Verstärkte Informations- und Öffentlichkeitsarbeit
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sabine Bär, Beatrix Burkhardt, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm und Matthias Stadler (CSU-Fraktion) vom 23.7.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie regen an, die Landeshauptstadt München zu beauftragen, an die Akteur*innen der Mädchenarbeit heranzutreten, um eine geeignete Öffentlichkeitsaktion (evtl. Plakataktion) für Hilfsmöglichkeiten zu erarbeiten. In der Begründung führen Sie aus, dass schon während der ersten Welle der Corona Pandemie eine große Zahl an Mädchen und jungen Frauen vermutet werde, die nicht sichtbar seien, aber dringender Unterstützung bedürften. Die Situation verschlechtere sich durch Ausfallen des Schulbesuchs, Lockdown der Sportvereine und fehlende Kontaktmöglichkeiten mit Schutzorganisationen.
Dem solle mit einer geeigneten Aktion in der Öffentlichkeit entgegengewirkt werden.
Zu Ihrem Antrag vom 23.7.2020 teilen wir Ihnen mit, dass Ihrem Anliegen bereits durch die im Folgenden dargestellten Maßnahmen entsprochen wird:
Grundsätzlich bezieht die öffentliche und freie Jugendhilfe in München gemäß der UN-Kinderrechtskonvention deutlich Stellung für die Bedürfnisse aller Kinder, Jugendlichen und jungen Menschen. Dies wird auch durch eine gemeinsame Positionierung der Vertreter*innen aller FachArGen gemäß § 78 SGB VIII sowie der Netzwerke bzw. Fachforen der Jungen- und Mädchenarbeit unterstrichen, die eine Vorlage zu Bedürfnissen von jungen Menschen* in (Corona-) Krisenzeiten erarbeiteten und dem Kinder- und Jugendhilfe Ausschuss am 6.10.2020 vorlegten (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 01231). In allen dargestellten Bereichen wurde insbesondere auch auf die spezielle Situation von Mädchen, gefolgt von weiterführenden Empfehlungen, eingegangen.
Darüber hinaus wurde das IT-Referat gebeten, die Entwicklung einer für ältere Kinder und Jugendliche geeigneten Online-Plattform voranzutreiben und dabei ein dialogfähiges Format zu entwickeln.Folgend werden Aktionen, Kampagnen und Gremien dargestellt, die die Positionierung des Stadtjugendamtes gemeinsam mit internen und externen Fachkräften – auch in Corona-Zeiten – darlegen:
Auch wenn bestimmte Öffentlichkeitsaktionen wie beispielsweise die Umsetzung der Kampagne „Nein heißt Nein – Alltägliche Gewalt bis zur Zwangsprostitution“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 09549, Beschluss vom 12.10.2017) durch den Lockdown der Clubs und Bars zunächst in das Jahr 2021 verschoben werden mussten, befinden wir uns wie bereits vor Beginn der Pandemie weiterhin im Austausch mit den internen und externen Expert*innen und Akteur*innen der Mädchen*arbeit, beispielsweise über das Münchner Fachforum für Mädchen*arbeit.
Das Fachforum versteht sich als unabhängiges Fachgremium von interessierten Frauen*, die im Großraum München geschlechtsreflektierte, parteiliche Arbeit mit Mädchen* und jungen Frauen* durchführen. Die Arbeit des Fachforums wurde 2014 mit dem Anita-Augspurg-Preis, dem Münchner Preis zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen, ausgezeichnet.
Im Rahmen der Beschlussvorlage „Mädchen und junge Frauen“ (Sitzungsvorlage Nummer 14-20/V 00567; Beschluss des KJHA vom 13.1.2015)
wurde das Stadtjugendamt beauftragt, zu einem „Runden Tisch – Mädchen und junge Frauen in München“ einzuladen, um mögliche Bedarfe in den Stadtteilen Münchens zu prüfen.
