Sichere Schul- und KiTaöffnungen gewährleisten I Modellversuch Test-Pooling
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Mona Fuchs, Dr. Hannah Gerstenkorn, Nimet Gökmenoğlu, Judith Greif, Anna Hanusch, Sofie Langmeier, Thomas Niederbühl, Angelika Pilz-Strasser und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 17.2.2021
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Für die in Ihrem Antrag vom 17.2.2021 angeführten Sachverhalte besteht seitens der Landeshauptstadt München keine Zuständigkeit. Eine Klärung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen ist ausschließlich über das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege möglich.
Für die gewährte Fristverlängerung bedanke ich mich.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten und teile Ihnen auf diesem Wege Folgendes mit:
PCR-Tests auf SARS-CoV-2 stellen den diagnostischen Goldstandard dar um Infektionen mit dem Virus nachzuweisen. Allerdings ist der labortechnische Aufwand zur Einzelanalyse relativ groß und sie sind vergleichsweise teuer. Daher gab es Überlegungen, durch gepoolte Analysen Kosten und Zeit zu sparen. Bei einer Pooltestung werden die Proben von bis zu 30 Personen in einem Teströhrchen zusammengefasst analysiert. Ist auch nur eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert, so wird die gepoolte Analyse bei ausreichender Viruslast positiv. In einem 2. Schritt müssen dann Proben aller Poolmitglieder einzeln analysiert werden. Alle Gruppen, die negativ getestet wurden, brauchen nicht mehr einzeln analysiert werden. Damit werden bei der Pooltestung weniger Laboranalysen benötigt und die Kosten deutlich gesenkt.
Unabhängig davon bleibt ein hoher organisatorischer und logistischer Aufwand, u.a. hinsichtlich des Probentransportes und der Materialverteilung.
Hierzu gab es folgende Modellversuche bzw. Studien in Bayern:
a) Gurgel-Test
Im schulischen Bereich gab es bereits im Jahr 2020 Studiengruppen, welche gepoolte Speichelproben von Schülern analysierten. Das GSR hatte, in Kooperation mit dem RBS und Vertreter*innen aus dem Bereich der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzt*innen, Kontakt zu den Verantwortlichen der unter der Leitung der Universität Regensburg und Erlangendurchgeführten WICOVIR Studie aufgenommen. Es bestand die Bereitschaft, die wesentlichen Handlungsanweisungen und die Vorgehens- und Analysemethoden zu teilen. Entgegen initialer Äußerungen war die direkte Teilnahme an der laufenden Studie jedoch nicht möglich.
Bei der Speicheltestung gurgelt jede Person zu Hause mit ca. 6 bis 8 ml Trinkwasser. Die Gurgellösung wird anschließend in zwei Sammelröhrchen „gespuckt“. Die erste Probe (ca. 2ml) wird von den Mitgliedern des POOLS (max. 30 Personen) in einen Sammelbehälter geleert. Diese Sammelprobe wird mittels PCR analysiert. Sollte die Probe positiv sein, erfolgt die Einzel-Analyse der „Zweitröhrchen“ der Poolmitglieder, um die infizierte(n) Person(en) zu identifizieren.
Unklar ist, wie hoch die Viruskonzentration der infizierten Person sein muss, damit die Poolprobe noch positiv wird. Hierzu lag keine entsprechende wissenschaftliche Evaluierung vor. Des Weiteren gibt es gewisse hygienische Bedenken, würde doch ein offenes Zusammenschütten der Einzelproben im Laborsetting absolut gegen die Hygienevorschriften verstoßen, insbesondere wegen der möglichen Kontamination durch Tröpfchenbildung. Das RKI führt zum Pooling-Verfahren aus: „Es sollte aber in einer Form durchgeführt werden, die eine Probenverdünnung weitestgehend minimiert oder anderweitig einen Sensitivitätsverlust. Das durchführende Labor muss durch geeignete qualitätssichernde Maßnahmen eine ausreichende Sensitivität und Spezifität nachweisen können.“ Diese Gründe wurden auch seitens des vom GSR kontaktierten renommierten Münchner Labors angeführt und waren der Grund, warum das Pooling von Gurgellösungen nicht weiter verfolgt wurde.
b) Lollipop-Test
Bei dem sogenannten Lollipop-Test wird eine Speichelprobe durch Lutschen ( 30 sec) auf einem Abstrichtupfer gewonnen. Dieser kann einzeln mittels PCR analysiert werden oder eben auch gepoolt, in dem die Abstrichtupfer in einem Sammelgefäß zusammengefasst werden, aus dem dann mit Reagenzien die zu analysierende Probe gewonnen wird.
Das GSR kooperierte während des Schuljahres 2020/2021 eng mit einer Forschungsgruppe am Dr. v. Haunerschen Kinderspital und dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).
