Agenda 2030 anpacken: Stadtratshearing zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung der Landeshauptstadt München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Mona Fuchs, Gudrun Lux, Julia Post (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste), Simone Burger, Julia Schmitt-Thiel, Christian Vorländer, Micky Wenngatz (SPD/Volt-Fraktion) und Sonja Haider, Nicola Holtmann, Hans-Peter Mehling, Rudolf Schabl (Fraktion ÖDP/FW) vom 4.2.2021
Nachhaltig Wohlstand schaffen: Sozial, ökologisch, innovativ V – Tariftreue und kommunale Vergabe – Darstellung der aktuellen Situation und Handlungsspielraum
Antrag Stadtrats-Mitglieder Simone Burger, Christian Köning, Klaus Peter Rupp, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Felix Sproll, Christian Vorländer (SPD/Volt- Fraktion) und Anja Berger, Beppo Brem, Katrin Habenschaden, Dominik Krause, Clara Nitsche, Julia Post, Bernd Schreyer, Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 13.7.2021
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Antrag vom 4.2.2021 beauftragen Sie die Stadtverwaltung mit der Durchführung einer Stadtratsanhörung zur nachhaltigen Beschaffung in München. Der Antrag steht im thematischen Zusammenhang mit der Stadtratsanhörung zur „Münchner Nachhaltigkeitsstrategie“ am 19.11.20211 (Antrag Nr. 20-26/A 00470 vom 1.10.2020, Antwortschreiben des Referats für Klima- und Umweltschutz vom 19.3.2021).
In Ihrem Antrag vom 13.7.2021 bitten Sie die Stadtverwaltung, die derzeit verwendeten sozialen und ökologischen Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in München mitzuteilen, insbesondere im Hinblick auf Tarifstandards und Lohndumping. Darüber hinaus bitten Sie um Darstellung des diesbezüglichen kommunalen Handlungsspielraums und der möglichen Ausweitbarkeit bei einem entsprechenden Handeln des Freistaats Bayern mittels eines bayerischen Landesvergabegesetzes und/oder Tariftreuegesetzes.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt und wegen des thematischen Zusammenhangs der beiden Anträge insbesondere zum Gegenstand der beantragten Stadtratsanhörung beantworte ich beide Anträge gemeinsam. Selbstverständlich können im Rahmen des Hearings weitergehende Fragen gestellt werden.1. Antrag „Agenda 2030 anpacken: Stadtratshearing zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung der Landeshauptstadt München“
Zu Ihrem Antrag vom 4.2.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Nach Entscheidung des Ältestenrates findet die Stadtratsanhörung zur nachhaltigen Beschaffung in München am Freitag, den 3.12.2021 von 9.30 bis ca. 12.30 Uhr im Webex-Format statt. Das Direktorium, das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) und das Nord-Süd-Forum München e.V. stimmen antragsgemäß den Ablauf und die genauere Ausgestaltung der Stadtratsanhörung untereinander ab. Das Direktorium wird die Stadtratsfraktionen baldmöglichst über die geplante Tagesordnung informieren. Der Termin der Stadtratsanhörung zur nachhaltigen Beschaffung in München liegt 14 Tage nach der Stadtratsanhörung zur „Münchner Nachhaltigkeitsstrategie“, die vom Referat für Klima- und Umweltschutz und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung ebenfalls im Webex-Format durchgeführt wird (Antrag Nr. 20-26/A 00470 vom 1.10.2020, Antwortschreiben des RKU vom 19.3.2021).
2. Antrag „Nachhaltig Wohlstand schaffen: Sozial, ökologisch, innovativ V – Tariftreue und kommunale Vergabe – Darstellung der aktuellen Situation und Handlungsspielraum“
Zu Ihrem Antrag vom 13.7.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
2.1 Allgemeines
Die Landeshauptstadt München muss als öffentliche Auftraggeberin das engmaschige öffentliche Vergaberecht beachten. Dies speist sich aus vielfältigen Quellen vom Unionsrecht bis zu Verwaltungsvorschriften. Dazu gehören u.a. verschiedene EU-Richtlinien (von denen Sie die allgemeine Vergaberichtlinie 2014/24/EU in Ihrem Antrag zitiert haben), als Bundesrecht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Vergabeverordnung (VgV) oder untergesetzlich die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO), die bayerische Bekanntmachung über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich, die bayerischen Umweltrichtlinien im öffentlichen Auftragswesen und die Vergabe- und Vertragsordnungen. Die Unternehmen haben gem. § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Unternehmen können die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften vor der Vergabekammer und gerichtlich bis hin zum Schadensersatz geltend machen.
