Das NS-Dokumentationszentrum München zeigt von Freitag, 10. September, bis Sonntag, 10. Oktober, am Max-Mannheimer-Platz eine ortsspezifische Installation von Olaf Nicolai. Der Künstler lässt den Platz durch Tarnung vermeintlich verschwinden und erschafft damit eine komplexe Inszenierung der bedeutsamen Geschichte dieses Ortes. Zugleich stellt er diese Geschichte in einen erweiterten Zusammenhang: Unter Bezugnahme auf das Werk des von den Nationalsozialisten verfemten Bauhaus-Künstlers Oskar Schlemmer wirft die Installation Fragen nach Kunst und Künstlerschaft unter den Bedingungen der Diktatur auf.
Für das Tarnmotiv, das den Max-Mannheimer-Platz vollständig bedeckt, hat Olaf Nicolai einen Entwurf Schlemmers aus dem Jahr 1941 bearbeitet. Der Bauhaus-Künstler hatte damals für einen handwerklichen Malerbetrieb einen Tarnanstrich für den Gaskessel von Stuttgart entworfen. In der Abstraktion des Musters klingt noch die radikale Modernität des Bauhauses nach. Doch diese Gestaltung verfolgte keine künstlerische Absicht, sondern den pragmatischen Zweck der Tarnung eines kriegswichtigen Objekts vor den Bombenangriffen. Die scheinbar ideale Verbindung von Kunstgattungen und progressiver Weltanschauung, wie das Bauhaus sie wenige Jahre zuvor propagiert hatte, war paradox verkehrt – die avancierte künstlerische Gestaltung als militärische Dienstleistung.
Olaf Nicolai versetzt dieses Tarnmotiv an den Ort, an dem sich bis 1945 die Parteizentrale der NSDAP befand. Auch das Parteiviertel am Königsplatz mit den ab 1933 errichteten Monumentalbauten wurde in den 1940er Jahren mit Netzen und Attrappen vor den Bomben der Alliierten getarnt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr das Parteiviertel erneut eine Form der „Unsichtbarmachung“: Das beschädigte „Braune Haus“ wurde abgetragen, die „Ehrentempel“ gesprengt und die verbleibenden Sockel bepflanzt. Über die Jahre verschwanden sie unter dem Bewuchs. Das temporäre Kunstprojekt „Oskar. Eine Camouflage“ von Olaf Nicolai bezieht sich auf diese Konstellationen, aktualisiert dabei jedoch Fragen nach dem ambivalenten Verhältnis von künstlerischer Formensprache zu Politik und Ideologie.
Olaf Nicolai (geboren 1962 in Halle a.d. Saale) schafft vielfältige interdisziplinäre Projekte, die Erfahrungen von Raum, Zeit und Körperlichkeit aufgreifen. Seine konzeptuellen Werke weisen umfangreiche Bezüge zur Politik- und Geistesgeschichte, wie etwa Philosophie, Architektur, Ästhetik und Design, auf.
Der Eröffnungsabend am Donnerstag, 9. September, um 18 Uhr am Max-Mannheimer-Platz ist zugleich das Kick-off für „Various Others“, in dessen Rahmen von 10. September bis 10. Oktober internationale zeitgenössische Kunst in verschiedenen Galerien, Kunsträumen, Museen und Kulturinstitutionen zu sehen sein wird. Das dezentrale Ausstellungsprogramm Various Others wurde 2018 vom Verein zur Förderung der Außenwahrnehmung Münchens als Kunststandort (VFAMK e.V.) ins Leben gerufen und findet seitdem jährlich statt.
(Siehe auch unter Terminhinweise)