Erschließungsbeiträge 1: Homepage: Aktualisierung und Klarstellung zum Erlass von Erschließungsbeiträgen
Erschließungsbeiträge 2: Bürgerfreundliche Ergänzung der Erschließungsbeitragssatzung
Anträge Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Heike Kainz, Winfried Kaum, Dr. Evelyne Menges, Veronika Mirlach und Alexander Reissl (CSU-Fraktion) vom 12.2.2021
Antwort Baureferat:
Mit Ihrem o.g. Antrag Nr. 20-26/A 01066 („Erschließungsbeiträge 1“) beantragen Sie, die Homepage dahingehend zu aktualisieren „und die Münchnerinnen und Münchner ausreichend zu informieren, dass nicht nur ein Drittelerlass sondern, unter bestimmten Voraussetzungen, auch ein vollständiger Erlass von Erschließungsbeiträgen rechtlich möglich und geboten ist.“
Mit Ihrem o.g. Antrag Nr. 20-26/A 01067 („Erschließungsbeiträge 2“) beantragen Sie, die Erschließungsbeitragssatzung um entsprechende Regelungen für den Billigkeitserlass zu ergänzen und die Verwaltung zu beauftragen, „bei Vorliegen von persönlicher oder sachlicher Härte die Möglichkeiten des Billigkeitserlasses auszuschöpfen“.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihrer Anträge betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihren Anträgen vom 12.2.2021 teilt das Baureferat aber Folgendes mit:
Die Möglichkeit des Billigkeitserlasses von Erschließungsbeiträgen ist in § 135 Abs. 5 Baugesetzbuch (BauGB) und § 227 Abgabenordnung (AO) geregelt. Diese Regelungen gelten von Gesetzes wegen als höherrangiges Recht. Im Kommunalabgabengesetz (KAG) werden sie in Art. 5 a Abs. 9 bzw. Art. 13 Abs. 1 Ziffer 5 a für das Erschließungsbeitragsrecht für anwendbar erklärt und gelten daher, ohne dass es einer entsprechenden Ergänzung in der städtischen Erschließungsbeitragssatzung bedarf.
Zum Verwaltungsvollzug des Billigkeitserlasses hat die dafür zuständige Stadtkämmerei Folgendes mitgeteilt:„Ein Erlass öffentlich-rechtlicher Forderungen ist nach § 227 AO zu beurteilen, der gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 a KAG auch auf Kommunalabgaben und damit auch auf Erschließungsbeiträge anzuwenden ist.
Für einen Erlass ist gemäß § 13 Abs. 1 der DA Forderungen vom 1.11.2016 bei Forderungen, für deren Erhebung und/oder Vollstreckung die Stadtkasse zuständig ist, bis zu einem Betrag von 250.000 Euro die Stadtkämmerei, bis zu einem Erlassbetrag von über 250.000 Euro bis 500.000 Euro der Finanzausschuss sowie bei einem Erlassbetrag von mehr als 500.000 Euro die Vollversammlung des Stadtrates zuständig.
Nach § 227 AO können Ansprüche ganz oder teilweise erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Unbilligkeit kann entweder aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründen in Betracht kommen. Auf Grund der Tatsache, dass ein Erlass zum unwiderruflichen Erlöschen der Forderung führt, sind an die Prüfung der Erlassvoraussetzungen besonders strenge Anforderungen zu stellen.
Sachliche Billigkeitsgründe gehen aus dem anspruchsbegründenden Tatbestand selbst hervor und sind von den wirtschaftlichen Verhältnissen des/ der Zahlungspflichtigen unabhängig. Nach der Rechtsprechung zu § 227 AO können sachliche Erlassgründe vorliegen, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers anzunehmen ist, dass er die Zahlungspflicht hinsichtlich der Forderung, deren Erlass beantragt ist, verneint hätte, weil die Forderung insoweit den Wertungen des Gesetzgebers zuwider läuft. Dabei kann § 227 AO nicht eine vom Gesetzgeber nicht geregelte Ausnahmevorschrift ersetzen, sondern nur im Einzelfall helfen, eine vom Gesetzgeber so nicht gewollte oder nicht vorhergesehene Härte zu korrigieren.
Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Beide Voraussetzungen müssen zugleich vorliegen.
Die Erlasswürdigkeit ist in der Regel gegeben, wenn der Schuldner, sofern er sich derzeit in einer wirtschaftlichen Notlage befindet, diese Notlage nicht selbst herbeigeführt und auch sonst nicht durch sein Verhalten gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.
Erlassbedürftigkeit besteht, wenn ohne den Billigkeitserlass die wirtschaftliche Existenz des Zahlungspflichtigen vernichtet oder ernstlich gefährdet würde.Voraussetzung ist deshalb unter anderem, dass nicht auch eine weniger einschneidende Billigkeitsmaßnahme (z.B. eine Stundung) geeignet ist, der wirtschaftlichen Notlage zu begegnen. Ein Gebührenschuldner, dem auch mit einer Stundung nach § 222 AO oder mit einer Verrentungsstundung gem. § 135 Abs. 2 BauGB geholfen werden kann, ist nicht erlassbedürftig.
Ein Erlass aus wirtschaftlichen Gründen setzt im übrigen stets voraus, dass die zu erlassende Forderung unmittelbar ursächlich für die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ist, die Existenzgefährdung darf also nicht schon vorher bestanden haben.
Bei Erschließungsbeiträgen mit teils fünf- bis sechsstelligen Forderungsbeträgen ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Erschließungsbeitragsforderung und einer evtl. existenziellen Notlage durchaus vorstellbar, dies hängt jedoch vom Vermögen des Zahlungspflichtigen, von der Gesamtverschuldung und dem Anteil der Erschließungsbeitragsforderung an den gesamten Schulden des/der Zahlungspflichtigen ab und muss stets im Einzelfall beurteilt werden.“
Um die Information der Bürger*innen über die Erlassmöglichkeiten weiter zu optimieren, wird das Baureferat ab sofort sowohl in den Beitragsbescheiden als auch auf der Homepage einen entsprechenden Hinweis aufnehmen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Anträge damit abschließend behandelt sind.