Prozesse im Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf ihre Tauglichkeit und Dienstleistungsorientierung prüfen
Anfrage Stadtrat Manuel Pretzl (CSU-Fraktion) vom 16.8.2021
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 16.8.2021 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München hat für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger eine sehr wichtige Rolle in der Stadtverwaltung. Es ist mit allen bauplanungsrechtlichen Fragen befasst, von der Erstellung der Flächennutzungspläne, über die Aufstellung von Bebauungsplänen bis hin zur strategischen Stadt- und Verkehrsplanung sowie der Erteilung von Baugenehmigungen u.v.m.. Eines ist jedoch spür- und sichtbar: die Prozesse im Referat für Stadtplanung und Bauordnung dauern häufig lange, sind für Betroffene zermürbend und oft auch nicht transparent.“
Deshalb frage ich den Oberbürgermeister:
Frage 1:
Wie gestaltet sich die Bau- und Planungsverwaltung in anderen deutschen und europäischen Städten vergleichbarer Größe?
Antwort:
Dazu hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung keine hinreichenden Erkenntnisse.
Frage 2:
Wie lange dauern vergleichbare Prozesse, wie die Erstellung von Flächennutzungsplänen, die Aufstellung von Bebauungsplänen, die Erteilung von Baugenehmigungen, die Genehmigung von Nutzungsänderungen etc.?
Antwort:
Auch dazu kann das Referat für Stadtplanung und Bauordnung keine Aussage treffen.
Aufgrund der unterschiedlichen Aufbauorganisationen und Aufgabenzuschnitte der Stadtverwaltungen ist ein schneller und direkter Vergleich nicht möglich.Als Voraussetzung zur Herstellung von Vergleichbarkeiten muss daher zunächst eine Standardisierung der Datengrundlagen erfolgen.
Die Vollversammlung des Stadtrates hat am 28.7.2021 zu „Standards und Arbeitsprozesse im interkommunalen Vergleich darstellen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03667) die Stadtkämmerei beauftragt, gemeinsam mit den betroffenen Referaten u.a. für die Bereiche der Bauleitplanung und der Bearbeitung von Baugenehmigungsanträgen Kennzahlen zu ermitteln und einen interkommunalen Vergleich mit den Städten Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt am Main, Bremen. Düsseldorf, Stuttgart, Leipzig, Dresden, Hannover und Nürnberg durchzuführen.
Frage 3:
Wie werden die Entscheidungsprozesse im Planungsreferat derzeit gesteuert?
Antwort:
Zu den Prozessen der Bebauungsplanverfahren innerhalb der Hauptabteilung (HA) II wird auf die Ausführungen im Antrag der Referentin der zwei Stadtratsbeschlüsse „Optimierung der Bebauungsplanverfahren und ...“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 04459) vom 16.3.2016 und die Evaluierung dieser Beschlussvorlage (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11585) vom 4.7.2018 verwiesen. Eine Projektsteuerung erfolgt auf Grundlage einer HA II-internen Verfügung für alle laufenden Bebauungsplanverfahren, so dass die Verfahren einer standardisierten Zeitschienen-Vorlage folgen und Verzögerungen sofort entgegen gewirkt werden kann. Ergänzt wird diese projektinterne Steuerung durch eine zentrale Steuerung aller Projekte mittels quartalsmäßiger Prioritätenbesprechungen und Statusreporten bei der HA II-Leitung. Der Entscheidungsprozess und die Gremienstruktur innerhalb der HA II sind damit klar strukturiert und definiert.
Wie in den beiden o.g. Stadtratsbeschlüssen ausgeführt, sind 74% der gesamten Verfahrensdauer auf Arbeitsschritte mit Schnittstellen, u.a. mit den anderen Referaten zurückzuführen (Prozessanalyse Drees&Sommer). Seit Beginn des Jahres 2021 sind neue Referate, das Referat für Klima- und Umweltschutz sowie das Mobilitätsreferat hinzugekommen. Um auch hier, d.h. neben den bestehenden Gremien mit dem Referat für Bildung und Sport und dem Kommunalreferat die Schnittstellen zu optimieren, wurde bereits ein Entscheidungsgremium auf Hauptabteilungsleitungsebene mit dem Mobilitätsreferat installiert. Mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz gibt es verschiedene Arbeitsgruppen, die zunächst die Themen auf Arbeitsebene sondieren müssen (z.B. Klimafahrplan, Klimaschutzprüfung). Wie in den beiden Stadtratsbeschlüssen dargestellt, ist mit einerGesamtkoordination im Rahmen der Bebauungsplanverfahren durch die Projektleitung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung keine Entscheidungskompetenz gegenüber anderen Referaten verbunden.
