In einem gemeinsamen Positionspapier weisen die Landeshauptstadt München (LHM) und die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege München (ARGE Freie) auf die mitunter schwierige Situation von EU-Zuwander*innen in den Kommunen hin. EU-Zuwander*innen sind mehrheitlich in Deutschland gut angekommen. Für einen Teil der Zugewanderten, insbesondere aus Staaten, die das europäische Fürsorgeabkommen nicht ratifiziert haben, ist die Situation auch durch Gesetzesverschärfungen jedoch extrem prekär.
Ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und ohne Sozialleistungsansprüche besteht mitunter kein Krankenversicherungsschutz und kein gesicherter Zugang zu medizinischer Versorgung. Konsequenzen sind unter anderem Obdachlosigkeit, prekäre Wohnverhältnisse, zum Teil auch Erwerbstätigkeit unter ausbeuterischen Bedingungen. In den letzten Jahren hat die LHM in Kooperation mit den freien Trägern erhebliche Anstrengungen unternommen, um im Rahmen freiwilliger Leistungen die brisante Lebenslage der Menschen zu entschärfen.
In dem Positionspapier fordern die LHM und die ARGE Freie nun Reformen auf EU-, Bundes- und Landesebene, zum Beispiel um Ausschlüsse aus der Krankenversicherung zu vermeiden, Ausgleichszahlungen an die Kommunen für Aufwendungen in der Krankenversorgung sowie die Refinanzierung von Beratungsstellen für Menschen ohne Krankenversicherung.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Es freut mich sehr, dass wir als Landeshauptstadt München zusammen mit der ARGE Freie dieses Positionspapier auf den Weg bringen können. Menschenrechte müssen für alle Menschen gelten. Eine Zweiklassengesellschaft von Migrant*innen widerspricht unseren Ansprüchen an Versorgung und Unterstützung von Menschen in unserer Stadt. Besonders für die Bedürfnisse der Zugewanderten aus Osteuropa brauchen wir eine noch bessere Versorgung. Die Landeshauptstadt München unterstützt bereits durch viele freiwillige Leistungen, doch erst durch das Zusammenwirken aller politischer Ebenen können wir hier eine echte Verbesserung für die Menschen erreichen.“ In existenziellen Lebenslagen fordern die LHM und die ARGE Freie, dass eine temporäre Sozialhilfe und eine längere Übernahme medizinischer Leistungen ermöglicht werden. Auch der Status des sogenannten Daueraufenthaltes sollte von fünf auf drei Jahre herabgesetzt werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, für EU-Bürger*innen einen kostenfreien Zugang mit Rechtsanspruch zu Integrationskursen zu schaffen. Ebenso notwendig wäre für die Kinder- und Jugendhilfe eine kinderrechtskonforme Formulierung, die klarstellt, dass auch von Sozialleistungsausschluss betroffene Familien Zugang zu Jugendhilfeleistungen haben, so die Hilfen geeignet und notwendig sind. Die bayerische Staatsregierung wird aufgefordert in Bayern wieder ein Wohnungsaufsichtsgesetz einzuführen, um als Kommune bei Missständen und prekärem Wohnen handlungsfähiger zu werden. Julia Sterzer, Sprecherin der ARGE Freie: „Wir freuen uns sehr, dass das vorliegende Positionspapier in einem sehr konstruktiven Prozess gemeinsam von Sozialreferat – Amt für Wohnen und Migration – und der Freien Wohlfahrt erarbeitet wurde. Medizinische Grundversorgung, Zugang zu Leistungen zur Bildung und Teilhabe, Qualifizierung, Zugang zum Arbeitsmarkt und eine angemessene Unterbringung sind die Basis, um berufliche und persönliche Perspektiven entwickeln zu können. Deshalb rufen wir gemeinsam mit der LHM die zuständigen Ebenen der Länder, des Bundes und der EU auf, die Gesetzgebung dahingehend zu verändern, dass für alle Zugewanderten ein menschenwürdiges Leben bei uns möglich ist.“