Über das Dr. v. Haunersche Kinderspital nahmen 2 Schulen aus München (1 Grundschule, 1 weiterführende Schule) an der B-fast Studie teil. Diese konnte zeigen, dass die Lollipop-Methode gut akzeptiert wird und vergleichbare Ergebnisse liefert, als wenn Rachenabstriche für die gepoolte PCR genutzt würden.Im Rahmen der Virenwächter Studie 3.0 wurden an 17 Münchner Grundschulen im Frühjahr 2021 regelmäßige Testungen mittels „Lollipops“ durchgeführt. Das GSR erreichte bei der Regierung von Oberbayern (ROB), dass diese Testung im Sinne der Testverpflichtung anerkannt wurde. Die Akzeptanz der Methode war erneut sehr gut.
Die Evaluation der einzelnen Speicheltests als gepoolter Lollipops-Test zeigte, dass die Methode verlässlich ist. Mit einer Veröffentlichung der Studienergebnisse wird in Kürze gerechnet.
Seit Mitte Juni 2021 wird die Lollipop-Pooltestung in Abstimmung mit dem GSR an der Carl-August-Heckscher-Schule durchgeführt. Dies ist durch eine Kooperation der Dr. von Haunerschen Kinderklinik und der Kinder-und Jugendpsychiatrie möglich. Das GSR erwirkte erneut die Genehmigung durch die ROB. Eine Ausdehnung auf weitere Grundschulen im Bereich der Landeshauptstadt wurde zwischen GSR und Verantwortlichen am
Kinderspital diskutiert, war aber auf Grund der limitierten Laborkapazitäten und des erheblichen finanziellen und personellen Mehraufwands im zu Ende gehenden Schuljahr 2020/2021 nicht mehr umsetzbar. Weitere Gespräche erfolgten nicht, da inzwischen die Bayerische Staatsregierung ankündigte, das Lollipop-Verfahren zur Pooltestung an allen Grund- und Förderschulen einzuführen.
Bei den jetzt in Grund- und Förderschulen eingeführten Lollipop-Tests lutschen die Kinder ein Wattestäbchen, welches im Poolgefäß gesammelt wird. Anschließend lutschen sie ein zweites Stäbchen, das als Rückstellprobe asserviert wird. Fällt die PCR-Analyse des Pools positiv aus, werden die Einzelproben der entsprechenden Klasse analysiert. Das Ergebnis der Poolanalyse wird noch am selben Tag bekannt und mittels einer eigens entwickelten Software von den Laboren an die Schulen und Eltern gemeldet. Alle Teilnehmenden an einem positiven Pool werden gemäß der aktuell gültigen Allgemeinverordnung Isolation in der Fassung vom 15.9.2021 als Verdachtspersonen klassifiziert, die sich vorübergehend in Quarantäne begeben müssen. Dadurch wird sichergestellt, dass eine asymptomatische, infizierte Person nicht in die Schule kommt.
Durch die Analyse der Rückstellproben wird die infizierte Person identifiziert. Sobald diese feststeht, kann festgestellt werden, ob in der Klasse enge Kontaktpersonen sind, die evtl. ebenfalls in Quarantäne müssen. Alle anderen können den Unterricht wieder regulär besuchen. Das Ergebnis der analysierten Rückstellprobe liegt in der Regel vor Beginn des nächsten Schultags vor.Bei diesem Testregime werden ausschließlich die Schüler*innen, welche nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts als enge Kontaktpersonen eingestuft werden, für 10 Tage in Quarantäne geschickt. Sie können diese verkürzen, in dem sie am siebten Tag nach dem letzten engen Kontakt eine PCR oder einen Antigentest durchführen lassen. Mit dem Vorliegen eines negativen Ergebnisses endet die Quarantäne, und eine Teilnahme am Unterricht ist ab dem achten Tag wieder möglich. Die Teilnahme an den Lollitests ist freiwillig. Wird dieser nicht zugestimmt, so unterliegt die/ der betroffene Schüler*in einer drei mal wöchentlichen Testpflicht mittels Schnelltest in der Schule.
In der ersten Schulwoche des neuen Schuljahrs erfolgte die Organisation der Logistik für alle betroffenen Münchner Schulen (ca. 240) durch das Referat für Bildung und Sport. Die Staatsregierung übernimmt die Kosten hierfür vollständig. Es wurden verschiedene Sammelrouten entwickelt, die Schulen werden in einer festgelegten Reihenfolge angefahren um die Proben aufzunehmen. Der beauftragte Kurierdienst liefert die Proben am Vertragslabor ab. Für den Bereich der LHM befindet sich das Labor ebenfalls in München, so dass die Anlieferung bis Mittag des jeweiligen Tag erfolgen kann.
Das StMUK hat den Schulen ausführliches Informationsmaterial zur Durchführung zukommen lassen. Die Testmaterialien wurden den Schulen direkt zugestellt. Für die Probenerfassung und Ergebnismitteilung wurde eigens für dieses Projekt eine Software entwickelt, die ermöglicht, dass Eltern und Schulen umgehend über die Ergebnisse informiert werden. Die Lollipoptests sind am 20.9.2021 für die Grundschulen und Förderzentren für geistige, körperliche und motorische Entwicklung und Sehen eingeführt worden und werden auch im Bereich der LHM seit diesem Datum schrittweise geführt.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.