Chancengerechtigkeit und Corona: Ist die Münchner Schulfamilie fit für die Zukunft?
Anfrage Stadträte Dirk Höpner und Hans-Peter Mehling (Fraktion ÖDP/FW) vom 20.11.2020
Antwort Referat für Bildung und Sport:
Auf Ihre Anfrage vom 20.11.2020 nehme ich Bezug.
Sie haben Ihrer Anfrage folgenden Text vorausgeschickt:
„Die Landeshauptstadt München ist in ihrer Funktion als Sachaufwandsträgerin unter anderem für die IT-Ausstattung und den Internetanschluss bzw. Zugang zum WLAN der 135 Münchner Grundschulen, der 44 Münchner Mittelschulen, der 14 Münchner Förderschulen, der 40 Münchner Tagesheime, der 5 Schullandheime, der 26 Münchner Realschulen und Schulen besonderer Art sowie der 40 Münchner Gymnasien und der zwei städtischen Schulen des zweiten Bildungswegs zuständig.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass wesentliche Schulbereiche den Zukunftstechnologien hinterherlaufen bzw. schnelles Internet an vielen Schulen nicht vorhanden ist.“
Zu den von Ihnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Vorab weise ich darauf hin, dass auf die Darstellung von absoluten Zahlen und prozentualen Anteilen im Wesentlichen verzichtet wird, da diese Daten nicht vorliegen und eine Erhebung nicht verhältnismäßig wäre. Der Fokus der Beantwortung liegt daher auf der Darstellung der tatsächlichen inhaltlichen Sachstände zu den angefragten Themenbereichen.
Frage 1:
Wie viele städtischen Schulen sind in absoluten Zahlen und prozentual an das Internet angebunden, vor allem mit ausreichender Bandbreite und Geschwindigkeit?
Antwort:
Mit Stand 15.12.2020 sind alle Beruflichen Schulen, Gymnasien und Realschulen sowie 92% der Grund-, Mittel- und Förderschulstandorte breitbandig angebunden und verfügen damit grundsätzlich über die erforderlichen technischen Voraussetzungen für den Distanzunterricht. Die Bandbreite beläuft sich dabei pro Standort auf mindestens 100 Mbit/s für die Verwaltung und mind. 1 Gbit/s für die Pädagogik. Die Anbindung der noch fehlenden Schulen erfolgt voraussichtlich bis Ende 2021. Diese verfügen aktuell über einen Internetanschluss mit einer Bandbreite zwischen 2 und 10 Mbit/s.
Frage 2:
Wie viele der Münchner Schulen verfügen in absoluten Zahlen und prozentual über einen funktionierenden, d.h. zugänglichen WLAN-Anschluss?
Antwort:
Die WLAN-Ausleuchtung der Münchner Bildungseinrichtungen ist aktuell noch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während die Beruflichen Schulen weitgehend mit WLAN ausgestattet sind (jedoch keine Vollausstattung), ist das WLAN an Allgemeinbildenden Schulen in geringerem Umfang ausgebaut. Im Folgenden werden die wesentlichen Meilensteine zur flächendeckenden WLAN-Ausleuchtung der Bildungseinrichtungen beschrieben. Durch den Stadtratsbeschluss „M-WLAN für die öffentlichen Münchner Schulen“ (Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20/V 04264) wurde die Ausleuchtung der Allgemeinflächen (insbesondere Aulen) der München Schulen mit einem freien, öffentlich zugänglichen WLAN beschlossen. Durchschnittlich sollten 3 WLAN-Access Points auf den Allgemeinflächen der jeweiligen Schule als Vorstufe einer pädagogischen WLAN-Vollausleuchtung aller Klassenzimmer installiert werden. Dieser WLAN-Ausbau ist nahezu abgeschlossen. Für die darauf aufbauende Umsetzung der pädagogischen WLAN-Ausleuchtung der Münchner Bildungseinrichtungen wurden das RBS und die LHM Services GmbH durch den Stadtratsbeschluss
„WLAN-Infrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen – Serviceentwicklung und -pilotierung an ausgewählten Schulen“ (Vollversammlung vom 24. Oktober 2018, Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20/V 12770) beauftragt, eine pädagogische Vollausleuchtung an zehn Schulen zu pilotieren. Dieses Pilotprojekt ist mittlerweile abgeschlossen.