2.2 Nachhaltige Beschaffung
Gemäß §§ 97 Absatz 3, 127 Abs. 1 Satz 3 und 128 Abs. 2 Satz 3 GWB können soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe des Ver-gaberechts, insbesondere im Rahmen der Leistungsbeschreibung, als Eignungs- und Zuschlagskriterien, als Mindestanforderungen oder als Ausführungsbedingungen berücksichtigt werden. Alle Anforderungen müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und zu dessen Auftragswert und dem verfolgten Beschaffungsziel verhältnismäßig sein. Allgemeine Anforderungen an die Unternehmenspolitik sind nicht zulässig.
a) Soziale Kriterien
Die Landeshauptstadt München sieht in ihren Vergabeverfahren je nach Ausschreibungsgegenstand eine Vielzahl an sozialen Kriterien vor. Dazu gehört u.a. die Regel, dass die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer verpflichtet sind, bei der Ausführung des Auftrages die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit gemäß der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO oder IAO) vom 18.6.1998 einzuhalten. Dazu gehören z.B. die Beseitigung von Zwangs- und Pflichtarbeit, das Recht auf Vereinigungsfreiheit und auf Kollektivverhandlungen, Gleichheit des Entgelts für Frauen und Männer, Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, Verbot der ausbeuterischen Kinderarbeit.
Bei einzelnen Produktgruppen aus Asien, Afrika und Lateinamerika werden – über die Mindestkriterien der IAO-Kernarbeitsnormen hinaus – internationale Sozialstandards des fairen Handels berücksichtigt. Bei definierten Produktgruppen werden keine Eigenerklärungen von Bietern mehr akzeptiert, sondern Gütezeichen, Siegel des fairen Handels oder gleichwertige Nachweise eingefordert (z.B. Natursteine, Zukauf von Blumen aus Afrika, Asien, Lateinamerika, Fuß- und Handbälle für Münchner Schulen).
Zudem prüft die Landeshauptstadt München im Rahmen von vergaberechtlich vorgesehenen Auskömmlichkeitsprüfungen bei bestimmten Dienstleistungsaufträgen nach Angebotsabgabe, ob die Beschäftigten der Vertragspartnerinnen und Vertragspartner gesetzeskonform bzw. bei allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen tarifgerecht entlohnt werden und die Mindestarbeitsbedingungen eingehalten werden.
Die Vergabestelle 1 im Direktorium beteiligt sich darüber hinaus mit der Maßnahme „Gendersensible und gleichstellungsorientierte Auftragsvergabe“ an dem am 24.7.2019 von der Vollversammlung beschlossenen Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14161). In diesem Zusammenhang wurde ein Katalog von Musterformulierungen und Hinweisen zum Vergabeverfahren in Bezug auf geschlechterbezogene Gleichstellung und zu Antidiskriminierung erarbeitet (z.B. Vorlage eines Gleichstellungskonzepts), die seitens der Vergabestelle1 den Dienststellen anlassbezogen zur Integration in die jeweiligen Vergabeunterlagen vorgeschlagen wird. Neben der Einbeziehung der ILO-Kernarbeitsnormen findet sich seit dem Jahr 2020 u.a. in allen Vertragsunterlagen der Vergabestelle 1 auch eine Diskriminierungsschutzklausel, die diskriminierende Verhaltensweisen des Auftragnehmers bzw. des von diesem eingesetzten Personals (verbale oder schriftliche Äußerungen, Erscheinungsbild des Personals oder der zur Auftragsausführung eingesetzten Arbeitsmittel etc.) sanktioniert. Flankierend ist in den Grundlagenschulungen der Vergabestelle 1 zum Vergaberecht die Verankerung sozialer Kriterien am Beispiel der Geschlechtergerechtigkeit integriert.
Mit dieser Expertise ist die LHM 2021 zu einer europaweiten Expert*innenkonsultation zu geschlechtergerechter öffentlicher Vergabe für die Erstellung eines nationenübergreifend einsetzbaren „Handwerkskoffers“ eingeladen worden.
Auch die vertragliche Umsetzung des Stadtratsbeschlusses, gegen sexistische Werbung vorzugehen, wird referatsübergreifend zunehmend vertraglich wirksam.
b) Umweltbezogene Kriterien
Die Landeshauptstadt München berücksichtigt selbstverständlich umweltbezogene Aspekte bei der Leistungsbeschreibung, den Zuschlagskriterien und Ausführungsbedingungen. Beispielhaft seien hier folgende Regelungen und Kriterien erwähnt:
-Die VgV beinhaltet in § 67 besondere Vorschriften für die Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Liefer- oder Dienstleistungen wie das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz und die Energieeffizienzklasse als Anforderungen in der Leistungsbeschreibung.
Ab 2.8.2021 müssen öffentliche Auftraggeber zudem bei Kauf, Leasing und Miete von Fahrzeugen sowie bei bestimmten Dienstleistungs- und ÖPNV-Vergaben Mindestquoten an sauberen Bussen und Nutzfahrzeu- gen einhalten (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1161 über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz – SaubFahrzeugBeschG) vom 9.6.2021, Bundesgesetzblatt Teil I S. 1691).