Die Entscheidungsprozesse bezüglich gestellter Anträge (im Bereich der Bauaufsicht, der Naturschutzbehörde und der Denkmalschutzbehörde) in der HA IV laufen nach einem einheitlichen Schema ab:
Antragseingang – digitale Erfassung und formelle Vorprüfung – Erstüberprüfung (= materielle Prüfung, Festlegung zur Einbindung weiterer Fachstellen oder noch fehlender Unterlagen) – Fachstellenbeteiligung – Entscheidung – Ausfertigung der Entscheidung und Gebührenberechnung. Je nach Komplexität des Falles, aber auch in Abhängigkeit von der Qualität der eingereichten Unterlagen können einzelne Schritte auch mehrfach notwendig werden.
Die eigentliche Entscheidung wird immer (mindestens) im 4-Augen-Prinzip getroffen. Die Zuständigkeit ist nach Schwierigkeit und Bedeutung des Vorgangs gestaffelt: Teamebene (Sachbearbeitung mit Mitzeichnung Teamleitung) – Abteilungsebene (wöchentliche Dienstbesprechung, geleitet von Abteilungsleitung unter Beteiligung der Stadtplanung) – Hauptabteilungsebene (wöchentliche Amtskonferenz, geleitet von der Hauptabteilungsleitung unter Beteiligung der anderen Hauptabteilungen und anderer Referate je nach Einzelfall). Dabei werden geschätzt unter 5% der Fälle in der Amtskonferenz vorgestellt.
Um eine einheitliche Sachbearbeitung sicher zu stellen, gibt es einige interne Anweisungen der Hauptabteilungsleitung zu den Verfahrensabläufen, der Einbindung anderer städtischer Dienststellen und mehrere Anleitungen zu einzelnen materiell-rechtlichen Themenbereichen.
Die Ein- und Auslaufzahlen und die durchschnittlichen Laufzeiten der Anträge werden mindestens monatlich ausgewertet, mit der HA-Leitung besprochen und ggf. näher untersucht. Zusätzlich werden einzelne Anträge stichprobenartig von der Innenrevision detailliert untersucht, bei festgestellten Fehlern evaluiert und Abhilfe geschaffen.
Frage 4:
Welcher Optimierungsbedarf wird gesehen und wie können Prozesse generell deutlich gestrafft, transparenter und dienstleistungsorientierter werden?
Antwort:
Zu den Optimierungsmaßnahmen und -potentialen wird ebenfalls auf die beiden o.g. Stadtratsbeschlüsse („Optimierung der Bebauungsplanverfahren und ...“ Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 04459 vom 16.3.2016 und die Eva-luierung dieser Beschlussvorlage Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11585 vom 4.7.2018) verwiesen. Der „Evaluierungsbeschluss“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11585) vom 4.7.2018 enthält im Kapitel 2 alle wesentlichen Bausteine der Optimierungsmaßnahmen, die auf eine Analyse von Drees & Sommer zurückzuführen sind.
Insbesondere sind hier folgende Maßnahmen zu benennen:
Die Maßnahme „Informationsaustausch verbessern“ ist erfolgreich umgesetzt. Die Wissens-Datenbank der Stadtplanung wird in einem
Stadtplanungs-Wiki laufend und abteilungsübergreifend aktualisiert. Die Maßnahmen „Arbeitsabläufe standardisieren“ und „Verantwortlichkeiten klarer definieren und bündeln“ sind ebenfalls erfolgreich umgesetzt, d.h. allgemeine Werkzeuge des Projektmanagements (z.B. Projekthandbuch, Berichtswesen/Statusberichte und Standard-Terminplan) sind verpflichtend für alle Bebauungsplanverfahren anzuwenden, die Terminplanung erfolgt IT-unterstützt mit MS-Project. Der Bebauungsplan wird als Projekt verstanden, d.h. Verfahren werden zeitlich gesteuert und Verantwortlichkeiten sind zugeteilt (u.a. Definition der Projektleitung). Zu den Bebauungsplanverfahren erfolgen referatsübergreifende Projekt-Startgespräche, bei denen Fachstellen und die Planungsbegünstigten eingebunden werden. Die Prozesse werden von regelmäßigen Projekt-Jourfixen begleitet. Somit wird auch die Maßnahme „Externe Beteiligte stärker einbinden und Transparenz erhöhen“ bereits erfolgreich umgesetzt.
Teilweise besteht noch Umsetzungsbedarf bei der Maßnahme „Konkrete Möglichkeiten der IT-Unterstützung“: In einem ersten Schritt wird die „Bebauungsplandatenbank“ aktuell neu aufgesetzt. Um Projekte zukünftig erfolgreich zentral steuern zu können, hat die Stadtplanung im Jahr 2021 einen IT-Bedarf an das IT-Referat gemeldet, dass die Bebauungsplandatenbank grundsätzlich neu aufgesetzt werden muss. Die bestehende Datenbank stammt aus den 90er-Jahren und entspricht nicht mehr aktuellen Anforderungen an ein zentrales Steuerungs- und Informationsportal zur Priorisierung von Projekten. Ziel ist die Umsetzung der neuen Datenbank sowie einer vereinfachten CAD-Nutzung im Jahr 2022.
