Sonntagsöffnung Souvenirstände
Antrag Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Gabriele Neff, Richard Progl und Fritz Roth (FDP BAYERNPARTEI Stadtratsfraktion) vom 27.11.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Mit Schreiben vom 27.11.2020 haben Sie Folgendes beantragt:
„Die Landeshauptstadt München spricht sich gegenüber der bayerischen Staatsregierung für die Sonntagsöffnung der Souvenirstände aus und fordert sie auf, die Landeshauptstadt in der Anlage der LadSchlV vom 21. Mai 2003 aufzunehmen.“
Zur Begründung führen Sie unter anderem aus, dass insbesondere die Betreiber der vielen Souvenirstände in der Innenstadt im zurückliegenden Jahr auf sehr viel Touristenverkehr verzichten mussten. Ein zusätzlicher Tag pro Kalenderwoche böte den Betreibern die Möglichkeit, die Verluste aus dem Lockdown im Frühjahr zumindest abzufedern. Damit bekämen auch Mitarbeitende, bei denen die Kurzarbeit zu einer Schmälerung des Geldbeutels geführt hat, die Möglichkeit, wieder mehr Geld zu verdienen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten. Wir bitten Sie, die lange Bearbeitungszeit zu entschuldigen. Zu Ihren konkreten Antragspunkten möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Nach § 10 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über den Ladenschluss (LadSchlG) können Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen in Ausflugsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr bestimmte Waren (Badegegenstände, Devotionalien, frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch- und Milcherzeugnisse, Süßwaren, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind) abweichend von den normalen Ladenschlusszeiten an jährlich höchstens vierzig Sonn- und Feiertagen bis zur Dauer von acht Stunden verkauft werden dürfen. In Bayern wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bayerische Ladenschlussverordnung erlassen. In deren Anlage wird die Liste der Gemeinden und Gemeindeteile geführt, in denen ein Verkauf an Sonntagen erlaubt ist.
München ist in dieser Liste mit dem Olympiapark und seit 26.7.2005 auch mit dem Fußballstadion Fröttmaning berücksichtigt. Die konkreten Tage sowie die acht Stunden Verkaufszeiten wurden in der Ladenschlussverordnung der Landeshauptstadt München (§§ 2 und 3) festgelegt. DieAufnahme in die Liste ist allerdings nur möglich, wenn die einschlägigen Kriterien für die Anerkennung als Kur-, Ausflugs-, Wallfahrts- oder Erholungsort gemäß § 10 Abs. 1 und 2 Ladenschlussgesetz erfüllt werden. Voraussetzungen sind der Nachweis eines besonders starken Fremdenverkehrs mit Versorgungsbedürfnissen der Touristen nach bestimmten Waren und die Berücksichtigung lokaler Belange. Für die Beurteilung werden Übernachtungs- und Besucherzahlen herangezogen, die Zahl der durchgeführten Stadtführungen, das Vorliegen von Attraktionen sowie Angaben des örtlichen Fremdenverkehrsverbands. Zudem ist bei Aufnahme in die Anlage der Bayerischen Ladenschlussverordnung eine Beschränkung auf bestimmte Einzelhandelsbetriebe (z.B. Souvenirstände) nicht möglich. Von der Möglichkeit zur Sonntagsöffnung könnten dann alle Betriebe innerhalb des umschriebenen Gebiets profitieren, die überwiegend Artikel aus den oben genannten Warengruppen anbieten.
Über die Frage, ob die Landeshauptstadt München einen Antrag zur Aufnahme der Münchner Innenstadt in die Liste im Anhang zur Bayerischen Ladenschlussverordnung stellen soll, hat der Stadtrat in den zurückliegenden Jahren mehrfach Beschluss gefasst, zuletzt durch Beschlüsse der Vollversammlung vom 10.4.2019 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11804) sowie vom 22.7.2020 (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 00990), und dies im Ergebnis stets abgelehnt. Dem zuletzt genannten Beschluss lagen auch Überlegungen im Hinblick auf die Einschränkungen und die damit verbundenen Auswirkungen der Corona-Pandemie zugrunde.
Mit Schreiben vom 16.7.2021 haben wir in diesem Zusammenhang das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gebeten, Ihr Anliegen zu unterstützen. Unter Bezugnahme auf § 23 LadSchlG wurde uns von dort mitgeteilt, dass man dem Anliegen, nur bestimmten Einzelhandelsbetrieben (Souvenirläden) in einem definierten Gebiet die Sonntagsöffnung zu ermöglichen, auch nicht über eine Ausnahme im öffentlichen Interesse nachkommen könne. Im Wesentlichen wurden folgende Gründe angeführt:
„(...)Denn das öffentliche Interesse ist auf Fälle eines außergewöhnlichen Bedürfnisses – insbesondere eines Versorgungsbedürfnisses der Bevölkerung – beschränkt, wie beispielsweise bei Naturkatastrophen o.ä. oder bei überregionalen Großveranstaltungen mit außergewöhnlichem Besucheraufkommen. Die Anforderungen an Ausnahmen nach § 23 LadSchlG, die ,im öffentlichen Interesse dringend nötig‘ sind, sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung streng, das bloße wirtschaftliche Interesse ist hierfür leider nicht ausreichend.Das Bundesverwaltungsgericht betont in seiner Entscheidung vom 15. Mai 1974 entsprechend, dass nicht ,durch uferlose Bewilligung von Ausnahmen das Gesetz um seine Wirkung‘ gebraucht werden dürfe (Az.: I C 44.72). Das OVG Magdeburg lehnte daher selbst längere Öffnungszeiten aufgrund der in Halle stattfindenden Bundesgartenschau (Urteil v. 23. April 199 – Az.: B 1 S 43-99) oder zu Deckung des erhöhten Bedarfs in den Monaten nach dem Hochwasser 2002 (Urteil v. 16. Oktober 2002 – Az.. 1 M 470/02) ab, da die Versorgung der Bevölkerung auch während der regulären Öffnungszeiten ausreichend gewährleistet sei.
Es erscheint vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich, dass die Verwaltungsgerichte die Erholung und Existenzsicherung des innerstädtischen Souvenirhandels als ausreichend für ,im öffentlichen Interesse dringend nötige‘ Ausnahmen nach § 23 LadSchlG werten, da eine derartige Regelung im Ergebnis allein zur Beachtung der wirtschaftlichen Interessen der Kioske und Souvenirläden führte, um die es ja auch vorliegend gerade geht.(...)“
In den zurückliegenden Monaten haben Vertreter*innen von Gewerkschaften und Kirchen, aber auch die Bayerische Staatsregierung trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie stets die Bedeutung und die besondere Schutzwürdigkeit des Sonntages betont. Im Lichte der vorgenannten Ausführungen und der Tatsache, dass sich seit den zuletzt geführten Diskussionen im Stadtrat weder die Rechtslage noch der zugrundeliegende Sachverhalt geändert haben, sieht das Kreisverwaltungsreferat davon ab, den Stadtrat erneut mit der gleichen Fragestellung zu befassen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.