-Seit 2016 werden Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 2,5t zulässiges Gesamtgewicht (zGG) bis auf wenige Ausnahmen mit Elektroantrieb
beschafft. Sollte dies nicht möglich sein, werden, soweit verfügbar und wirtschaftlich vertretbar, Hybrid- bzw. Erdgasfahrzeuge gekauft. Bei Nutzfahrzeugen ab 2,5t zGG werden Fahrzeuge mit alternativen Antrie-ben geordert, sofern diese für den benötigten Fahrzeugtyp zur Verfügung stehen.
-Die Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Landeshauptstadt München zur Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (ZV) sehen zur Vermeidung von Verpackungsmüll vor, dass möglichst umweltfreundliche Verpackungen, insbesondere Mehrwegverpackungen zu verwenden
sind.
-Für viele Beschaffungen wird die Auszeichnung mit anerkannten Gütezeichen gefordert („Der Blaue Engel“, „Nordic Swan“, FSC-Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft, etc.).
-Bei den Ausschreibungen für die Mittagsverpflegung in Kindertagesstätten und Schulen müssen mindestens 50 Prozent der verwendeten Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung stammen.
-Seit 1990 schließt die Stadt München bei der eigenen Beschaffung Tropenholz aus. Holzprodukte haben nachweislich aus legaler und nachhaltiger Produktion zu stammen.
-Bei Bauausschreibungen wird u.a. der Ökologische Kriterienkatalog der LHM und das Merkblatt über die Verwendung umweltfreundlicher Baustoffe zugrunde gelegt.
Die durch die Vergabestellen – insbesondere im Vorfeld und außerhalb der laufenden Ausschreibungen – immer wieder eingeforderten Umdenkprozesse hinsichtlich des ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhaltens der Produzentinnen und Produzenten sowie der Anbieterinnen und Anbietern führen erkennbar zu Veränderungen und werden – soweit Marktreife dafür zu erkennen ist – in den laufenden Ausschreibungen berücksichtigt.
Die Rückmeldungen der Referate zeigen eindeutig, dass in der Verwaltung und den Eigenbetrieben flächendeckend ein Bewusstsein für nachhaltige Beschaffung vorhanden ist und individuelle Maßnahmen zum Umweltschutz, zum Klimaschutz sowie zur Kreislaufwirtschaft ergriffen werden. Die gesetzlichen Regelungen werden bereits ausgeschöpft.
2.3 Weitere Beispiele aus der Praxis der zentralen Vergabestellen
Zu den zentralen Vergabestellen, die für die Stadt referatsübergreifende Beschaffungen und Vergaben durchführen, gebe ich Ihnen nachfolgenden Überblick:
Die Vergabestelle 1 im Direktorium schreibt die zu beschaffenden Waren seit vielen Jahren ressourcenschonend aus und unternimmt bereits eineReihe von Anstrengungen, durch eigenes Verhalten und Vorgaben in den Ausschreibungen nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit zu agieren. Durch entsprechende Vorgaben in den Ausschreibungen (z.B. zu Materialien, Mindestvorgaben zu Materialstärken, Einhaltung normativer Vorgaben, Vorlage von Zertifikaten unabhängiger Prüfinstitute etc.) oder durch Nutzung des Zuschlagskriteriums „Qualität“ werden die Waren in Ausführung und Wertigkeit so beschafft, dass eine langfristige Nutzung möglich ist. Gerade dieser Aspekt leistet einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und des Abfalls.
Durch die Ausrichtung der Beschaffung auf die Eigenschaft der Langlebigkeit ist es nicht notwendig, z.B. Büromobiliar vorschnell zu entsorgen: -Entbehrliche, aber noch verwendbare Einrichtungsgegenstände werden der Vergabestelle gemeldet. Wenn Dienststellen weiterhin nutzbare Möbel z.B. aus Kapazitätsgründen nicht mehr benötigen, können die Möbel in die Gebrauchtwarenbörse eingestellt und von anderen Dienststellen abgerufen werden. Das gebrauchte Mobiliar bleibt so im „Kreislauf“. -Vor einer Ersatzbeschaffung für einen schadhaften Einrichtungsgegenstand wird geprüft, ob eine Reparatur möglich und wirtschaftlich ist. Durch die Eigenschaft der Langlebigkeit können Schäden überwiegend durch eine Reparatur behoben werden.
Der aktuelle Vertragspartner für Büromöbel hat Produkte im Portfolio, die mit dem Zertifikat „Cradle-to-Cradle“ versehen sind. Das 2005 von der Firma McDonough Braungart Design Chemistry (MBDC) eingeführte „Cradle-to-Cradle“-Design ist eine Strategie, die einen ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mehrwert schafft. Dabei geht man von der Annahme aus, dass Produkte unendlich wiederverwendet werden können. Aus denselben Materialien werden wieder Produkte hergestellt („cradle to cradle“– von der Wiege in die Wiege), anstatt recycelte Materialien für minderwertige Produkte zu verwenden, die dann auf der Mülldeponie landen („cradle to grave“ – von der Wiege in das Grab).