Die LHM Services GmbH wurde durch die Stadtratsbeschlüsse „Digitale Bildungsinfrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20/V 16638; 27. November 2019) und „Digitale Bildungsinfrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen – Anmeldung der Mittel 2021 ff.“ (Sitzungsvorlage Nr. 20 – 26/V 00531; 1. Juli 2020) beauftragt, im Rahmen ihres Zukunftsprogramms sukzessive alle Münchner Bildungseinrichtungen mit pädagogischem WLAN („m-bildung WLAN“) auszustatten. Durch das pädagogische WLAN mit bedarfsgerechten Filterfunktionen (insbesondere Jugendschutzfilter) erhalten dann alle Bildungseinrichtungen drahtlosen Zugriff auf die pädagogischen Dienste.
Bis dahin und um die Bildungseinrichtungen darüber hinaus in der aktuellen Covid-19-bedingten Ausnahmesituation bestmöglich und kurzfristig unterstützen zu können, haben das RBS und die LHM Services GmbH fünfMaßnahmen zur Optimierung des digital gestützten Unterrichtsbetriebs mit unmittelbarer Umsetzung definiert. Hierzu zählen auch WLAN-Zwischenlösungen, die die LHM Services GmbH zusätzlich zum geplanten, schulübergreifenden WLAN-Ausbau im Zukunftsprogramm dauerhaft und temporär bereitstellt. Entsprechend soll kurzfristig an bis zu 50 Bildungseinrichtungen, die über die Voraussetzung der bereits vorhandenen, passiven Gebäude- und Etagenverkabelung verfügen, eine WLAN-Teilausleuchtung mit durchschnittlich 30 WLAN-Access Points pro Einrichtung installiert werden. Diese WLAN-Ausleuchtung ist im Rahmen der Netzwerkzielinfrastruktur und -prozesse des Zukunftsprogramms vollständig ausbaufähig und damit technisch und wirtschaftlich nachhaltig. Zudem soll für weitere Bildungseinrichtungen als Übergangslösung eine unabhängige und selektive „Pop-Up WLAN“-Ausleuchtung über sogenannte LTE-Router mit Mobilfunkanschluss bereitgestellt werden.
Der Bildungsausschuss sowie die Vollversammlung des Stadtrates haben der Umsetzung der Maßnahmen am 2.12.2020 bzw. 16.12.2020 zugestimmt („Digitale Unterstützung der Münchner Schulen in Corona-Zeiten“; Sitzungsvorlage Nr. 20 – 26/V 02088). Damit werden das RBS und die LHM Services GmbH unmittelbar mit der Umsetzung beginnen. Den Zeithorizont betreffend gehen das RBS und die LHM Services GmbH aktuell davon aus, dass die WLAN-Zwischenlösungen bereits ab Februar 2021 umgesetzt werden können.
Gleichzeitig bleibt die flächendeckende WLAN-Ausleuchtung gemäß Stadtratsbeschluss „Digitale Bildungsinfrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20/V 16638 vom 27. November 2019) die mittelfristige Zielsetzung bis 2025.
Frage 3:
Wie viele Schülerinnen und Schüler können an den jeweiligen Schulen absolut und prozentual gleichzeitig ins Internet?
Antwort:
Die Anzahl der Schüler*innen, die gleichzeitig ins Internet gehen können, ist aktuell abhängig von den räumlichen Gegebenheiten an den Schulen und der Anzahl der zur Verfügung stehenden Geräte. Diese Ausstattung variiert je nach Schulart sehr stark. Die kabelgebundene Internetanbindung der Schulen ist dabei nahezu flächendeckend gegeben (s. Antwort zu Frage 1). Wie viele Schüler*innen darauf aufbauend parallel gut arbeiten können, hängt dabei vom jeweiligen Nutzungsszenario (Mails, Videos, streamen, etc.) ab. Durch die WLAN-Ausleuchtung der Schulen (s. Ausführungen zuFrage 2) werden zudem die Voraussetzungen geschaffen, den Internetzugang flächendeckend auch für mobile Endgeräte bereitzustellen.
Frage 4:
Wie viele der Schülerinnen und Schüler können absolut und prozentual gleichzeitig über eine schuleigene Hardware ins Internet?
