Abschiebebeobachtung am Flughafen München ermöglichen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Roland Hefter, Anne Hübner, Christian Köning, Barbara Likus, Christian Müller, Cumali Naz, Lena Odell (SPD/Volt-Fraktion) und Mona Fuchs, Nimet Gökmenoglu, Dominik Krause, Gudrun Lux, Clara Nitsche, Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 14.5.2021
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrem Antrag vom 14.5.2021 fordern Sie, dass sich der Oberbürgermeister beim Freistaat Bayern dafür einsetzt, dass am Flughafen München eine Abschiebebeobachtung analog zu Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf stattfinden kann, damit sichergestellt ist, dass die Menschenrechte auch für Geflüchtete am Münchner Flughafen gelten.
Die Begründung Ihres Antrags lautet:
„Eine Abschiebebeobachtung hat die Aufgabe, die Praxis von Abschiebungen als unabhängige Instanz zu beobachten und zu dokumentieren. Damit soll Transparenz in einem allgemein nicht zugänglichen und öffentlich nicht kontrollierten Bereich staatlichen Handelns hergestellt werden. Über den Münchner Flughafen werden inzwischen die drittmeisten Personen aus Deutschland abgeschoben. Im Jahr 2020 waren das laut Bun- destagsdrucksache (19/27007) 1039 Personen. Darüber hinaus berichtet der EUROPÄISCHE AUSSCHUSS ZUR VERHÜTUNG VON FOLTER UND UNMENSCHLICHER ODER ERNIEDRIGENDER BEHANDLUNG ODER
STRAFE IN DEUTSCHLAND (CPT/Inf 2019-14) von Misshandlung und Gewalt bei der Abschiebung nach Afghanistan am Münchner Flughafen und gibt entsprechende Empfehlungen ab.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt München an der Abschiebung von afghanischen Staatsangehörigen nicht beteiligt ist. Die Rückführung afghanischer Staatsangehöriger fällt in den Zuständigkeitsbereich der Regierung von Oberbayern.
Eine unabhängige Abschiebebeobachtung findet am Flughafen München bereits seit vielen Jahren statt. Sie wird durch den Sozialdienst der Kirchen umgesetzt. Das Leistungsspektrum des Sozialdienstes umfasst neben der Unterstützung der Rückzuführenden mit Nahrung, Handgeld, Kleidung und weiteren praktischen Hilfen (so u.a. auch das Nachsuchen von vergesse-nem Gepäck) insbesondere auch die Ansprache und Beratung der Bundespolizei. Zudem versorgt der Sozialdienst die Rückzuführenden auch mit Informationen über Hilfsangebote in den Heimatstaaten.
Diese Leistungen wurden im Bericht des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in Deutschland (CPT – EU Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment) vom 9.5.2019 zu Abschiebungen vom Flughafen München in Rn. 44 auch gesondert positiv hervorgehoben. Dort heißt es: „Der CPT hält die Praxis für begrüßenswert, dass bei Rückführungen auf dem Luftweg regelmäßig ein sozialer Betreuungsdienst in der Abflughalle anwesend war, auch wenn die Interaktionsmöglichkeiten mit den Rückzuführenden in der Praxis beschränkt waren. Die Rückzuführenden konnten einen Telefonanruf tätigen und wurden mit leichtem Essen (Käsebrot, Äpfel und Kekse) sowie Wasser und Saft versorgt. Der soziale Betreuungsdienst stand auch mit den für die Koordinierung der Maßnahme zuständigen Bundespolizisten in Verbindung, um Ihnen relevante rechtliche oder sonstige Informationen zur Kenntnis zu bringen (z.B. anhängige Klagen oder Anträge auf vorläufige Maßnahmen). Darüber hinaus konnte er zusätzliches Taschengeld an besonders schutzbedürftige Rückzuführende verteilen und hielt auch Informationsunterlagen zu den Unterstützungsmöglichkeiten nach der Ankunft und im Hinblick auf die Wiedereingliederung bereit, die in den entsprechenden Sprachen vorlagen“ (Bericht CPT/Inf (2019)14 Rn. 44).
Bereits heute existiert somit eine von den staatlichen Behördenvertretern unabhängige Beobachtungs- und Kontrollinstanz am Flughafen München. Zu betonen ist dabei, dass sich diese nicht wie bei den im Antrag genannten Abschiebebeobachtungen auf eine rein passive Beobachtung und Dokumentation beschränkt. Die Mitarbeiter*innen des Sozialdienstes greifen aktiv ins Geschehen ein, wenn sie Informationen haben, die der Bundespolizei nicht vorliegen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.