Auch bei anderen Waren als Büromöbeln wird auf einen ressourcenschonenden Ansatz geachtet. Seit einigen Jahren werden ausschließlich Getränkeautomaten beschafft, die mehrwegfähig sind. Kaffeeautomaten sind grundsätzlich auch zur Benutzung mit „eigener Tasse“ vorgesehen. Der Einkauf von Kapselautomaten wurde bereits vor vielen Jahren eingestellt.
Im neuen Rahmenvertrag über Büroartikel wird das Wertungskriterium „Nachhaltigkeit“ in den einzelnen Losen mit bis zu 50 Prozent bepunktet. Eignungsbefähigt sind nur solche Bieter, die nach DIN EN ISO 14001 (ge-prüftes Umweltmanagement, weltweit akzeptierter und angewendeter Standard für Umweltmanagementsysteme) oder vergleichbar zertifiziert sind.
Der neu abgeschlossene Rahmenvertrag für Schulwerkraumausstattungen beinhaltet bereits wesentliche Forderungen zur Nachhaltigkeit der eingesetzten Holzwerkstoffe (u.a. FSC-Zertifizierung).
Die Vergabestellen weisen in Beratungsgesprächen die Bedarfsstellen auf die Einsatzmöglichkeiten von Produkten aus recycelten Materialien oder – bspw. im Bereich Büromaterial – auf Produkte mit Nachfülloption (Textmarker, Korrekturmäuse etc.) hin. Dadurch ist gewährleistet, dass der Lebenszyklus der Produkte verlängert wird.
Bei der Ausschreibung vieler Dienst- und Lieferleistungen erfolgt eine Abfrage des Transportmittels, wobei der Einsatz klimaneutraler Lieferlogistik mit der maximalen Punktzahl bewertet wird.
Anbieter von Textilprodukten (Shirts, Hemden, Kopfbedeckungen, Warnschutz- und Wetterschutzkleidung) können einen Zuschlag nur dann erhalten, wenn die angebotene Ware mit dem Label „ÖkoTex Standard 100“ oder vergleichbar ausgezeichnet ist.
Auch bei der Reinigung von Textilien (Wäsche, Kleidung, Vorhänge) bepunktet die Vergabestelle 1 über das sog. „Leistungskonzept Umwelt“ apparative Anforderungen, die Höhe des Wasser- und Energieverbrauchs sowie das Nichtvorhandensein bestimmter umweltschädlicher Stoffe in den eingesetzten Reinigungsmitteln.
Die Vergabestelle im IT-Referat achtet bereits seit vielen Jahren bei der Beschaffung von Hard- und Software – sowohl aus strategischer Sicht als auch seitens von Anforderungskriterien – in Vergaben auf energie- und ressourceneffiziente Eigenschaften der Produkte und Leistungen. So werden unter anderem bei der Beschaffung von Produkten der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) seit langem ökologische Kriterien (z.B. umweltgerechte Entsorgung, Gütesiegel oder ISO-Zertifizierungen, Ausschluss bestimmter giftiger Stoffe, Berücksichtigung von Stromverbrauch, Geräuschemissionen und sonstiger Emissionen usw.) vorgegeben und deren Einhaltung bei der Zuschlagsentscheidung berücksichtigt und bewertet. In diesem Zusammenhang steht die Vergabestelle in engem Austausch mit den beim Eigenbetrieb it@M und dem IT-Referat angegliederten Fachbereichen STRAC, KM, IBS und Innovation Lab. Neue Entwicklungenund gewonnene Erkenntnisse werden regelmäßig und in geeigneter Weise gegenseitig ausgetauscht, um diese künftig bei Vergaben berücksichtigen bzw. deren Anwendung optimieren zu können.
Losgelöst hiervon achtet die Landeshauptstadt München in all ihren Verträgen darauf, dass die beschafften Komponenten – sofern diese nicht ohnehin wie z.B. die Multifunktionsgeräte oder die Wahlkoffer für das KVR angemietet sind – nach Ablauf der Nutzungsdauer primär einer Wiederverwertung und ansonsten der fachgerechten Entsorgung durch anerkannte Entsorgungsbetriebe zugeführt werden. So ist zum Beispiel für die Rückführung und das Recycling von Rohstoffen der zur Entsorgung vom Eigenbetrieb it@M freigegebenen mobilen Endgeräte ein qualifiziertes externes Dienstleistungsunternehmen mit entsprechend zertifizierten Prozessen verantwortlich.
