Krisenchat.de in die Liste der Kriseninterventionsdienste der Stadt
aufnehmen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 24.3.2021
Antwort Sozialreferat:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen:
„Das Sozialreferat wird beauftragt, für alle Bereiche in denen Krisenhotlines und Online-Angebote empfohlen werden, www.krisenchat.de aufzunehmen. Dies gilt insbesondere für alle Bereiche, in denen Jugendliche und junge Erwachsene beraten werden.“
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 25.3.2021 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
Nach umfassender Recherche zu dem von Ihnen empfohlenen Hilfeangebot krisenchat.de ist das Sozialreferat zu der Entscheidung gekommen, krisenchat.de derzeit nicht in die Liste zu den vom Sozialreferat empfohlenen medialen Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche aufzunehmen.
Im Folgenden möchte ich Ihnen die Gründe nennen, die zur vorläufigen Entscheidung geführt haben:
Grundsätzlich begrüßen wir das Engagement der jungen Gründer*innen von krisenchat.de und erkennen hier auch das Potential des niederschwelligen Hilfeangebotes.
Es handelt sich um ein noch sehr neues Hilfeangebot, das sich unserer Beobachtung nach derzeit noch im professionellen Aufbau befindet.
Wie Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben, entstehen die Kontakte zu den hilfesuchenden Kindern und Jugendlichen überwiegend über Messengerdienste wie Whatsapp, wir sehen dies allerdings kritisch in Bezug auf den Datenschutz. Weiterhin ist für uns nicht nachvollziehbar, welche Vernetzung krisenchat.de im kommunalen Bezug München zu den bestehenden etablierten und ggf. notwendigen Kinder- und Jugendhilfeangeboten zum jetzigen Zeitpunkt hat. Wir halten kommunale Vernetzung für unab-dingbar, wenn ein sofortiger Rückgriff auf Krisendienste vor Ort notwendig werden sollte.
Es ist fachlich äußerst bedenklich, dass die Berater*innen nach eigener Auskunft der Gründer*innen von krisenchat.de unter anderem auch in Japan, den USA, Kanada und Thailand sitzen und von dort aus die Beratungschats mit den hilfesuchenden Kindern und Jugendlichen führen *1. Ebenso ist nicht bekannt, ob die Berater*innen sowohl im Inland als auch im Ausland über ein entsprechendes erweitertes Führungszeugnis verfügen, das der Gesetzgeber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und hier auch u.a. für den Bereich des ehrenamtlichen bzw. bürgerschaftlichen Engagements betreffend, vorschreibt *2.
Auch ist für uns nicht erkennbar, welches Schulungskonzept die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen erhalten. Die Gründer*innen von krisenchat. de sprechen von einem Handbuch, einem Startertraining und zwei Workshops *3. Unklar ist zudem auch die Profession des von krisenchat.de zitierten Hintergrunddienstes *4.
Wir werden die Entwicklung von krisenchat.de weiter im Blick behalten und zu gegebener Zeit eine erneute Prüfung zur Aufnahme in die Liste zu den vom Sozialreferat empfohlenen medialen Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche vornehmen.
Ergänzend zu Ihrem Antrag ist es mir ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass das Sozialreferat nicht nur zwei Hotlines für Münchner Kinder und Jugendliche empfiehlt – wie von Ihnen genannt www.nummergegenkummer.de und das Angebot von www.Corona-und-du.info. Es werden unter anderem auf der Webseite von www.muenchen.de unterschiedliche Anlaufstellen für Familien, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit unterschiedlichen Zugängen aufgeführt *5.
Hierzu möchte ich auch auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 20–26/F 00214 von der Fraktion ÖDP/FW vom 9.3.2021 „Initiative Kinderschutz im Jugendamt: Kinder und Jugendliche brauchen auch während der Pandemie Hilfe und Schutz“, verweisen.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
*1 Quelle: https://www.jetzt.de/coronavirus/krisenchat-hilfe-fuer-jugendliche-ueber-whatsapp
*2 Vergl. Sozialgesetzbuch 8, §72a
*3 Quelle: https://www.jetzt.de/coronavirus/krisenchat-hilfe-fuer-jugendliche-ueber-whatsapp
*4 Quelle: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/das/Krisenchat-Krisen-Beratung-fuer-Jugendliche-per-Chat,dasx24230.html
*5 https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat/Jugendamt/Notlagen/Beratung.html