Antwort:
Ziel der Geschäftsbereiche A – Allgemeinbildende Schulen und B – Berufliche Schulen ist es, alle pädagogisch genutzten Räume nach einem bedarfsgerechten einheitlichen Standard auszustatten. Dieser ist angelehnt an das sog. „Digitale Klassenzimmer“. Das „Digitale Klassenzimmer“ stellt ein Gerät für die Lehrkraft bereit, mit dem diese im Raum vorhandene Präsentationseinrichtung beziehungsweise die Großbilddarstellung nutzen kann. An die Großbilddarstellung ist eine drahtlose Präsentationslösung von Bildschirminhalten angeschlossen. Auch Inhalte aus dem Internet können somit allen Schüler*innen großflächig präsentiert werden. Weiterhin werden die Klassenzimmer zunehmend bei Bedarf mit einem weiteren Schüler*innen-PC oder -Notebook ausgestattet, sodass sie insgesamt über 2 kabelgebundene Schüler*innen-Endgeräte verfügen. Die Schulen verfügen darüber hinaus je nach Schulgröße über 1-3 Computerräume. Unterstützt wird diese digitale Ausstattung zusätzlich durch den Einsatz von Notebook- und Tabletwagen. Hier ist eine unterschiedliche Ausstattung zu verzeichnen. An den Beruflichen Schulen werden die integrierten Fachunterrichtsräume (IFU) speziell auf die Ausbildungsrichtung und Lerninhalte ausgestattet, was bedeutet, dass bis zu 30 Geräte in einem IFU stehen. Der Geschäftsbereich A sieht in Bezug auf die Ausstattung mit mobilen Endgeräten einen Ausstattungsschlüssel von 5:1 vor, das heißt immer fünf Schüler*innen teilen sich ein Gerät für den Geschäftsbereich B sollen verstärkt schulfremde Geräte eingesetzt werden, da viele Betriebe den Schüler*innen zusätzliche Geräte zur Verfügung stellen. Die hierfür erforderlichen Konzepte werden in Abstimmung zwischen dem RBS und der LHM
Services GmbH erarbeitet.
Frage 5:
Wie viele der Lehrerinnen und Lehrer arbeiten in absoluten Zahlen prozentual im Unterricht mit digitalen Medien in Verbindung mit dem Internet?
Antwort:
Derzeit stehen an den meisten Bildungseinrichtungen in jedem Klassenzimmer und den integrierten Fachunterrichtsräumen ein Lehrer-PC, der mit IWB bzw. Dokumentenkamera verbunden ist. Mit wenigen Ausnahmenverfügen alle Bildungseinrichtungen über eine Breitbandanbindung (s. Antwort zu Frage 1), sodass vor Ort Internet genutzt wird. An den Beruflichen Schulen gehört IT zum Unterrichtsprinzip, d.h. alle Schüler*innen sowie alle Lehrkräfte arbeiten im Unterricht mit IT, wobei der Umfang zum Einen von der Ausbildungsrichtung an den Schulen und zum Anderen von den zu unterrichtenden Fächern abhängig ist. Grundsätzlich sind die Lehrkräfte der Allgemeinbildenden Schulen dazu angehalten, dass die Medienbildung von allen Akteuren entlang der gesamten Bildungskette als integraler Bestandteil der Allgemeinbildung akzeptiert wird. In diesem Zusammenhang werden neue Medien nicht nur in isolierten Projekten in Bildungseinrichtungen eingesetzt, sondern nehmen vielmehr einen ausgewiesenen Platz in der Gesamtheit der pädagogischen Arbeit ein.
Zudem sollen gemäß dem Beschluss „Digitale Unterstützung der Münchner Schulen in Corona-Zeiten“ (Sitzungsvorlage 20 – 26/V 02088) des Bildungsausschusses bzw. der Vollversammlung des Stadtrats vom 2./16. Dezember 2020 die Lehrkräfte ab dem 2. Quartal 2021 sukzessive mit personenbezogenen mobilen Endgeräten im Umfang von 10.000 Geräten ausgestattet werden (s. Antwort zu Frage 7).
Frage 6:
Trifft es zu, dass im Rahmen des Digitalpakts Schule, geförderte Schülerinnen- und Schüler-Laptops nicht eingesetzt werden können, weil es am IT-Fachpersonal fehlt, um die notwendige Software aufzuspielen und die Laptops einsatzfähig zu machen?
Antwort:
Der Zusatz zur Verwaltungsvereinbarung Digitalpakt Schule 2019-2024 („Sofortausstattungsprogramm“) wurde auf bayerischer Ebene durch die Förderrichtlinie „Sonderbudget Leihgeräte“ (SoLe) umgesetzt. Die Finanzhilfen des Bundes wurden zudem um zusätzliche 30 Millionen Euro aus Landesmitteln aufgestockt. Durch das Sonderbudget sollen mobile Endgeräte beschafft werden können, die während der aktuellen Covid-19-bedingten Ausnahmesituation an Schüler*innen, die zuhause über kein geeignetes digitales Endgerät verfügen, verliehen werden können. Bedingt durch die Covid-19-bedingten Einschränkungen des regulären Schulbetriebs haben das RBS und die LHM Services GmbH bereits im Frühjahr entschieden, sozial benachteiligten Schüler*innen mobile Endgeräte temporär zur Verfügung zu stellen, um den Distanzunterricht allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen. 8.220 Tablets – davon sind 4.200 Tablets mit SIM-Karte ausgestattet, sodass sie auch von Kindern ohne Internet zu Hause genutzt werden können – wurden kurzfristig beschafft und verteilt. Das RBS erfasst im Moment weitere Bedarfe an benötigten IT-Ge-räten, sodass die Schulen zusätzlich benötigte IT-Ausstattung schnellstmöglich erhalten können.