Darüber hinaus verfolgt das IT-Referat die Strategie, beschaffte Komponenten unter Berücksichtigung der Anforderungen an eine leistungsfähige und moderne ITK-Ausstattung möglichst langfristig zu nutzen. So sind Smartphones und Tablets in der Regel zwischen drei und vier Jahre im Einsatz, um damit dem Anspruch an einen nachhaltigen und umweltschonenden Umgang mit Ressourcen möglichst Rechnung zu tragen.
Die Vergabestelle im Kommunalreferat, Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) führt Ausschreibungen durch, die der obersten Abfallhierarchie, der Abfallvermeidung und unter anderem bei den Alttextilien einer hochwertigen stofflichen Verwertung dienen.
Mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 23.11.2005 wurde die Änderung der Abfallsatzungen beschlossen (Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 07171). Im Rahmen der Änderung der Hausmüllentsorgungssatzung wurde beschlossen, dass im Laufe der nächsten Jahre schrittweise die alten Großbehälter aus Stahl durch solche aus Kunststoff ersetzt werden. Begründet wurde diese Maßnahme einerseits durch eine preisgünstigere Beschaffung der neuen normierten Behälter. Zudem wird den Bedürfnissen des Arbeitsschutzes besser Rechnung getragen, da die Kunststoffbehälter ein deutlich geringeres Gewicht haben (ca. 67 kg pro statt 150 kg) und leichter zu handhaben sind. Die Gefahr von Verletzungen für das Abfuhrpersonal und von Beschädigungen an fremden Rechtsgütern ist wesentlich geringer als bei den alten, schweren Stahlbehältern. Außerdem handelt es sich hierbei auch um eine effektive Lärmschutzmaßnahme, da sowohl beim Bewegen als auch bei der Entleerung geringere Lärmemissionen auftreten. Neben den reinen Beschaffungskosten besteht ein wei-terer Vorteil der DIN-Behälter aus Kunststoff darin, dass bei den Mülleinsammelfahrzeugen eine in der Anschaffung und im Unterhalt preiswertere, weil weniger störanfällige und vom Gewicht leichtere DIN-Tonnenschüttung eingesetzt werden kann.
Defekte bzw. altersbedingt ausrangierte Müllbehälter werden über einen bestehenden Rahmenvertrag mit externen Firmen einer stofflichen Verwertung zugeführt.
Bei der Neubeschaffung von grauen Restmüllbehältern aus Kunststoff wurde in die derzeit laufende Ausschreibung in den Vergabeunterlagen ein Recyclatanteil von mindestens 80 Prozent aufgenommen. Bei den braunen Biomülltonnen und blauen Papiertonnen kann aufgrund der noch nicht einzuhaltenden Farbechtheit derzeit noch kein Recyclatanteil gefordert werden. Dies wird jedoch weiterhin vom AWM beobachtet.
Eine der Aufgaben des AWM gemäß dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ist die Förderung von Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Wiederverwendung. Aus diesem Grund betreibt der AWM ein eigenes Ge-
brauchtwarenkaufhaus, die Halle 2. Um den Kunden ein breites, attraktives Warenangebot bieten zu können, bietet der AWM auch sicherheits- und funktionstüchtige Elektroaltgeräte an.
Der AWM hat in durchgeführten Vergabeverfahren Kooperationspartner beauftragt, die die Sicherheits- und Funktionsprüfung von Elektroaltgeräten gemäß DIN VDE 0701 und 0702 durchführen und die darüber hinaus auch den Kriterien des Programms „Dritter Arbeitsmarkt“ entsprechen.
Bei der Ausschreibung der Verwertung von Elektroaltgeräten (Sammelgruppe 2, 4 und 5) aus den Münchner Wertstoffhöfen wird vorgegeben, dass die Elektroaltgeräte entweder für eine Wiederverwendung vorbereitet oder in Wertstoffe separiert und einer stofflichen Verwertung zugeführt werden. Außerdem wird auch hier der Auftragnehmer verpflichtet, mit Sozialbetrieben, die im Rahmen des „Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms (MBQ)“ des Referats für Arbeit und Wirtschaft anerkannt sind, zusammenzuarbeiten. Die Sozialbetriebe führen die manuelle Erstbehandlung der Elektroaltgeräte durch (Zerlegung, Sortierung und ggf. Vorbereitung zur Wiederverwendung), wodurch zum einen soziale Aspekte (Heranführung von Langzeitarbeitslosen an ein geregeltes Arbeitsleben) berücksichtigt werden und zum anderen eine höherwertige Verwertung erreicht wird.
Bei der eigenen Alttextilsammlung ist es der Landeshauptstadt München wichtig, eine qualitativ hochwertige Verwertung sicherzustellen. Dabei istdie Umsetzung der 5-stufigen Abfallhierarchie des KrWG und der EU-Richtlinie 2008/98/EG von den Vertragspartnern unbedingt zu beachten. Die Wiederverwendung (Second Hand) sollte oberste Priorität haben. Außerdem muss eine stoffliche Verwertung (Recycling) der nicht mehr tragfähigen Bekleidung auf dem jeweiligen Stand der Technik sichergestellt sein. Der Auftragnehmer soll sich für die Aufrechterhaltung der Verwertungsquote bei Alttextilien von mehr als 90 Prozent einsetzen.
