschen mit Behinderung wurde am 8.6.2021 geändert, sodass auch geimpfte und genesene Bewohner*innen bei Einzug oder Rückverlegung aus dem Krankenhaus sich nicht testen lassen müssen.
Besucher*innen der vollstationären Pflegeeinrichtungen können sich entweder in den Einrichtungen, im Testzentrum an der Theresienwiese, in privaten Testzentren oder Apotheken kostenlos testen lassen. Eine Übersicht der Testmöglichkeiten veröffentlichen unter anderem die Münchner Tageszeitungen und Anzeigenblätter, zum Beispiel:
- https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-corna-test- schnelltest-pcr-standorte-1.4998803
- https://www.hallo-muenchen.de/muenchen/corona-test-muenchen- landkreis-testzentrum-pcr-schnelltest-antigen-theresienwiese-zentren- virus-bayern-apotheken-13825936.html
Durch die Coronavirus-Testverordnung (TestV) wurde ein Erstattungsverfahren zum Ausgleich der anfallenden Kosten der PoC-Antigen-Tests für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen sowie der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag und stationäre Hospize geschaffen. Anfallende Aufwendungen für PoC-Antigen-Tests können gegenüber der Pflegeversicherung geltend gemacht werden. Dies gilt für die entstandenen Beschaffungskosten sowie für die Kosten der Durchführungin der Zeit von 15.10 2020 bis zur Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 IfSG.
Die Bayerische Teststrategie steht derzeit auf vier Säulen: Kostenlose Coronavirustests in den lokalen kommunalen Testzentren, durch die teilnehmende Vertragsärzt*innen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, über teilnehmende Apotheken und zahlreiche Hilfsorganisationen. Über das Gesundheitsreferat werden nach wie vor wöchentlich die kostenlosen Schnelltests, die der Freistaat Bayern beschafft, an teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen verteilt.
Darüber hinaus gibt es für die Menschen zunehmend die Möglichkeit, einen Selbsttest durchzuführen.
Zu Antigenschnelltests ist grundsätzlich anzumerken:
Antigenschnelltests geben keine 100%-ige Sicherheit in Bezug auf das Vorliegen einer Covid-19-Infektion. Grundlegende Hygiene- und Abstandsregeln müssen weiterhin eingehalten werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Großteil der Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen geimpft ist. Das Robert Koch-Institut führt in seiner Empfehlung „Prävention und Management von COVID-19 in Alten- und Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen“ dazu aus: „Generell sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Besucher mit Erkältungssymptomen sowie Kontaktpersonen von CO-VID-19-Infizierten sollen der Einrichtung fernbleiben
- jeder Besuch muss registriert werden (Name des Besuchers, Datum des Besuchs, besuchter Heimbewohner)
- die Besuche sollten in einem zeitlich begrenzten Rahmen erfolgen
- die Besucher müssen in den erforderlichen Schutzmaßnahmen unterwiesen werden. Diese beinhalten: das Einhalten von mindestens 1,5 - 2m Abstand zum Bewohner, das Tragen einer FFP2-Maske (in Bayern), die Händedesinfektion vor dem Betreten und beim Verlassen des Bewohnerzimmers.“
Zu Ziffer 2
Im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) vom 20.05.23021 an Verbände und Leistungserbringer*innen heißt es u.a. wie folgt: „… Umsetzung der schrittweisen Lockerung: Aufgrund der hohen Durchimpfungsrate und der Einhaltung der bewährten Schutzmaßnahmen ist es gelungen während der sogenannten „Dritten Welle“ im Vergleich zu den Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung, das Infektionsgeschehen in den Einrichtungen gering zu halten. Dieser positive Trend lässt zu, dass wir behutsam wagen können, wieder mehr Nor-malität innerhalb der Einrichtungen zuzulassen. Wir möchten die Einrichtungen ganz bewusst bestärken, Möglichkeiten der Lockerungen innerhalb ihres individuellen Schutz- und Hygienekonzepts umzusetzen...“. Besuche in vollstationären Pflegeeinrichtungen sind in der 13. BayIfSMV geregelt, siehe Ziffer 1. Die Sterbebegleitung ist jederzeit zulässig. Die Münchner Hospizvereine haben während der gesamte Phase der Pandemie ihr Unterstützungsangebot für die vollstationären Pflegeeinrichtungen aufrecht erhalten.