Seit dem ersten Treffen am 23.10.2015 lädt das Stadtjugendamt regelmä-ßig zum Runden Tisch „Lebenslagen von Mädchen* und jungen Frauen*“ ein, um mit den versammelten Expert*innen und Akteur*innen über die Bereiche Bildung, Beruf, Gesundheit und Stadtentwicklung hinweg als gemeinsames fachliches Gremium Umsetzungsvorschläge zur Überprüfung der Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen für direkte geschlechtergerechte Maßnahmen und Angebote zu erarbeiten.
Das nächste Treffen des Runden Tisches soll im Januar 2021 angesetzt werden.
Zu Ihrem Antrag vom 23.7.2020 teile ich Ihnen zusammenfassend mit, dass Ihrem Anliegen auch durch Umsetzung des KJHA-Beschlusses vom 13.1.2015 bereits entsprochen wird.Die Gleichstellungsstelle für Frauen zeichnet das Antwortschreiben mit „und unterstreicht das Anliegen des Stadtrats-Antrags, der deutlich macht, dass es unter Corona-Bedingungen für Mädchen und junge Frauen aktuell erheblich weniger in persönlicher Präsenz agierende Andockstellen ins Hilfesystem gibt. Gleichzeitig schaffen oder verdichten die coronabedingten Einschränkungen gerade für Mädchen und jungen Frauen in ihrer Lebensumgebung prekäre Lebens- und Gewaltsituationen, denen sie sich, insbesondere wenn diese im häuslichen und familiären Umfeld auftreten, nicht entziehen können. Dies hat das Münchner Fachforum für Mädchen*arbeit bereits im Frühjahr 2020 differenziert aus den Münchner Fach- und Arbeitszusammenhängen zusammengetragen. Da insbesondere Mädchen* in abgeschotteten Situationen in der Regel zu wenig Zugang zu Informationen haben, zielt der Antrag richtigerweise darauf ab, ihnen und ggf. verantwortlichen Erwachsenen den Zugang z.B. zu Telefonnummern von Mädchenschutzstellen, Beratungsstellen für Mädchen und junge Frauen, Streetwork für Mädchen, BSA o.ä. in einer großen Kampagne in einfacher und übersichtlicher Form zur Verfügung zu stellen, ähnlich, wie dies mit der Plakat- und Postkartenkampagne „Hinsehen, Zuhören, Hilfe holen“ bezogen auf Frauen geschehen ist. Dies muss für die Mädchen* und jungen Frauen* sicher zusätzlich mit einer dauerhaften online-Information einhergehen. Auch der deutsche Frauenrat fordert, z.B. in seiner Pressemeldung vom 25.11.2020, eine bessere Unterstützung für alle gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen und schreibt: „Mit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention in Deutschland... hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und Mädchen nachhaltig zu verhindern und zu bekämpfen, die Betroffenen durch umfassende Präventionsmaßnahmen zu schützen und zu unterstützen. Das Abkommen hat weitreichende Konsequenzen auf der Bundes-, Länder- und der kommunalen Ebene.... Hinzu kommt, dass die Schutz- und Unterstützungsangebote, auch für Mädchen, mangelhaft sind.... Die Istanbul-Konvention betont den besonderen Schutz marginalisierter Personen und stellt sich gegen Diskriminierung.“
Die Gleichstellungsstelle für Frauen unterstützt die Entwicklung einer zielgerichteten und passgenauen Informationskampagne in der Kinder- und Jugendhilfe und die Behandlung des Themas „Verbesserung der Schutz- und Begleitstrukturen für Mädchen in Corona-/und anderen Krisenzeiten“ in der Januar-Sitzung des Runden Tisches Lebenslagen für Mädchen* und junge Frauen* in München, dem in Federführung des STJAs eine konzeptionelle Strukturentwicklung folgen sollte, die in Krisensituationen schnellstmöglich greift.“
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.