Im Rahmen der Ausschreibung der Schlackeverwertung erfolgt die Bewertung der Angebote neben dem Angebotspreis auch nach ausgewählten Nachhaltigkeitskriterien. Hierbei werden Nachhaltigkeitspunkte unter anderem in Abhängigkeit von CO2-Äquivalentwerten des Transports (in Abhängigkeit von der Transportentfernung), der Art des Transports (z.B. Schiene), der Aufbereitungstiefe sowie der Teilnahme an Auditsystemen für Nachhaltigkeit (wie EFQM, EMAS, ISO 14000) vergeben.
Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) betreibt auf dem Gelände des Entsorgungsparks Freimann eine Trockenfermentationsanlage (TFA) mit anschließender Kompostierung der Gärreste. Dabei werden aus den Inhalten der Münchner Biotonne jährlich bis zu ca. 9.000 Tonnen Fertigkompost produziert. Der selbst hergestellte Fertigkompost aus der TFA wird für die Herstellung diverser Erdarten verwendet. Hauptziel ist es, den Fertigkompost als Hauptrohstoff in den Erden einzusetzen und den Bürgerinnen und Bürgern hochwertige, stark komposthaltige Blumenerden anbieten zu können. Bei der Herstellung und Vermarktung steht die Regionalität sowie der geschlossene Biokreislauf im Fokus.
Auch bei der Vergabe der Verwertung von Wertstoffen wie Altmetall, Grüngut, Altholz etc. wird die Transportentfernung im Rahmen der Wertung berücksichtigt.
Die Vergabestelle im Kreisverwaltungsreferat, Branddirektion, achtet bei der Beschaffung von Feuerlöschgeräten und Löschmitteln auf hochwertige Produkte, die eine lange Lebensdauer von ca. 20 bis 25 Jahren gewährleisten. Die Feuerlöschgeräte sind nachfüllbar und sparen Ressourcen. Haben Feuerlöscher und deren Löschmittel ihre Lebensdauer erreicht, werden diese durch geeignete Fachbetriebe umweltgerecht entsorgt. Bei den verwendeten Löschmitteln wird auf möglichst umweltschonende bzw. umweltverträgliche Mittel geachtet. Bei der Beschaffung von Feuerwehrbekleidung werden zu den grundsätzlichen Anforderungen weitere Angaben zur Nachhaltigkeit verlangt. Diese Angaben müssen durch Eigenerklärungen, Gütezeichen, Siegel oder Mitgliedschaften belegt werden.Die Fachstelle Eine Welt im Referat für Klima- und Umweltschutz war maßgeblich daran beteiligt, dass die LHM als erste Kommune einen Rahmenvertrag für fair gehandelte Sportbälle an Münchner Schulen abgeschlossen hat. Seit 2014 funktioniert die Beschaffung gut, was auf einem Fachtag für Sportbetreuerinnen und Sportbetreuer an Schulen bestätigt wurde. Andere Städte sind dem Beispiel Münchens gefolgt und verwenden mittlerweile auch fair gehandelte Bälle an Schulen und in Sportvereinen. Die Bemühungen der LHM haben zwar bisher nicht den erhofften Einfluss auf die „großen Player“ am Markt, kleinere Unternehmen bieten teilweise jedoch Fairtrade-Bälle an.
2.4 Städtisches Beschaffungssystem
Im Rahmen der stadtweiten Umsetzung des Neuen Steuerungsmodells
wurde das derzeit gültige Beschaffungssystem festgelegt. Danach ist es die wesentliche Aufgabe der Vergabestellen, die von den Dienststellen benötigten Sachgüter und Dienstleistungen unter Beachtung der Vergabebestimmungen einzukaufen.
Dem zentralen Einkauf unterliegen dabei Lieferungen und Leistungen, die gleich oder gleichartig sind, regelmäßig bei verschiedenen Bedarfsträgern wiederkehren und insgesamt finanziell von bedeutend sind. Entsprechend dem Gebot einer wirtschaftlichen Bedarfsdeckung ist ein derartiger Bedarf innerhalb der Stadtverwaltung zusammenzuführen und unter Einsatz der Nachfragemacht der Stadt zentral zu vergeben. Welche Sachgüter und Dienstleistungen dem zentralen Einkauf unterliegen und welche zentrale Vergabestelle für die Beschaffung zuständig ist, ist der Anlage 1 zum Aufgabengliederungsplan zu entnehmen.
Den Bedarfsstellen ist die Sach- und Finanzverantwortung zugewiesen. Sie entscheiden letztverantwortlich über die Notwendigkeit, Dringlichkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Bedarfs.