Viele Pflegeeinrichtungen bieten für die Bewohner*innen und Besucher*innen digitale Unterstützungsmöglichkeiten an. So wurden zum Beispiel Tablets angeschafft, damit die eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten durch virtuelle Besuche ergänzt werden können.
Angebote im Rahmen von ehrenamtlichem Engagement sind grundsätzlich möglich, wenn dies im einrichtungsspezifischen Schutzkonzept berücksichtigt ist. Da ehrenamtliche Helfer*innen auf Grund ihres Alters oft selbst zur Risikogruppe gehören, muss der Einsatz sehr gut überlegt werden. Sehr unterstützend bewähren sich auch hier die städtischen Programme „Pflegeüberleitung“ und „Hausinterne Tagesbetreuung“. Die vom Sozialreferat geförderten Stellen begleiten Bewohner*innen und helfen bei der Durchführung von Besuchen oder Video- bzw. Telefonkontakten mit An- und Zugehörigen.
Zu Ziffer 3
Ab Dezember 2020 wurden über die Apotheken an alle Bürger*innen über 60 Jahre kostenlos zunächst drei FFP-2 Masken verteilt. Weitere zwölf FFP-2 Masken konnten mit Berechtigungsscheinen der Krankenkassen gegen eine Eigenbeteiligung von zwei Euro bis zum 15.4.2021 in Apotheken abgeholt werden.
Der Freistaat Bayern hat darüber hinaus für bedürftige Bürger*innen kostenlose FFP-2 Masken zur Verfügung gestellt. Die Landeshauptstadt München hat diese Aktion mit kostenlosen Masken für diejenigen Münchner*innen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, ergänzt.
Über die Alten- und Service-Zentren (ASZ) wurden Masken an pflegende Angehörige, die vom Freistaat finanziert wurden, ausgegeben.
Zu Ziffer 4
Wichtigste Schutzmaßnahme für Senior*innen stellt die nun verfügbare Impfung gegen SARS-CoV-2 dar. Die Impfkapazitäten im Impfzentrum in Riem wurden ausgebaut. Mobile Impfteams sind weiterhin im Einsatz. In den ASZ wurden bis Mitte Mai 2021 rund 4.200 Impfungen für die Priorisierungsgruppen 1 und 2 durchgeführt. Dabei einbezogen waren selbstver-ständlich auch Bewohner*innen der Altenwohnanlagen. Auch die Zweitimpfungen der in den ASZ Geimpften werden dort stattfinden.
Im Vorfeld und zum Zeitpunkt des Impfstarts war ein hohes Kooperationsbedürfnis der Hausärzt*innen mit den ASZ erkennbar, da die Hausärzt*innen nur schleppend mit Impfstoff versorgt wurden.
Die größere Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests ist ein weiterer wichtiger Baustein, um die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus niedrig zu halten. Seit 8.3.2021 gilt für alle Bürger*innen der Anspruch auf einen kostenlosen Corona-Schnelltest pro Woche. In Bayern hat das Gesundheitsministerium damit die Apotheken beauftragt. Auch private Testzentren können die kostenlosen Schnelltests anbieten (siehe Antwort Ziffer 1).
Für kostenfreie Taxifahrten wird auf die Antwort zum Dringlichkeitsantrag „Corona-Hilfen I – Taxifahrten für besondere Risikogruppen“ vom 15.12.2020 verwiesen. Darin ist unter anderem aufgeführt: „Sinn und Zweck der Kontaktbeschränkungen ist, die Kontakte erheblich zu reduzieren. Die Ausgabe von Taxi-Gutscheinen würde diesen Bestrebungen zuwider laufen und den Nutzer*innen ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermitteln. Letztendlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fahren mit dem Taxi sicherer ist als die Nutzung von S- oder U-Bahn, vor allem dann nicht, wenn im öffentlichen Nahverkehr mit einem deutlich rückläufigen Fahrgastaufkommen zu rechnen ist.“
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1SARS-CoV-2-Infektionsschutz: Handlungsempfehlungen (Rahmenkonzept) für ein Besuchskonzept in Alten- und Pflegeheimen und stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, die Leistungen der Eingliederungshilfe über Tag und Nacht erbringen (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege)
2 „Besuche sicher ermöglichen“ – Besuchskonzepte in stationären Einrichtungen der Langzeitpflege während der Coronapandemie