Mit dem von der Landeshauptstadt München verliehenen Georg-Elser-Preis wird Seda Başay-Yildiz für ihr gesellschaftliches Engagement geehrt. Dies hat der Kulturausschuss des Stadtrats auf Vorschlag einer Jury gestern beschlossen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 8. November im NS-Dokumentationszentrum München verliehen. Er würdigt Elsers Widerstandstat gegen Hitler und setzt zugleich ein Zeichen für Zivilcourage bei der Bekämpfung undemokratischer Entwicklungen.
Jurybegründung (Auszug)
„(…) (Die Rechstanwältin) Seda Başay-Yildiz hat sich in den letzten Jahren für die Hinterbliebenen der Opfer der schwersten rechtsextremen Attentate mit großer Empathie und außerordentlichem Engagement eingesetzt. Im NSU-Prozess vertrat sie die Familie des ersten Mordopfers der Terror- zelle, Enver Şimşek, und arbeitete unter anderem das nicht ausermittelte Unterstützernetzwerk des NSU in Nürnberg heraus. In Zusammenhang mit dem rassistischen Attentat am Olympiaeinkaufszentrum vertrat sie im Prozess gegen den Waffenhändler Philipp K. die Mutter des ermordeten Choussein Daitzik. Aktuell vertritt Seda Başay-Yildiz die Rechte der Familien von Serdat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu und Gökhan Gültekin, die 2020 in Hanau erschossen wurden. Sie kritisiert die mangelnde Unterstützung für ihre Mandant*innen öffentlich, thematisiert institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus und setzt sich, u. a. auch als Verteidigerin von mutmaßlichen Islamist*innen, für Menschen ein, die keine Lobby haben.
(…) Seda Başay-Yildiz (erhielt) Drohschreiben des sogenannten NSU 2.0. Darin drohte man, ihre damals zweijährige Tochter zu „schlachten“. Ihre gesperrte Adresse war von einem Frankfurter Polizeicomputer abgerufen worden. In dem Zusammenhang wurden eine rechte Chatgruppe sowie Dutzende rechtsextreme Verdachtsfälle bei der hessischen Polizei ermittelt. Nach einem Umzug wurde auch Seda Başay-Yildiz neue, streng geheime Adresse im Darknet veröffentlicht. Mehr als zweieinhalb Jahre lang konnte der sog. NSU 2.0 über 100 Drohschreiben v. a. an Frauen in ganz Deutschland verschicken. Obwohl die Drohungen gegen Seda Başay-Yildiz und ihre Familie nicht aufhörten und der Mord an Walter Lübcke abermals demonstrierte, wie schnell Hetze zu einer Gewalttat führen kann, setzte die engagierte Anwältin ihre Arbeit mutig mit unverändertem Engagement fort. Sie lobte eine Belohnung auf Hinweise zur Ergreifung des Täters aus, kritisierte die schleppenden Ermittlungen und die Tatsache, dass sie für die Sicherung ihrer Wohnung selbst aufkommen musste. (…) Vor diesem Hintergrund soll der Georg-Elser-Preis Seda Başay-Yildiz Kraft für ihre weitere Arbeit geben, ein Symbol für den erforderlichen Schutz für sie und ihre Familie sein und klarstellen, dass sie selbstverständlich Teil der vielfältigen bundesdeutschen Gesellschaft sind.“
Weitere Informationen, auch zur Besetzung der Jury, online unter www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stichwort „Auszeichnungen und Preise“.