2.5 Fortbildung
Um die Prinzipien der Nachhaltigkeit bei der Warenbeschaffung auszuschöpfen, hat das Referat für Klima- und Umweltschutz mit der Vergabestelle 1 im Direktorium und der Fortbildungsabteilung des Personal- und Organisationsreferats eine Fortbildung für nachhaltige Beschaffung bei städtischen Bedarfsstellen initiiert. Diese wird seit März 2020 in digitaler Form angeboten. Zielgruppe der Fortbildung sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere von Bedarfsstellen aller städtischen Referate, die für die Bestellung von Verbrauchsgütern des täglichen Dienstgeschäftesverantwortlich sind. Die Bedarfsstellen haben dabei eine besondere Rolle, weil sie im Rahmen ihres Budgets über den Bedarf entscheiden und bereits bei der Formulierung von Leistungsbeschreibungen auf Nachhaltigkeit achten. Ziel der Schulung ist es, den Beschäftigten Wissen und Kompetenz zu vermitteln, um zukünftig soziale und umweltbezogene Aspekte beim städtischen Einkauf stärker berücksichtigen zu können.
2.6 Fazit und Ausblick
Die LHM nutzt als der Nachhaltigkeit verpflichtete Kommune den Spielraum, den ihr das Unions- und Bundesrecht und der Freistaat Bayern einräumen. Das Bundesrecht hat den Spielraum für länderrechtliche Regelungen beschränkt. § 128 Abs. 1 GWB schreibt zum Beispiel bundesrechtlich vor, dass die Unternehmen bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten haben. Dazu zählt insbesondere die Entrichtung von Steuern, Abgaben und Beiträgen zur Sozialversicherung und die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Regelungen. Die Unternehmen müssen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG, Bundesgesetz), einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden. Nach der Begründung zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz von 2016 geht § 128 Abs. 1 GWB über die EU-Richtlinie 2014/24 hinaus, indem er klarstellt, dass bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für das betreffende Unternehmen geltenden rechtlichen Vorschriften eingehalten werden müssen.
Die Landeshauptstadt München kann gem. § 128 Abs. 2 GWB darüber hinaus in Verbindung zum Auftragsgegenstand besondere Ausführungsbedingungen festlegen. Ausführungsbedingungen sind neben Leistungsbeschreibung, Eignungs- und Zuschlagskriterien ein weiteres wesentliches Instrument für den öffentlichen Auftraggeber, um das Vergabeverfahren nach seinem Beschaffungsbedarf zu gestalten. Mit der Vorgabe solcher Bedingungen kann der öffentliche Auftraggeber auch für den Zeitraum nach der Zuschlagserteilung auf die Art und Weise der Erbringung der Leistung unmittelbar Einfluss nehmen. Ausführungsbedingungen kommt somit eine wichtige Steuerungswirkung zu.Regelungstechnisch handelt es sich hierbei um Vertragsbedingungen, die dem Auftragnehmer zwingend zur Beachtung und Einhaltung vorgegeben werden. Anders als bei den Zuschlagskriterien findet hier keinerlei Wertung statt. Wenn ein Bewerber oder Bieter nicht willens oder in der Lage ist, im Falle der Zuschlagserteilung diese Bedingungen bei der Auftragsausführung zu beachten, liegt von Beginn an kein zuschlagsfähiges Angebot vor. Kommt ein Auftragnehmer den Ausführungsbedingungen während der Erbringung der Leistung nicht nach, liegt eine Vertragsverletzung vor, die zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Darüber hinaus bleibt es dem öffentlichen Auftraggeber unbenommen, sich die Einhaltung der Ausführungsbedingungen bei Angebotsabgabe durch eine gesonderte Erklärung seitens des Bieters oder Bewerbers zusichern zu lassen oder die Einhaltung durch Vertragsstrafen bzw. Sonderkündigungsrechte abzusichern.
Diese Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Zulässig ist die Vorgabe von Ausführungsbedingungen durch öffentliche Auftraggeber also nur, wenn diese bereits in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Vergabeunterlagen schriftlich niedergelegt sind. Nur so kann ein Interessent auf gesicherter Grundlage entscheiden, ob er im Falle des Zuschlags diese Bedingungen einhalten kann. Einer gesonderten Begründung des öffentlichen Auftraggebers für die Vorgabe von Auftragsbedingungen bedarf es nicht.