Auch die Maßnahme „Planungsparadigmen überdenken“ wird weiter zu verfolgen sein. Freiwillige Standards wurden reduziert (z.B. SOLENOP), jedoch gibt es inhaltliche Themen, die in jedem Einzelfall individuell abgestimmt werden müssen und noch nicht standardisiert sind (z.B. Immissionsschutz, Klimaschutz). Hier bedarf es auch grundsätzlicher Entscheidungen der Bundes- oder Landespolitik, um Verfahren zu beschleunigen(z.B. Solarpflicht, Lärmschutz). Wie zu Frage 3 ausgeführt, bestehen neue Schnittstellen zum RKU und MOR, deren Prozesse sich noch im Aufbau befinden. Die Maßnahme „Zusammenarbeit mit Schnittstellen verbessern“ wird daher laufend zu betrachten sein.
Alle noch nicht abgeschlossenen Maßnahmen werden fortlaufend weiter in der HA II umgesetzt.
Der Optimierungsbedarf in der Lokalbaukommission wurde im Rahmen der Beschlussvorlagen „Maßnahmen zur Verbesserung der Dienstleistungsqualität und zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren – LBK zukunftsfähig ausstatten“– vom 16.3.2016, Sitzungsvoralge Nr. 14-20/V 03291 und der zugehörigen Evaluierung der Beschlussvorlage vom 11.7.2018, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11663 und im Rahmen der Untersuchung der Prozesse in Baugenehmigungsverfahren durch das Revisionsamt (Kurzfassung des Prüfberichts in der Anlage 5 des Berichts über die Prüfung der zum 31.12.2017 erstellten Jahresabschlüsse der Landeshauptstadt München vom 24.7.2019, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15159) ausführlich untersucht und dargestellt. Allerdings ist die Umsetzung derzeit wegen der zunehmenden Anzahl unbesetzter Stellen im Rahmen der Haushaltssicherung ins Stocken geraten, so dass die ausgearbeiteten Verbesserungen auf absehbare Zeit nur teilweise auch gelebt werden können. Dasselbe gilt für die Fortführung der Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren, die in der Beschlussvorlage „Digitalisierung der Bauakten für das Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Hauptabteilung IV und Implementierung in den Arbeitsalltag“ vom 3.3.2021, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 01705 dargestellt wurde und ebenfalls aufgrund personeller Engpässe im Referat für Stadtplanung und Bauordnung und begrenzter Kapazitäten im IT-Referat und bei den beteiligten externen Dienstleistern stark verzögert ist. Die BayBO-Novelle, die zum 1.2.2021 in Kraft getreten ist, hat bisher keine positiven Effekte auf die Optimierung der Verfahrensabläufe, sondern hat im Gegenteil bewährte Abläufe und bereits umgesetzte Verbesserungen aufgebrochen. Ein Beispiel hierzu: die Priorisierung von Kindertagesstätten, Schulen und größeren Wohnungsbauvorhaben ebenso wie die Priorisierung von Vorbescheiden musste aufgrund der neuen Genehmigungsfiktion nahezu aufgehoben werden. In Kombination mit den offenen Stellen ist die Aufrechterhaltung des geregelten Betriebs aktuell nur noch unter Substanzverlust zu bewältigen.
Frage 5:
Ist innerhalb des Bauantragsverfahrens eine automatisiert und transparent nachvollziehbare Genehmigungsreihenfolge umsetzbar? Das hilft den Antragstellern im Dickicht der Verwaltungsprozesse.
Antwort:
Bis zur Einführung der Genehmigungsfiktion in Baugenehmigungsverfahren zum 1.5.2021 wurden im Bereich der Bauaufsicht bestimmte Anträge priorisiert, also beschleunigt behandelt: Schulbau, Kita, größere Wohnungsbauvorhaben, Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen, Vorbescheide. Alle anderen Anträge wurden im Prinzip nach Eingang behandelt, wobei sich natürlich durch unterschiedliche Bearbeitungszeiten (abhängig von der Komplexität des Falles, der Nachforderung von Unterlagen, der Einbindung verschiedener Fachstellen, deren Reaktionszeiten, des nötigen Entscheidungsgremiums, widersprüchlicher Rückmeldungen der Fachstellen) die abschließende Entscheidung nicht in der Reihenfolge des Eingangs darstellt.
Der Verfahrensablauf des einzelnen Falles ist vorgegeben (siehe oben zu Frage 3) und auch im Internet auf den Seiten der Lokalbaukommission mit vielen weiteren Informationen zum Baugenehmigungsverfahren dargestellt. Eine schon seit längerem beabsichtigte digitale Sachstandsabfrage für die Antragsteller*innen („LBK-App“) wurde in den letzten Jahren nach Priorisierung der IT-Vorhaben durch das Referats für Stadtplanung und Bauordnung jeweils aus Ressourcengründen vom IT-Referat zurückgestellt.