Keine verpflichtende Vorgabe des Gendersternchens in Stadtratsvorlagen, städtischen Broschüren etc.
Antrag Stadtrats-Mitglieder Hans Hammer, Dr. Evelyne Menges, Veronika Mirlach und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 22.6.2021
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Stadtratsantrag vom 22.6.2021 fordern Sie einen Stadtratsbeschluss folgenden Inhalts:
„Die Landeshauptstadt München macht keine verpflichtende Vorgabe des sog. ‚Gendersternchens‘ in Stadtratsvorlagen, städtischen Broschüren etc. zumindest so lange, bis sie auf Basis einer stabilen Umfrage Daten vorlegen kann, dass eine Mehrheit der Münchner Bürgerinnen und Bürger das wünscht.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung Ihres Antrages im Stadtrat ist deshalb nicht möglich. Deshalb erfolgt eine Beantwortung auf diesem Wege.
Der Bundesgesetzgeber hat im Personenstandsgesetz (PStG) mit Wirkung vom 22.12.2018 folgende Möglichkeiten für Einträge im Geburtenregister geschaffen: weiblich, männlich, divers, ohne Angabe. Er setzt damit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 10.10.2017 um. Das BVerfG gab darin als Leitsätze vor:
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts.
3. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in beiden Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlechtzu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt.
In Vollzug dieser Gesetzesänderung hat die Landeshauptstadt München die geschlechtergerechte Sprache bei der Landeshauptstadt München weiterentwickelt und die binnenadministrativen Vorgaben für den mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch entsprechend angepasst. Deshalb habe ich mit Wirkung vom 1.12.2019 die AGAM entsprechend geändert. Im dienstlichen Schriftverkehr sowie bei städtischen Bekanntmachungen, Publikationen und Veröffentlichungen aller Art formuliert die Landeshauptstadt München Texte im Sinne der sprachlichen Erfüllung des Gleichstellungsgebots. Wir sprechen als Stadtverwaltung Personen entweder geschlechterdifferenziert unter Nennung der weiblichen Form an erster Stelle (z.B. Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) an und kombinieren dies, soweit möglich mit geschlechtsneutralen Begriffen (z.B. Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr geehrte Beschäftigte). Im Interesse von Lesbarkeit und zur Darstellung geschlechtlicher Vielfalt können entweder der Genderstern oder das Gender Gap verwendet werden (Mitarbeiter*innen, Mitarbeiter_innen). Der Genderstern ist keine universell verpflichtende Vorgabe. Bei den formellen Texten des Münchner Ortsrechts erscheint eine einheitliche Schreibweise indes sinnvoll.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.