München unterstützt die Familienzusammenführung von Bürger*innen afghanischer Herkunft schnell und unbürokratisch
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 2.9.2021
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrem Antrag vom 2.9.2021 fordern Sie:
- Die Landeshauptstadt München richtet eine*n städtische*n Ansprechpartner*in oder eine zentrale Stelle ein, welche Bürger*innen afghanischer Herkunft in München und gefährdete Angehörige Münchner Bürger*innen unbürokratisch bei der Familienzusammenführung und entsprechenden Evakuierungen unterstützt.
- Die Landeshauptstadt München erklärt ihre Bereitschaft, mindestens 300 Familienangehörige von Bürger*innen afghanischer Herkunft aufzuneh- men.
- Herr Oberbürgermeister bringt dem Bundesinnenminister Seehofer die Bereitschaft zur Aufnahme von afghanischen Familienangehörigen von Münchner*innen afghanischer Herkunft als dringenden Appell zur Kenntnis.
- Herr Oberbürgermeister setzt sich beim Auswärtigen Amt dafür ein, dass eine Münchner Anlaufstelle für bedrohte afghanische Familien durch die Einrichtung entsprechender Kommunikationswege und erleichterter Visa-Verfahren unterstützt wird.
Die Begründung Ihres Antrags lautet:
„Die aktuelle Krisensituation und das Chaos in Afghanistan bringt auch viele Familienangehörige von hier lebenden Afghan*innen in eine lebens- bedrohliche Situation, so dass nur eine schnellstmögliche Evakuierung Rettung verspricht. Die Münchner Bürger*innen afghanischer Herkunft brauchen jetzt sofortige und unbürokratische Unterstützung durch die Landes-hauptstadt München, damit ihre noch in Afghanistan angesiedelten Familienangehörigen oder jene, die sich bereits an anderen Orten wie z.B. Ramstein befinden, umgehend nach München (aus)reisen können.
Eine städtische Anlaufstelle kann hier intensive Unterstützung leisten, zum Beispiel bei der Koordination notwendiger Verwaltungsschritte und bei der Kommunikation mit den zuständigen Behörden, wie z.B. dem Auswärtigen Amt.Die Zusage der Landeshauptstadt München mindestens 300 Familienangehörige aufzunehmen stärkt die öffentliche Debatte dahingehend und setzt ein Zeichen für zukünftige, unbürokratische Rettungsmaßnahmen von Familienangehörigen.
Zudem ist diese Zusage ein Zeichen für die hier lebenden Bürger*innen afghanischer Herkunft. Ein Zeichen für die Bereitschaft die Bürger*innen dieser Stadt, auch in dieser äußerst schwierigen und für ihre Angehörigen lebensbedrohlichen Situation, größtmöglich zu unterstützen.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die in Ihrem Antrag vom 2.9.2021 formulierten Forderungen betreffen mit dem Vollzug des Ausländerrechts und der Kommunikation mit den Aufsichtsbehörden Aufgaben in Bereichen des übertragenen Wirkungskreises, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zunächst darf ich Sie informieren, dass Herr Oberbürgermeister Reiter sich bereits mit Schreiben vom 25.8.2021 an das Auswärtige Amt sowie an das Staatsministerium des Innern gewandt hat (Anlage 1). In diesen Schreiben signalisiert er die Bereitschaft der Landeshauptstadt München, weitere afghanische Flüchtende aufzunehmen, sofern es sich nicht um bekannte Straftäter*innen oder Sicherheitsgefährder*innen handelt. Zudem bat er um eine großzügige Behandlung von Einreiseanfragen und um Mitteilung, wie die Landeshauptstadt München im Hinblick auf die Beschleunigung von Visumverfahren oder möglicherweise geplante Aufnahmeprogramme auf Bundes- oder Landesebene unterstützen kann.
Weiterhin darf ich Ihnen versichern, dass die Ausländerbehörde bereits als zentrale Anlaufstelle für sämtliche Fragen von Personen mit afghanischer Herkunft in München etabliert ist. Die Ausländerbehörde hat in den letzten Wochen, trotz der ohnehin bereits äußerst angespannten Personalsituation, Auskünfte und Beratung in erheblichem Umfang geleistet und sämtliche Visumverfahren afghanischer Staatsangehöriger absolut prioritär und unter Ausnutzung aller rechtlich zulässigen Ermessensspielräume bearbeitet.
In vielen Fällen ist jedoch aus Rechtsgründen keine Zustimmung zum Familiennachzug möglich. Das deutsche Ausländerrecht ist in Bezug auf den Nachzug von Familienangehörigen, die nicht Kinder oder Ehepartner*in derhier lebenden Person sind, restriktiv. Eine Aufnahme anderer Familienangehöriger ist regelmäßig nur im Rahmen humanitärer Aufnahmeprogramme möglich. Für diese Programme liegt die alleinige Zuständigkeit bei den Bundesbehörden. Das Bundesinnenministerium hat nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die örtlichen Ausländerbehörden hier keine Zuständigkeit haben.
Über die Einreise nach Deutschland oder humanitäre Aufnahmeprogramme entscheiden daher nicht die Kommunen und somit nicht die Landeshauptstadt München, sondern ausschließlich die zuständigen Länder- bzw. Bundesbehörden, d.h. beispielsweise das Auswärtige Amt oder das Innenministerium bzw. die Bundesregierung.
Die Einrichtung einer weiteren städtischen Stelle wäre somit nicht zielführend. Diese könnte auch nur auf die Krisenhotline des Auswärtigen Amtes (00 49 (0)30-1817-1000 oder 00 49 (0)30-5000-1000) bzw. auf eine Kontaktaufnahme per Mail verweisen (040.krise19@diplo.de).
Sobald die Ausländerbehörde München nähere Informationen zu möglicherweise erweiterten Möglichkeiten des Familiennachzugs, z.B. im Rahmen von humanitären Aufnahmeaktionen, erhält, werden diese in geeigneter Art und Weise bekannt gemacht.
Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.
Die Anlage 1 kann demnächst unter dem Link https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_detail.jsp?risid=6777109 abgerufen werden.