Die Geräte sind vorkonfiguriert, d.h. bereits vor Verteilung im Mobile Device Management der LHM Services GmbH eingetragen und können dadurch direkt an die Schüler*innen ausgegeben werden. Für die Einrichtung der mobilen Endgeräte wurde im ersten Schritt ein Handbuch erstellt und den Schulen zur Weitergabe an die Schüler*innen bzw. Eltern zur Verfügung gestellt. Alle Informationen stehen zum Abruf auf der Internetseite der LHM Services GmbH „LHM-Services in Corona Zeiten“ zur Verfügung. Das Pädagogische Institut – Zentrum für Kommunales Bildungsmanagement hat zudem ein Webinar mit dem Titel „Umgang mit temporär bereitgestellten iPads“ abgehalten. Die Aufzeichnung des Webinars steht auf der Internetseite www.medienbildung-muenchen.de zur Verfügung.
Frage 7:
Wie viele der Lehrerinnen und Lehrer verfügen in absoluten Zahlen und prozentual über einen eigenen dienstlichen Computer, einschließlich Laptops und Tablets?
Antwort:
Persönliche Endgeräte für Lehrkräfte waren bislang landesweit nicht vorgesehen. Aktuell arbeiten die Münchner Lehrkräfte entsprechend mit der raumbezogenen Geräteausstattung der Schulen. Durch die Stadtratsbeschlüsse „Digitale Bildungsinfrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20/V 16638; 27. November 2019) und „Digitale Bildungsinfrastruktur an Münchner Bildungseinrichtungen – Anmeldung der Mittel 2021 ff.“ (Sitzungsvorlage Nr. 20 – 26/V 00531; 1. Juli 2020) wurde die LHM Services GmbH allerdings unter anderem auch beauftragt, im Rahmen der Umsetzung ihres Zukunftsprogramms bis 2024 den Münchner Lehrkräften sukzessive flächendeckend personenbezogene Endgeräte zur Verfügung zu stellen. Durch den Stadtratsbeschluss „Digitale Unterstützung der Münchner Schulen in Corona-Zeiten“ (Sitzungsvorlage Nr. 20 – 26/V 00531 vom 2./16.12.2020) sollen nun aufgrund der anhaltend Covid-19-bedingten Ausnahmesituation und der Einschränkungen des regulären Unterrichtsbetriebs bereits 2021 bis zu 10.000 Lehrkräfte mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden. Das entspricht gut zwei Dritteln der Münchner Lehrkräfte. Damit wird es den Lehrkräften ermöglicht, standortunabhängig auf das pädagogische Netz und damit auf die pädagogischen Dateien und Applikationen zuzugreifen. Durch die integrierte Kamera- und Mikrofonfunktion der Endgeräte werden zudem die funktionalen Voraussetzungen für den Distanzunterricht verbessert. Für das Vorgehen zur Bereitstellung wird das Prinzip der Freiwilligkeit umgesetzt, d.h. Bil-dungseinrichtungen werden nicht flächendeckend ausgestattet, sondern bedarfsorientiert, da nicht davon auszugehen ist, dass alle Lehrkräfte kurzfristig ein mobiles Arbeitsgerät gleichermaßen nutzen und als Mehrwert betrachten würden.
Das RBS und die LHM Services GmbH haben bereits mit der Vorbereitung zur Umsetzung der Maßnahmen begonnen. Der Start des Rollouts der mobilen Endgeräte hängt dabei primär von der Lieferfähigkeit durch die Lieferanten ab. Die LHM Services GmbH geht momentan von einem Beginn im zweiten Quartal 2021 aus.
Frage 8:
Wie viele der Lehrerinnen und Lehrer müssen auf private Internetzugängen und private Endgeräte in absoluten Zahlen und prozentual zurückgreifen, damit der Schulbetrieb aufrecht erhalten werden kann?
Antwort:
Durch die flächendeckende Internetanbindung der Schulen (s. Antwort zu Frage 1) ist der kabelgebundene Internetzugang abgängig von der raumbezogenen Geräteausstattung der einzelnen Schulen grundsätzlich sichergestellt.