Die Ausführungsbedingungen müssen mit dem Gegenstand des Auftrags in Verbindung stehen. Es gilt der gleiche Maßstab wie bei den Zuschlagskriterien. Die Ausführungsbedingungen können sich insbesondere auf wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Aspekte beziehen; diese Aufzählung ist nicht abschließend. Damit ist es beispielsweise zulässig, den Einsatz von Auszubildenden oder Langzeitarbeitslosen bei der Ausführung des konkreten Auftrages festzuschreiben, da in diesen Fällen eine Verbindung zum Auftragsgegenstand vorliegt. Nach der Richtlinie 2014/24/EU sind auch Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz und zur verstärkten Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben denkbar. Im Rahmen der Vorgabe von sozialen Kriterien kann z.B. den Belangen von Menschen mit Behinderung besonders Rechnung getragen werden. Auch die Beachtung bestimmter sicherheitsspezifischer Aspekte wie den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen kann der öffentliche Auftraggeber im Rahmen von Ausführungsbedingungen vorgeben. Die Landeshauptstadt München kann jedoch über Ausführungsbedingungendem Unternehmen keine allgemeinen Vorgaben für dessen Unternehmenspolitik oder Betriebsorganisation machen.
In Ausübung unseres kommunalen Handlungsspielraums enthalten die „Zusätzlichen Vertragsbedingungen“ der Landeshauptstadt München als Vorgabe für die Auftragnehmer Bedingungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Entlohnung und zum Mindestlohn (siehe auch Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration -StMI- vom 6.12.2019 und 22.9.2015, Internet https://www.stmi.bayern.de/kub/kommunale_vergaben/index.php). Die „Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Zeitvertrag“ enthalten Bestimmungen zur Sicherung der Mindestlohnpflichten in der Baubranche aufgrund der geltenden allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge und des MiLoG. Der Auftragnehmer ist dadurch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus vertraglich verpflichtet, den zur Erfüllung seiner Vertragsleistungen eingesetzten eigenen Arbeitskräften tarifliche bzw. gesetzliche Mindestlöhne zu gewähren. Er haftet gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz bzw. MiLoG auf seiner Baustelle für die Zahlung des Mindestlohns durch Nachunternehmer an die eingesetzten Arbeitskräfte.
Nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB können öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn es bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Gemäß § 19 des MiLoG sollen Wettbewerber um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die eine Geldbuße von wenigstens 2.500 Euro bekommen haben, weil sie das Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nicht gezahlt haben. Öffentliche Auftraggeber fordern beim Gewerbezentralregister Auskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen an oder verlangen von den Firmen eine Erklärung. Ab einem Auftragswert von 30.000 Euro müssen die öffentlichen Auftraggeber beim Gewerbezentralregister nachfragen. Eine vergleichbare Bestimmung enthält auch das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG), mit dem beim Bundeskartellamt als Registerbehörde zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen ein Wettbewerbsregister eingerichtet wird. Ab 1.1.2023 ermöglicht das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten bei den darin bestimmten Verstößen ebenfalls einen Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Die VgV schreibt den öffentlichen Auftraggebern die Prüfung der Eignung der Bewerberoder Bieter und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 GWB vor. Die UVgO gibt vor, dass öffentliche Aufträge an fachkundige und leistungsfähige und somit geeignete Unternehmen vergeben werden, die nicht in entsprechender Anwendung dieser GWB-Bestimmungen ausgeschlossen sind. Der Stadtrat hat die Anwendung der UVgO beschlossen (Stadtratsbeschluss vom 25.7.2018 zur Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11720).
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt der hohe Stellenwert der nachhaltigen Beschaffung für die LHM. Wir haben bereits ein umfangreiches und vorbildhaftes Niveau erreicht. Dies liegt vor allem an unseren städtischen Dienstkräften, die sich auf der Nachfrageseite mit der nachhaltigen Beschaffung intensiv auseinander setzen. Sie zeigen ein starkes Engagement z.B. bei der Erkundung der Marktlage, bei den Kontakten und dem Dialog mit den Unternehmen und bei der Beratung von Kolleginnen und Kollegen. Ohne ihren Einsatz wäre die Landeshauptstadt München nicht auf dem heutigen Stand.
Es zeigt sich, dass auf der Angebotsseite von Seiten der Unternehmen Interesse an einer nachhaltigen Beschaffung besteht. Häufig ist jedoch die Führung des Nachweises insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen schwierig und zu kostspielig. Die Weiterentwicklung und Anerkennungsmöglichkeiten von Gütesiegeln dürfte daher ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der nachhaltigen Beschaffung sein.
Möglicherweise wird die am 28.7.2021 vom Stadtrat beschlossene Klimaprüfung bei Beschlussvorlagen (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03535) ein weitere Entwicklung in der nachhaltigen Beschaffung bringen.
Damit sich die Dienstkräfte der LHM noch besser über die nachhaltige Beschaffung informieren können, hat das Referat für Klima- und Umweltschutz gemeinsam mit dem Direktorium im städtischen Intranet „WiLMA“ Definitionen, Erklärungen, Stadtratsbeschlüsse, Ansprechpersonen und weiterführende Links etc. eingestellt (Seite Beschaffung&Vergabe-Nachhaltige Beschaffung).
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 Das für den 19.11.2021 geplante Hearing wird in das kommende Frühjahr verschoben.